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BEITRÄGE ZUR ARCHÄOZOOLOGIE VII

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Nach den bisherigen Ausführungen besteht kein Zweifel daran, daß die Knochen für einen bestinmten<br />

Verwendungs zweck zugerichtet und in Geb r auch waren. Die anatomischen Voraussetzungen<br />

des KnochenS, seine recht komplikationslose Gewinnung und die reichlich zur Verfügung<br />

stehende Menge aus Schlachtabfällen haben d i e Auswahl und Funktion mitbestimmt. Am ehesten<br />

bietet sich hier wie auch bel dem berei t s vorgestel l ten Fundkomplex von Rinderphalangen<br />

aus dem mi ttelalterlichen Stadtkern von Schwerin (Le hmkuhl 1~86) die Deutung als Kegel eines<br />

Kegelspiels an. Nach Schütte (l~e2, S. 20 1) ist da s Kegelspiel seit der Antike bekannt und<br />

I~ Mittelalter verbreitet gewesen. Hinweise i~ Historischen Museum der Stadt Amsterdam belegen<br />

die allge~ein e Verbreitung des Spieles I~ 17 . Jh. in den Niederlanden . Unter den bildlichen<br />

Da rstellungen ist besonders das 8ild "KinderspieleR von Pieter Bruegel d. Ä. (ca.<br />

1525 :. 156~) hervo rzuheben , auf des bereits Leh~kuhl (1~86, S. 18 ) ausführlich 8ezug geno ..-<br />

men hat ( Abb. J ' 2).Ergänzend sei hinzugefügt, daß HIIls ( I~ S7) in ih r e r umfassenden und die<br />

einzelnen Spielszenen erläuternden Studie die Kegel als "hölzerne Kegel" ansp r icht und in<br />

der Hand der we r fenden Kinder "kleine Kugeln" sieht. Gerade I hre Arbeit wird in der literatur<br />

wiederholt zitiert. Ist man mit der Anatomie de r Rinder phalangen ve r traut, so e r kennt<br />

~an ~ühelos sowohl in den Kegeln als auch Wurfkugeln eben diese Knoche n . Der von Hills genannte<br />

Autor Strutt (IBB , S. 272) erwähnt ein Kegelspiel aus dem England des 1~. - 16. Jh.,<br />

für welches die Jungen oft Knochen anstelle von Holzkegeln verwendeten. WIeviele Kegel ursprünglich<br />

zu einem Spiel gehörten, ist nach den verschiedenen Quellen nicht festzustellen .<br />

Den mit Schnittmarken überprägten StÜCken kann Innerhalb des Spieles eine besondere Bedeutung<br />

zugekommen sein; vielleicht stellten sie auch den 8esitz eines Spielers dar. Bei den<br />

sta r~ abgenutzten, kantengerundeten Exemplaren denk t man un w ill~ürlich an die Wurfkegel.<br />

Zur Erhöhung ihrer Standfestigkeit waren sie teilweise proximal ang ebohrt und mit Metall<br />

bz w. Metallstiften gefüllt worden.<br />

Di e als einzelne Kegel von Kegel spielen gedeuteten Phalangenfunde von Schwerin (Lehmkuh l<br />

1~86) und Rostock finden Paral l elen In einigen, al s Teile von "Knöchelspielen" beschriebenen<br />

ersten Phalangen vom Rind au s mittelalterlichen Siedlungsschichten der Wiprechtsbu rg<br />

bel Groitzsch, Kr. Borna (Müller 1977, S. 166 H. ), und Berlln, Hoher Steinweg 56, Nr. 20J<br />

(MÜlle r , Gutachten vom 22. 6. 1987; Her r mann 1~87). Unter den 24 Stücken von der Wiprechtsburg,<br />

die in das IJ. Jh. datiert werden, befinden sich zwei, die man angebohrt und einen<br />

kleinen Kieselstein in die Harkhöhle getan hatte. 8el einer Pha l anx war das loch durch Bl ei<br />

wieder verschlossen worden. Der fu nd von 8erl in umfaßt 11 erste Phalangen, von denen drei<br />

Exemplare mehr oder weniger deutliche Schnittspuren auf Ih r er Dorsa l seite aufweisen. Eine<br />

Phalanx hat abgeschliffene Sei tenflächen, eine andere eine kräftige Hiebspur in ihrem Proxl<br />

malbereich, wodurch ein Teil des Knochens abget rennt wurde. Schließlich möchte die Autorln<br />

auch die bereits erwähnten S tü c ~e aus Schleswlg als Bestandteile des Kegelspiels an s e ­<br />

hen. Ulbricht (l~e4, S. 6}) hatte zu deren Nu t zung belllerkt: "Zu welchelll Zweck diese Dinge<br />

Ve rwend~ ng fanden, ist von unsere. Ma t erial her nicht zu entscheiden. Der zumeist kompakte<br />

und unbewegliche Inhalt l äßt eine Deu t ung als Rassel ausschließen. Am ehes t en dürfte der<br />

Nutzen i n der Sc hwere der kleinen Stücke zu sehen sein, 50 daß Ihre Ver wendung als Sen~blei<br />

für Angeln (Sch ram~o/Zep~in 1 ~6J, S. 76) fü r den~bar gehal t en wi r d. Andere wiederum, die<br />

leer b,ueben oder nu r kleinste M etallpar tl ~ e l enthalten (Tat. 0\7'5,6)' finden so ~eine Er­<br />

~lärung ."<br />

Oie Interpretation der Pha l angen al s Bestandteil e eines Kegelsp i els wird auch dadurch un ­<br />

terstützt, daß es sich bel allen zitierten funden um mittelalterliches Fundgut handelt, das<br />

noch andere 1111 Bereich des Splelens angesiedelte und vielfaCh au s KnOChen gefertigte Gegenstände<br />

wie Spielsteine , Würfel, Pfeifen und f l öten, Spielfiguren sowie die als sogenannte<br />

"Schnurr e r " bezeichneten, ,"ittlg du rchlochten Schweinell'letapOdia ( lehmkuhl 1992; Ulbricht<br />

1~84, s. 62) enthie l t . Tier~nochen gehör ten zu den einfachen und mi t wenig Mühe zu bea rbeitenden<br />

Materialien für die He r s tellung von Spiel gegenständen.<br />

"

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