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Besuch in Gießen Besuch in Gießen - Gießener Allgemeine

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kuLtur<br />

Monaten geschrieben, auch wenn ich viele<br />

Szenen und E<strong>in</strong>fälle schon vorher fertig<br />

hatte«, ließ sich der Autor lange vor dem<br />

26. August zitieren. Kurz nachdem ihm e<strong>in</strong><br />

bösartiger Tumor im Kopf diagnostiziert<br />

worden war, hatte er mit der Arbeit begonnen.<br />

»Ich f<strong>in</strong>g kurz nach der Hirnoperation<br />

an, da musste ich sowieso immer früh<br />

aufstehen, weil es morgens zur Bestrahlung<br />

g<strong>in</strong>g. So habe ich e<strong>in</strong>fach um sechs angefangen<br />

zu schreiben. Dann wollten die<br />

Leute vom Verlag, die das Buch gar nicht<br />

angekündigt hatten, plötzlich, dass alles ganz<br />

schnell g<strong>in</strong>g.« Se<strong>in</strong> »Tschick« wurde zu<br />

e<strong>in</strong>em Millionenseller. Mit Preisen<br />

dekoriert. In 16 Sprachen übersetzt. »Die<br />

haben vorn schon gedruckt und <strong>in</strong> der Mitte<br />

lektoriert, als ich h<strong>in</strong>ten noch geschrieben<br />

habe«, erklärte Herrndorf.<br />

Die Bühnenfassung, die gerade im TiL zu sehen<br />

ist, lädt mit der von Bernhard Niechotz<br />

entworfenen Bühne – e<strong>in</strong>er schrägen Ebene<br />

mit <strong>in</strong> Schienen e<strong>in</strong>hakbaren Stühlen – zu<br />

e<strong>in</strong>em imag<strong>in</strong>ären Tripp e<strong>in</strong>: Aus dem Nichts<br />

entstehen skurrile Orte wie e<strong>in</strong>e Müllkippe<br />

oder der Krater e<strong>in</strong>es riesigen Braunkohleabbaugebiets<br />

und skurrile Personen wie der<br />

um sich schießende Altkommunist Horst<br />

Fricke oder die mysteriöse, offenherzige<br />

Isa Schmidt.<br />

Maik und<br />

Tschick machen<br />

sich auf e<strong>in</strong>e<br />

wilde Reise<br />

durch den deutschen<br />

Osten.<br />

Es ist e<strong>in</strong>e wilde Reise durch e<strong>in</strong>e unwirt liche<br />

Welt. So, wie die Pubertät eben ist. Ohne e<strong>in</strong><br />

allzu glückliches Ende im Fall der beiden<br />

Jungs. Weder für Maik Kl<strong>in</strong>genberg noch für<br />

Andrej Tschichatschow.<br />

Und doch mit e<strong>in</strong>em recht versöhnlich stimmenden<br />

Schluss. »Die Welt ist schlecht, und<br />

der Mensch ist auch schlecht. Trau ke<strong>in</strong>em,<br />

geh nicht mit Fremden und so weiter. Das<br />

hatten mir me<strong>in</strong>e Eltern erzählt, das hatten<br />

mir me<strong>in</strong>e Lehrer erzählt, und das Fernsehen<br />

erzählte es auch. Wenn man Nachrichten<br />

kuckte: Der Mensch ist schlecht. Wenn man<br />

Spiegel TV kuckte: Der Mensch ist schlecht.<br />

Und vielleicht stimmte das ja auch, und der<br />

Mensch war zu 99 Prozent schlecht. Aber<br />

das Seltsame war, dass Tschick und ich auf<br />

unserer Reise fast ausschließlich dem e<strong>in</strong>en<br />

Prozent begegneten, das nicht schlecht war«,<br />

lässt Wolfgang Herrndorf se<strong>in</strong>en Maik sagen.<br />

Hätte also auch schlimmer kommen können.<br />

Florian Dörr<br />

Das Stadttheater zeigt »Tschick« im TiL. Für<br />

den Februar s<strong>in</strong>d sechs Term<strong>in</strong>e angesetzt.<br />

Konzipiert ist das Stück für Jugendliche und<br />

Erwachsene. Inszenierung: Abdul-M. Kunze,<br />

Bühne und Kostüme: Bernhard Niechotz,<br />

Dramaturgie: Cornelia von Schwer<strong>in</strong>, Maik:<br />

Pascal Thomas, Tschick: V<strong>in</strong>cenz Türpe.<br />

Premieren im<br />

Theater<br />

Katzenmoor<br />

Schauspiel von Mar<strong>in</strong>a Carr<br />

1. Februar, 19.30 Uhr, Großes Haus<br />

E<strong>in</strong>e w<strong>in</strong>terliche Moorlandschaft. Es ist<br />

der Tag der Hochzeit von Carthage<br />

Kilbride und se<strong>in</strong>er jungen Braut<br />

Carol<strong>in</strong>e. Die Dorfgeme<strong>in</strong>schaft trifft<br />

letzte Vorbereitungen für das Fest – nur<br />

Hester Swane, Carthages erste Liebe,<br />

steht abseits. Sie zieht böse Blicke auf<br />

sich. Man nimmt ihr übel, dass sie noch<br />

immer an Carthage hängt und Haus und<br />

Tochter für sich beansprucht. Doch alle<br />

Versuche, die Unbequeme zum Gehen<br />

zu bewegen, scheitern. Mar<strong>in</strong>a Carr<br />

verlegt den antiken Medea-Stoff <strong>in</strong> die<br />

irische Gegenwart. Auf bewegende<br />

Weise verb<strong>in</strong>den sich Mythos und Alltag,<br />

Momente des Glücks und dunkle<br />

Geheimnisse.<br />

For a look or a touch<br />

Kammeroper von Jake Heggie<br />

15. Februar, 20 Uhr, TiL<br />

Als homosexueller Jude war Gad Beck<br />

im Nationalsozialismus doppelt stigmatisiert.<br />

Anders als se<strong>in</strong>e große Liebe<br />

Manfred überlebte er. Doch er musste<br />

auch <strong>in</strong> der Nachkriegszeit um Anerkennung<br />

kämpfen. Basierend auf Becks<br />

Er<strong>in</strong>nerungen und dem Dokumentarfilm<br />

»§ 175« schuf Jake Heggie e<strong>in</strong>e Kammeroper<br />

zu e<strong>in</strong>em oft schamhaft behandelten<br />

Thema, das äußerst sensibel, doch<br />

auch romantisch und ironisch auf die<br />

Studiobühne gebracht wird.<br />

The Horta Project<br />

Tanzabend<br />

22. Februar, 19.30 Uhr, Großes Haus<br />

Der Choreograf Rui Horta prägte <strong>in</strong> den<br />

90ern den modernen Tanz <strong>in</strong> Deutschland.<br />

Die überraschenden theatralen und<br />

tänzerischen Verknüpfungen se<strong>in</strong>er<br />

Arbeiten als Leiter der SOAP Company<br />

am Frankfurter Mousonturm bescherten<br />

ihm <strong>in</strong>ternationale Erfolge. Die Kulturstiftung<br />

des Bundes zählt Hortas Werke<br />

zum Tanzerbe des Landes. Mit deren<br />

Unterstützung br<strong>in</strong>gt die Tanzcompagnie<br />

»Ord<strong>in</strong>ary Events« (1991) und »Khôra«<br />

(1996) wieder auf die Bühne – geme<strong>in</strong>sam<br />

mit Horta und e<strong>in</strong>em ehemaligen<br />

Tänzer der SOAP Company.<br />

2/2014 streifzug 41

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