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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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294 Besprechungen<br />

Basis emanzipatorischen und gesellschaftlichen Fortschritts.« (160) Die Veränderung<br />

der Kooperation im Laufe der Geschichte führt denn auch von einem phänomenistischen,<br />

egozentrischen Denken bei den Primitiven zum konkreten, soziozentrischen<br />

Denken unserer Epoche, <strong>das</strong> seinen Ausdruck findet in Klassenideologien. Das Ziel<br />

aber ist <strong>das</strong> formale, dezentrierte Denken beruhend auf der »Universalisierung der reziproken<br />

Kooperation.« (185)<br />

In einem abschließenden Kapitel versucht Harten, die genetische Epistemologie des<br />

Frühwerks von Piaget für den historischen Materialismus fruchtbar zu machen. Zu diesem<br />

Zwecke schlägt er eine <strong>Theorie</strong> der kognitiven Vergesellschaftung vor: Der Prozeß<br />

der Entwicklung der Kooperation erzeugt eine Entwicklung der Erkenntnisformen. Dabei<br />

kann man von der plausiblen Hypothese ausgehen, »daß sich der von Piaget aufgedeckte<br />

Prozeß der kognitiven Strukturierung in der Ontogenese auch in der Phylogenese<br />

wIederfinden läßt.« (236) Historischer Fortschritt des Erkennens wäre dann so zu<br />

denken, »daß die objektiven Möglichkeiten des Individuums immer über die gesellschaftlich<br />

realisierten Möglichkeiten hinausreichen, weil es von seiner biologischen<br />

Konstitution her immer schon Kompetenz, d.h. die Kritikfähigkeit mitbringt, die aber<br />

erst im Rahmen der kognitiven Vergesellschaftung angeeignet wird.« (237) Was dies<br />

noch mit historischem Materialismus zu tun hat, bleibe dahingestellt, vor allem auch,<br />

wenn man einen Klassenstandpunkt von vorne he re in als soziozentrisch und damit eingeschränkt<br />

brandmarkt (s.o.).<br />

Zwei Fragen stellen sich: ist der Fall Piagets wirklich so tief? Wenn nein, warum wird<br />

er so gezeichnet? - Man hat in der Tat bei der Lektüre des ganzen Buches Mühe, die<br />

bei den Phasen im Werk Piagets als »zwei gegensätzliche Modelle« zu sehen. Zu stark ist<br />

die Kontinuität: Aequilibration und Adaptation als fundamentale Kennzeichen allen<br />

Lebens. Bis in die Formulierungen Hartens hinein kann man dies feststellen (s. Zitate<br />

S. 130 und 160). Die Genese des Systems bleibt unbegreifbar und unbegriffen. Man<br />

spürt denn auch den Verdacht in sich aufsteigen, daß die vernichtende Kritik des späten<br />

Piaget fast so etwas wie eine vorweggenommene Verteidigung ist: Wenn man jemanden<br />

so stark als Technokraten angreift, kann man nicht selbst einer sein.<br />

Bernard Schneuwly (Genf)<br />

Krieger, Rainer: Determinanten der Wissbegier. Verlag Hans Huber,<br />

BernlStuttgart/Wien 1976 (257 S., br., 38,- DM).<br />

Zentrum dieser Arbeit ist eine Kritik der Konzeption von intrinsischer Motivation.<br />

Zentrale These ist: Es gibt keine genuin »intrinsische« oder .extrinsische« Motivation.<br />

»Intrinsisches« ist vielmehr eine Komponente in allen Motivierungsprozessen. Es ist<br />

durch die Interaktion zwischen Reizgegebenheiten und den Fähigkeiten zur Reizverarbeitung<br />

bestimmt, wird jedoch erst auf der Grundlage einer Relevanzentscheidung<br />

wirksam. Krieger wendet sich gegen <strong>das</strong> mechanische Konzept der reizinduzierten Motivation,<br />

in dem <strong>das</strong> Individuum nicht als handelndes Subjekt vorkommt, sondern als<br />

stimuliertes Objekt verstanden wird, dem dann <strong>das</strong> klassische Reiz-Reaktionsmodell<br />

adäquat ist.<br />

Oft wird die Leistungsmotivation als ein genuines Beispiel für intrinsische Motivation<br />

angeführt. Bei der Untersuchung der Auswertungsanleitung zu den Geschichten, die<br />

zu projektivem Material (Tafeln des Thematischen Apperzeptions-Tests) erzählt werden,<br />

zeigt Krieger jedoch: Keines der Kriterien für Leistungsmotivation impliziert, daß<br />

die in den Geschichten handelnden Personen sachbezogen motiviert sein müssen, d.h.<br />

die Tätigkeit um ihrer selbst willen aufnehmen oder ausüben. Dem Leistungsmotivierten<br />

geht es nicht um die Sache selbst, die sozialen Determinanten der Leistungsorientierung<br />

sind vielmehr Überlegenheit, Status, Prestige. Zwar sind die ontogenetischen<br />

Vorläufer der Leistungsmotivation, die in der frühen Kindheit auftretende Funktions-<br />

DAS ARGUME:--ir 120119RO ,

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