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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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250 Kongreßankündlgungen und -berichte<br />

Linkssozialismus und Marxismus heute<br />

2. Otto Bauer Symposium, Wien, 23.-25.11.1979<br />

Wenn die Linke isoliert ist von der Arbeiterbewegung und in sich zerstritten, steht<br />

sie in der Gefahr, die Auseinandersetzung um die Hauptfragen politischer Strategie<br />

überwiegend in der versteckten Form eines endlosen historisch-philologischen Streits<br />

um die legitime Nachlaßverwaltung ihrer großen Intellektuellen zu führen - so geschehen<br />

mit Gramsci und jetzt womöglich mit Otto Bauer. Da ist es ein Zeichen von<br />

Stärke, daß die zum 2. Otto Bauer Symposium Versammelten von Bauer weitergingen<br />

zur Suche nach Elementen einer möglichen gemeinsamen Strategie der sozialistischen<br />

Umwälzung in Westeuropa. Im Spektrum der Teilnehmer zeichnet sich in Umrissen eine<br />

sozialistische politische Formation ab, die nach Breite und Massenwirkung in der<br />

Bundesrepublik bisher undenkbar scheint; zugleich umfaßt sie sie aber in einem Halbkreis<br />

von Österreich, Italien über Frankreich bis nach Finnland - und bildet auch hier<br />

wachsende Moleküle aus. Auf Einladung der Sozialistischen Jugendinternationale (International<br />

Union of Socialist Youth, IUSY) trafen sich Sozialdemokraten (Giuseppe<br />

Tamburano vom PSI, Henri Emmanueli von der PSF), Linkssozialisten (Detlev Albers<br />

von der SPD, J osef Cap von der IUSY, Didier Motchane von der PSF / CERES und Folke<br />

Sundman von den finnischen Jungsozialisten) und der Kommunist Pietra Ingrao vom<br />

PCI. Erwin Lanc, der österreichische Innenminister , eröffnete <strong>das</strong> Symposium mit einem<br />

ausgearbeiteten Referat über Otto Bauer.<br />

Natürlich gab es Gegensätze; so z.B. wenn Tamburano meinte. Selbstverwaltung sei<br />

mit Sozialismus nicht vereinbar. weil sie den freien Austausch verlange. und ihm Motchane<br />

vom CERES heftig widersprach. Aber bei diesem ersten Treffen in dieser Zusammensetzung<br />

wurde noch nicht hart diskutiert und im einzelnen um Problemlösungen<br />

gerungen. Man teilte sich mehr die Erfahrungen und ptogrammatischen Überlegungen<br />

mit, die man für bündnis- und verallgemeinerungsfähig hielt. Daher verzichte ich auf<br />

die Darstellung einzelner Referate und Ergebnisse. Für die Linke in der Bundesrepu blik<br />

ist es wichtig zu wissen. daß sich bei den westeuropäischen Linkssozialisten und Kommunisten<br />

durch die Verschiedenheit. manchmal Gegensätzlichkeit der Programme und<br />

programmatischen Begriffe hindurch Kerne eines gemeinsamen Herangehens an die<br />

Probleme. Elemente eines neuen politischen Diskurses herausbilden. der die Einzelreden<br />

organisiert. Ich versuche sie zusammenzustellen und nehme den Vorwurf der Gewaltsamkeit<br />

bei dieser queren Lesart in Kauf. In der Realität wird sich ein Zusammenhang<br />

der verschiedenen Strategeme nicht so linear herstellen lassen wie hier auf dem<br />

Papier.<br />

Pletra lngrao schlug als Dreh- und Angelpunkt politischer Analyse und Strategiefindung<br />

in ausnahmslos allen Fragen vor: Ausgehen von den Aktionen und Erfahrungen<br />

der Massen. von den Veränderungen. die sie in den Krä/teverhäftnissen der Klassen bewirken.<br />

Viele scheinbar auseinanderliegende Probleme können so in einer zusammenhängenden<br />

politischen Analyse neu begriffen und in der Perspektive ihrer Lösung<br />

durch die Massen selbst abgebildet werden: der Keynesianismus - nicht nut kapitalistische<br />

WirtSchaftspolitik. sondern auch Zugeständnis der kapitalistischen Staaten an<br />

die Arbeiterbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg; der Zusammenbruch des Weltwährungssystems<br />

- auch eine Bresche. die die Volksrnassen in <strong>das</strong> scheinbar hermetische<br />

System des Neokolonialismus geschlagen haben: die Energiekrise - nicht nur Zerrüttung<br />

der Außenhandelsbilanzen führender kapitalistischer Staaten. sondern ein Erstarken<br />

der Länder der Dritten Welt. Wenn Didler Mo/chane <strong>das</strong> Konzept der »alltogestion«<br />

als die praktisch-politische Form vorstellte, in der die Massen ihre Zersplitterung.<br />

Unterdrückung und Entmachtung - ihre »Marginalisierung« durch die Multinationalen<br />

Konzerne überwinden können; in der sie sich die politische Kompetenz wieder an·

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