das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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192 Wemer Biermann<br />
zweiten gegenüber den Ländern der Dritten Welt rücken immer mehr in <strong>das</strong> Zentrum<br />
politischen Konfliktmanagements .<br />
Augenscheinlich ist die Sowjetunion um friedliche Koexistenz bemüht, was trotz des<br />
Wettrüstens zu ersten ökonomischen Verbindungen geführt hat und zur Anerkennung<br />
der gegenseitigen Einflußzonen in Europa, wie die KSZE-Akten verdeutlichen. Die SU<br />
und China sind auf unterschiedliche Weise von einem essential ihrer ideologischen Verpflichtung<br />
abgerückt, i.e. ihre Gesellschaften zum Ausgangspunkt für eine globale sozialistische<br />
Transformation zu machen. Die Gründe, welche zu dieser tiefgreifenden<br />
Abkehr geführt haben, bilden einen wichtigen Untersuchungsgegenstand, auf den hier<br />
nicht eingegangen werden kann.<br />
Der andere Teil der Systemgrenze, die Dritte Welt, inkorporiert ein ungebrochenes<br />
Krisenpotential: waren historisch antikoloniale Bewegungen bis zum endgültigen Zusammenbruch<br />
der Kolonialreiche prägend gewesen und unter besonderen Bedingungen<br />
noch bis heute wirksam (in den Siedlerkolonien des südlichen Afrika), so haben<br />
sich die Widersprüche zwischen den Metropolen und ihrer Peripherie zunehmend auf<br />
intrakapitalistische Auseinandersetzungen verlagert. Die angelagerten Teilindustrien in<br />
der Peripherie sind i.d.R. mit dem Weltmarkt verkoppelt (im Rahmen der internationalen<br />
Arbeitsteilung) oder übernehmen die Aufgaben einer regionalen Marktversorgung<br />
(die sogen. Subzentren), so daß eine autonome Entfaltung der Produktivkräfte<br />
nicht stattfindet, mit dem Resultat, daß lokale Eliten kompradorischen Charakter haben<br />
und als Lieutenants der metropolitanen Herren die Stabilisierung der implantier -<br />
ten Produktionsverhältnisse gegenüber den marginalisierten Massen wahrnehmen. Hier<br />
ist der Ansatzpunkt für die US-Strategie: diese Eliten werden bedingungslos unterstÜtzt,<br />
solange sie die Systemsicherungsfunktion ausüben können. Ein erster Schritt,<br />
von der Kompradorisierung wegzuleiten, besteht in der Stärkung des peripheren Staates,<br />
der jetzt die Aufgabe übernimmt, die Produktionsverhältnisse zu kontrollieren und<br />
zu lenken. Läßt man die Rhetorik beiseite, dann weist die Nationalisierung noch keineswegs<br />
in Richtung auf eine sozialistische Transformation. 8 Was sich hinter der Debatte<br />
um die neue Weltwirtschaftsordnung verbirgt, ist die Grundlagendiskussion um die<br />
Verteilung von Akkumulationsfeldern zwischen metropolitanen Boutgeoisien und ihren<br />
peripheren counterparts, seien es Kompradoren oder Staatsbürokratien. Auch hier<br />
sind gegen )osephs Vorgehensweise erhebliche Bedenken anzumelden, da er von den<br />
Beziehungen zwischen Staaten ausgeht.<br />
4. Krise und Innovationspotential des imperialistischen Systems<br />
Wenn )oseph die aktuelle Krise des imperialistischen Systems auch daran ausmacht,<br />
daß <strong>das</strong> Weltwährungssystem mit dem Dollar als Weltleitwährung zusammengebrochen<br />
ist, so verkennt er gerade hierin die Innovationsfähigkeit des Systems: die »imperialistische<br />
Rente«, die die USA erzielt haben, hat sich als dysfunktional erwiesen, um<br />
<strong>das</strong> Empire zu finanzieren, da hiervon zentral die US-Monopole profitiert haben. Der<br />
Verfall des Dollar provoziert die massive Expansion japanischer und westdeutscher Direktinvestitionen,<br />
so daß die Akkumulation des Systems ausgebaut wurde, was auch für<br />
die Energiefrage gilt. Ökonomisch bahnt sich auch im Rahmen der Diskussion um die<br />
Neue Weltwirtschaftsordnung eine globale Einkerbung an, dergestalt, daß die Peripherie<br />
auf höherer Stufenleiter in den Weltmarkt eingebunden wird. Dieser Prozeß, der<br />
von multinationalem Kapital geprägt wird, hat Umverteilungen zur Folge, denn die im