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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Kongreßankündtgungen und -berichte 253<br />

Oer-Erkenschwick leisten; die Teilnehmer waren zu erwa gleichen Teilen Wissenschaftler,<br />

Studenten und junge Berufstätige. mmt Jungsozialisten oder Mitglieder der »Falken«.<br />

Veranstalter war <strong>das</strong> »Aktuelle Forum NRW«.<br />

Eingeleitet wurde die Tagung mit einem Vortrag von Detiev Albers zur Aktualität<br />

des Austromarxismus. Albers bezog sich auf die austfomarxistische Politik in der ersten<br />

österreichischen Republik; drei Momente griff er als aktuell auf: <strong>das</strong> Linzer Programm<br />

von 1926 als Beispiel für eine Strategie des demokratischen Wegs zum demokratischen<br />

Sozialismus; die Haltung insbesondere des Parteiführers Otto Bauer zur Sowjetunion<br />

als Exempel für die Auseinandersetzung von Marxisten in der Sozialdemokratie mit anderen<br />

sozialistischen Experimenten; die Konzeption vom »integralen Sozialismus« als<br />

sozialistische Strategie gegenüber der politisch gespaltenen Arbeiterbewegung. In der<br />

Diskussion wurde versucht, die Eigenarten der austromarxistischen Überlegungen zum<br />

»revolutionären Reformismus« gegenüber heutigem Reformismus zu klären. Anhand<br />

von Bauers Stellungnahmen zur Sowjetunion \'{urde <strong>das</strong> Bild eines theoretischen und<br />

praktischen Pluralismus in der Arbeiterbewegung deutlich, der weder <strong>kritische</strong> Distanz<br />

noch prinzipielle Solidarität mit anderen sozialisrischen Strömungen aufgibt. Es wurde<br />

jedoch bemerkt, daß Bauer letztlich zu »naiv« gegenüber der sowjetischen Despotie gewesen<br />

sei. Am stärksten umstritten war Albers' These von der Aktualität des »integralen<br />

Sozialismus«. Der »integrale Sozialismus« könne in der Bundesrepublik mit ihrem<br />

Sekten-Kommunismus keine Zielvorstellung mehr sein.<br />

Otto Kai/scheuer behandelte in seinem Referat <strong>das</strong> Verhältnis von ethischem und<br />

wissenschaftlichem Sozialismus bei Max Adler. Adler sei es gelungen, innerhalb der<br />

marxistischen Tradition den Rückfall auf vorkantische Positionen zu vermeiden. Freilich<br />

erscheine bei ihm durch die Vermengung von Metatheorie und materialen Aspekten<br />

der <strong>Theorie</strong>bildung die Soziologie als bloß umgekehrte Erkenntnistheorie. Die Aktualität<br />

dieser Diskussion ergibt sich mit daraus. daß Ma.x Adler als erster Marxist die<br />

Kontroverse mit dem »Wiener Kreis« aufgenommen hat, dessen Mitglieder den heutigen<br />

>,Kritischen Rationalismus« stark beeinflußren. Kann Pnester berichtete in ihrem<br />

Beitrag zu »Pluralismus und Hegemonie« von Diskussionen unter Eurokommunisten<br />

und -sozialisten, in denen »Hegemonie« und Pluralismus« im Rahmen einer Transformationsstrategie<br />

einander nicht mehr ausschlössen - verblüffende Parallelen zu Otto<br />

Bauers Konzept einer »Hegemonie der Arbeiterklasse«. Rlchard Kende warf ihr und anderen<br />

in seinem Beitrag zum gleichen Thema eine »Stilisietung Gramscis« vor, die letztlich<br />

nur Begriffshülsen produziere. Jetzt deute sich beim AuStfomarxismus ähnliches<br />

an. Zudem werde <strong>das</strong> historische Scheitern der Austromarxisren unzureichend berücksichtigt.<br />

Unter die Hauptgründe des praktischen Versagens austromarxistischer Politik<br />

zählt er <strong>das</strong> Fehlen einer tragfähigen Vermittlung von Ökonomie und Politik, begründet<br />

in einer weitgehenden Unterschätzung des Alltagslebens. Dagegen regte sich einiger<br />

Widerspruch: Weder dürfe die umfassende Organisationspraxis der Sozialdemokratie<br />

als faktische Gegenwelt zur bürgerlichen Gesellschaft vergessen werden, noch die internationale<br />

Konstellation ausgeblendet werden, die den Rechtsputsch von 1934 begünstigt<br />

habe.<br />

Michael Krätke versuchte in seinen Bemerkungen zu politischer und sozialer Demokratie<br />

im Austromarxismus zu zeigen. wie Otto Bauer die fatale Dichotomie von hier<br />

formaler, repräsentativer und bürgerlicher, dort substantieller, direkter und proletarischer<br />

Demokratie überwunden habe. Die Debatte ging schwerpunktmäßig um die Folgen<br />

dieses nichtleninistischen Demokratieverständnisses für die Praxis, wobei Krätke als<br />

Beispiel für eine entsprechende Politik den Finanzplan von 1921 und die Finanzpolitik<br />

im »Roten Wien« heranzog. Damit sollte deutlich gemacht werden, wie sehr die austfomarxistischen<br />

Konzepte von der Erfahrung einer starken reformpolitisch erfolgreichen<br />

Arbeiterbewegung geprägt waren. Diesen Eindruck verstärkte Klau.r Novy mit seinem<br />

DAS ARGUMENT 12011980

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