das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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222 Detlev Albers<br />
\X/ort kommen. Auf der gleichen Konferenz zum 40. Todestag Otto Bauers. aus der<br />
auch mein von Bruno Frei kritisierter Beitrag hervorgegangen ist. formulierte Giacomo<br />
Marramao seine eigene Auffassung folgendermaßen: »Ich glaube. daß ich der historischen<br />
Wirklichkeit keine Gewalt antue. wenn ich behaupte. daß viele der vom AuStfomarxismus<br />
seit den Kriegs- und RevolutlOnsjahren entwickelten Auffassungen - und<br />
<strong>das</strong> gilt im besonderen für Otto Bauer. in zahlreichen Fragen sehr stark an die eigenständige<br />
theoretisch-strategische Ausrichtung des italienischen Kommunismus erinnern.<br />
oft bis zu den gleichen Formulierungen.«2 Deutlicher läßt sich die unterschiedliche.<br />
ja gegensätzliche Einschätzung des Austromarxismus zu Bruno Freis Position wohl<br />
kaum ausdrücken. Doch hüten wir uns. die Auseinandersetzung um die Bedeutung des<br />
theoretischen Werkes Otto Bauers einem Streit mit national kurios verkehrten Fronten<br />
zwischen österreichischen und italienischen Kommunisten zu überlassen. Denn zur<br />
Debatte steht immerhin die Beurteilung eines Kernstücks der hierzulande noch weithin<br />
verschütteten marxistischen Traditionen im Rahmen der österreichisch-deutschen Sozialdemokratie.<br />
Die Schärfe von Bruno Freis Angriff auf Bauers Vorstellung einer Synthese von Sozialdemokratie<br />
und Kommunismus erklärt sich - abgesehen von der Beimischung<br />
eben doch uralter Frontstellungen - offenkundig aus der Sorge. dabei könne die weltanschauliche<br />
und ideologische Identität des kommunistischen Teiles der westlichen Arbeiterbewegung<br />
verlorengehen. Was die Skepsis gegenüber einer buchstäblichen. schematischen<br />
oder gar organisatorischen Anwendung der Idee des integralen Sozialismus<br />
für die Gegenwart anbelangt. so habe ich diese selbst in meinem Beitrag auszudrücken<br />
versucht.3 Die Schwächen von Bauers Vorschlag sind in dieser Hinsicht übrigens schon<br />
von zeitgenössischen revolutionären Sozialisten wie Rodolfo Morandi festgestellt worden;<br />
insofern läuft Bruno Frei offene Türen ein. Das nimmt dem Spätwerk Otto Bauers<br />
jedoch nichts von seiner Bedeutung als ein weit über die damaligen internationalen<br />
Konstellationen hinausreichender Denkanstoß. der wie alle theoretischen Beiträge jener<br />
oder weiter zurückliegender Zeiten einer sorgfältigen. neue Fragestellungen in all ihren<br />
Dimensionen berücksichtigenden »Einarbeitung« in den gesellschaftlichen und politischen<br />
Kampf der Gegenwart benötigt.<br />
Unverständlich aber ist. daß sich Frei. det infolge seiner engherzigen Interpretation<br />
die Vereinnahmungstendenz in der Konzeption des »integralen Sozialismus« mit so<br />
scharfen Worten geißelt. gegenüber den ungleich ausgeprägteren Vereinnahmungen.<br />
wie sie in zeitgenössischen kommunistischen Vorschlägen zur politischen Vereinigung<br />
der Arbeiterbewegung enthalten sind. gänzlich blind zeigt. Oder ist ihm gar nicht aufgefallen.<br />
daß Formeln wie die »Anerkennung der Notwendigkeit des revolutionären<br />
Sturzes der Bourgeoisie und der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats in der Form<br />
von Sowjets« oder die »Anwendung des Prinzips des demokratischen Sozialismus« gemäß<br />
den Erfahrungen »der russischen bolschewistischen Partei. der Partei Lenins und<br />
Stalins« - alles Formulierungen. die Georgi Dimitroff in seinem Grundsatzreferat auf<br />
dem VII. Kongreß der Kommunistischen Internationale ausdrücklich als Bedingung für<br />
die politische Einheit der Arbeiterklasse anführte - im Ergebnis nur als eine Aufforderung<br />
zur geistigen Unterwerfung des sOZlaldemokratischen Teiles der Arbeiterbewegung<br />
verstanden werden konnten. Aus heutiger Sicht sind solche Äußerungen in zweifacher<br />
Hinsicht bemerkenswert: Sie hätten Sozialdemokraten und Sozialisten strategische<br />
Konzepte aufgenötigt. die inzwischen von den meisten kommunistischen Parteien<br />
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