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Das Argument 88 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Editorial<br />

Rolf Nemitz<br />

Die Einbeziehung von Fragender Naturwissenschaften<br />

in das Programm dieser Zeitschrift<br />

Die Frage, warum eine „Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaften"<br />

ein Heft zu Problemen der Naturwissenschaften veröffentlicht,<br />

liegt auf der Hand. Kennern marxistischer <strong>Theorie</strong> mag es<br />

wie ein Versuch erscheinen, Forderungen und Voraussagen der Klassiker<br />

in die Tat umzusetzen: „Die Naturwissenschaft wird später<br />

ebensowohl die Wissenschaft von dem Menschen wie die Wissenschaft<br />

von dem Menschen die Naturwissenschaft unter sich subsumieren: es<br />

wird eine Wissenschaft sein." 1 Dieser Integrationsprozeß scheint<br />

bereits im Gange zu sein — ohne daß hierzulande von marxistischer<br />

Seite viel dazu beigetragen worden wäre. Es sind bürgerliche<br />

Naturwissenschaftler 2 , die versuchen, sich über die klassische Spaltung<br />

von Natur- und Gesellschaftswissenschaften hinwegzusetzen.<br />

Dieses Heft reflektiert diese Situation. Drei Beiträge befassen sich<br />

mit den Veröffentlichungen führender Vertreter biologischer Spezialdisziplinen<br />

zu philosophischen und sozialwissenschaftlichen Fragen.<br />

Es ist dabei kein Zufall, daß es ausgerechnet Biologen sind, die sich<br />

zu Wort melden, ist doch die Biologie zur Zeit „Avantgarde-Wissenschaft",<br />

die physikalische und chemische Verfahren unter sich subsumiert<br />

hat und die in letzter Zeit die aufsehenerregendsten Erfolge<br />

erzielt hat. Es geht audi keinesfalls darum, daß prominente Biologen<br />

ihre politische Meinung und private Weltanschauung vermarkten. Sie<br />

erheben vielmehr den Anspruch, mit den Mitteln und Einsichten ihrer<br />

naturwissenschaftlichen Disziplinen zur Lösung philosophischer und<br />

sozialwissenschaftlicher Fragen beizutragen.<br />

<strong>Das</strong> Verbot, die Grenze zwischen Natur- und Gesellschaftswissenschaften<br />

zu überschreiten, soll verhindern, daß sich die Sozialwissenschaftler<br />

vom Anspruch auf die Erkenntnis objektiv gültiger Bewegungsgesetze<br />

infizieren lassen. Wer das Tabu bricht, sieht sich<br />

vor die Frage gestellt: Wie hältst du's mit den Entwicklungsgesetzen<br />

der Gesellschaft? Besonders drängend wird die Frage hier, wo es sich<br />

um Biologen handelt, die sich mit den Entwicklungsgesetzen des Le-<br />

1 K. Marx: ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre<br />

1844, in: K. Marx, F. Engels: Werke. Ergänzungsband, 1. Teil. Berlin/DDR<br />

1968, S. 544.<br />

2 Zur Frage bürgerlicher Wissenschaft und vor allem audi bürgerlicher<br />

Naturwissenschaftler vgl. F. Tomberg: Was heißt bürgerliche Wissenschaft?,<br />

in: <strong>Das</strong> <strong>Argument</strong> 66, „Wissenschaft als Politik (III)", 13. Jg. (1971),<br />

S. 461—477.

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