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Das Argument 88 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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1000 Besprechungen<br />

(d. h. der BdL) in Wahrheit Massen gegen die Demokratisierung des<br />

überkommenen politischen Systems" (ebd.). Für Winkler läuft die<br />

Entstehung der Verbände nicht parallel zur Herausbildung einer<br />

pluralistischen und demokratischen Gesellschaft, vielmehr „trug die<br />

Gouvernementalisierung des deutschen Verbandswesens ... dazu bei,<br />

das wenigstens latent demokratische Potential freier Vereinigungen<br />

zu schwächen" (ebd.).<br />

Im Gegensatz zu Puhle, der von dem nicht näher beschriebenen<br />

Ideal eines akzeptablen demokratischen „politischen Stils" her urteilt,<br />

bewertet Winkler die von ihm beobachteten Tendenzen unter<br />

Verwendung politökonomischer Termini, indem er unter Bezug auf<br />

Rudolf Hilferding die „staatliche Interessenregulierung im Bismarckreich"<br />

als eine „Vorform" des „Organisierten Kapitalismus" begreift.<br />

Wie Puhle sieht jedoch auch er im „korporativen Antiparlamentarismus",<br />

dem Kennzeichen einer „politischen Kultur", „in der ständische<br />

und absolutistische Strukturen die industrielle Revolution ungebrochen<br />

überdauert hatten, ... eine der wesentlichen Vorbelastungen<br />

der deutschen Demokratie überhaupt" (II, 37).<br />

Beide Arbeiten fassen den derzeitigen Stand der Verfassungs- und<br />

Verbandsgeschichte des deutschen Kaiserreichs zusammen. Sowohl<br />

die Aufnahme des Bonapartismus-Modells als auch des „Organisierten<br />

Kapitalismus" wird sich als Anregung für künftige Untersuchungen<br />

des 19. Jahrhunderts erweisen. Peter Steinbach (Marburg/L.)<br />

Grosser, Dieter: Vom monarchischen Konstitutionalismus<br />

zur parlamentarischen Demokratie. Die<br />

Verfassungspolitik der deutschen Parteien im letzten Jahrzehnt des<br />

Kaiserreiches. Studien zur Regierungslehre und internationalen<br />

Politik Bd. 1, Martinus Nijhoff Verlag, Den Haag 1970 (230 S., br.,<br />

25,— DM).<br />

Hauptintention Grossers ist die „Frage, warum in den deutschen<br />

Parteien vor 1918 die Bereitschaft zur Durchsetzung des parlamentarischen<br />

Systems und damit zum Griff nach der Macht kaum vorhanden<br />

war" (IX f.), obwohl der Einfluß des Reichstages und damit<br />

der Parteien seit 1890 in einem Maße stieg, das sogar von einer „Demokratisierung<br />

des Konstitutionalismus" (Frauendienst) zu reden<br />

nahelegte.<br />

Grosser untersucht an Hand von Nachlässen führender Parteipolitiker,<br />

den Akten der Nationalliberalen Partei, wichtiger parteipolitischer<br />

Zeitschriften, gedruckter Protokolle und umfangreicher Literatur<br />

die Haltung der deutschen Parteien zur Verfassungsreform in den<br />

Jahren 1907 bis 1914 sowie — im zweiten Teil der Arbeit — Realität<br />

und Ideologie des Verfassungswandels im Weltkriege. Einleitend entwickelt<br />

er aus einer systematischen Diskussion der kaiserzeitlichen<br />

Verfassungstheorie seine Kernthese, daß „im Kaiserreich starke parlamentarische<br />

Gruppen an der Übernahme der Regierung nicht interessiert<br />

(waren), und zwar nicht nur, weil sie die damit verbundene

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