Das Argument 88 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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1026 Besprechungen<br />
kanntmachen. Die Beiträge stammen größtenteils von Professoren<br />
der Wirtschaftswissenschaft aus der BRD und Japan. Außerdem verfaßten<br />
einen Beitrag der Geschäftsführer des Wirtschaftswissenschaftlichen<br />
<strong>Institut</strong>s der Gewerkschaften und der Geschäftsführer des<br />
Deutschen Industrieinstituts. Es geht um Wirtschaftswachstum, Einkommens-<br />
und Beschäftigungsstruktur, soziale Sicherung, „Arbeitgeber-/Arbeitnehmerbeziehungen",<br />
Unternehmensführung und Entwicklungshilfepolitik.<br />
Die Beiträge entsprechen in Terminologie, Fragestellung, Methode<br />
und Resultat der Funktion, die Wirtschaftswissenschaft im gegenwärtigen<br />
Kapitalismus hat. D. h. sie enthalten zwar allerlei informative<br />
Angaben, da diese Wissenschaft ja nicht nur ideologische Funktion<br />
hat, sondern zugleich Instrumente zur Bewältigung ökonomischer<br />
Probleme bereitstellen soll und also einen gewissen Bezug zur Realität<br />
haben muß. Nur geht es eben um die Bewältigung im Interesse des<br />
Kapitals, und entsprechend sind Fragestellung und Methode ausgerichtet.<br />
Freilich kommt auch die Komponente der Verschleierung<br />
nicht zu kurz.<br />
Als „wichtigste Voraussetzung" für hohes Wachstum gilt „das Vorhandensein<br />
von Unternehmerpersönlichkeiten", daneben ein bestimmter<br />
„Volkscharakter", der „großen Arbeitswillen" und „Nationalbewußtsein"<br />
hervorbringe (187 f.). Daß auch auf japanischer Seite hier<br />
Sachwalter der herrschenden Klasse sprechen, kommt etwa in der<br />
Klage zum Ausdruck, der „Arbeitswille der Mehrheit des Volkes"<br />
und das „Sendungsbewußtsein der führenden Schichten", auf denen<br />
das Wirtschaftswachstum der Vorkriegszeit beruht habe, drohe heute<br />
verloren zu gehen. Aus dem „Streben nach reinem Lebensgenuß" erwachse<br />
„die Gefahr, daß Arbeitswille und Arbeitsbereitschaft stark<br />
absinken" (16 f.). Vom desolaten Zustand der Schulen, Krankenhäuser<br />
und Wohnungen, von der enormen Umweltzerstörung, vom Mietwucher,<br />
vom Elend der Rentenempfänger und dergleichen profanen<br />
Dingen in Japan ist nicht die Rede. Sie stehen im scharfen Kontrast<br />
zu den imposanten Zuwachsraten und zeigen, wem diese abgepreßt<br />
wurden und wer den Nutzen davon hatte.<br />
Immerhin wird deutlich, daß die Periode des „Wirtschaftswunders",<br />
die auch in Japan — infolge ähnlicher Bedingungen wie in der<br />
BRD — die fünfziger Jahre prägte, durch ein „deutliches Absinken<br />
der Lohnquote" gekennzeichnet war, d. h. durch eine besonders hohe<br />
Ausbeutungsrate (48), daß weiter die „Nivellierungstendenzen" sich<br />
nur auf die Einkommen der Lohnabhängigen beziehen, während bei<br />
den Selbständigen eine „Zunahme der Einkommenskonzentration"<br />
stattfand (58), die durch die staatliche Finanzpolitik begünstigt wurde,<br />
und daß schließlich die hohe Ausbeutungsrate in Japan ermöglicht<br />
wird durch die stark patriarchalische, quasi-feudale Struktur der Industriebetriebe,<br />
die ein hohes Maß an persönlicher Abhängigkeit der<br />
Arbeiter bedingt.<br />
Leider entwickelt auch der Gewerkschaftsvertreter (Heinz Markmann)<br />
keine wissenschaftliche Alternative zu den übrigen Autoren.<br />
Er begreift die „parlamentarische Demokratie als die Staatsform der