Ein Jahr wie im Flug - Internet World Business
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TRENDS & STRATEGIEN<br />
12 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
23. Dezember 2013 26/13<br />
FACEBOOK COMPASSION RESEARCH DAY<br />
Facebook zeigt Mitgefühl<br />
Facebook tüftelt zusammen men mit Forschern von Elite-Universitäten<br />
am Umgang mit seinen Usern<br />
yber-Mobbing und das Abwandern<br />
Cvon Teenagern haben Facebooks<br />
Image in der jüngeren Vergangenheit zugesetzt.<br />
Im September nahm sich eine<br />
12-jährige Schülerin das Leben, nachdem<br />
Schulkolleginnen sie ein <strong>Jahr</strong> lang auf der<br />
Plattform terrorisiert hatten und zum<br />
Selbstmord aufriefen. Dies ist nur einer<br />
von mehreren Fällen virtueller Belästigung,<br />
die in den vergangenen <strong>Jahr</strong>en in<br />
den sozialen Kanälen eskalierten. Um für<br />
Frieden auf dem Social Network zu sorgen<br />
und junge User zu behalten, hat das<br />
Unternehmen Forscher der Elite-Universitäten<br />
Yale, Stanford und Berkeley<br />
engagiert. Be<strong>im</strong> Facebook Compassion<br />
Research Day präsentierten sie Anfang<br />
Dezember ihre Erkenntnisse.<br />
Umgang mit Beschwerden<br />
Peinliche Fotos und unpassende Status-<br />
Updates beschäftigen das Support-Team<br />
von Facebook am häufigsten. Pro Woche<br />
kommen rund 3,9 Millionen Anfragen<br />
über die „Melden“-Funktion an. Damit<br />
können Nutzer Inhalte, die sie als bedenklich<br />
einstufen, direkt an Facebook weiterleiten.<br />
Innerhalb von zwei Werktagen<br />
behandelt der Support die eingegangenen<br />
Beschwerden. Die meisten davon sind Anfragen<br />
von Nutzern, Bilder zu entfernen.<br />
Arturo Bejar, Entwicklungschef von Facebook,<br />
berichtet am Facebook Compassion<br />
Day aus der Praxis: „Für uns ist es oft<br />
schwer nachzuvollziehen, was tatsächlich<br />
mit einem Bild oder Kommentar auf der<br />
Pinnwand nicht st<strong>im</strong>mt. Mit einem standardisierten<br />
Fragebogen versuchen wir<br />
dem nachzugehen.“<br />
Nur ein Bruchteil derjenigen, die den<br />
„Melden“-Knopf klicken, schließt laut<br />
Bejar die Anfrage ab. Offene Textfelder<br />
zur Erklärung bleiben oft ungenutzt. Für<br />
ihn ein Zeichen, ständig weiterzuopt<strong>im</strong>ieren:<br />
„Wir analysieren die Daten. Wann hat<br />
jemand eine Beschwerde abgebrochen,<br />
wann wird sie erfolgreich abgearbeitet<br />
und was passiert damit?“ <strong>Ein</strong>e Menge<br />
Energie fließe in die Verbesserung<br />
der Beschwerde-Prozesse.<br />
Keine Tabus bei Teenagern<br />
Wie Jugendliche mit Facebook<br />
umgehen, erforschte Marc Brackett<br />
vom Center of Emotional<br />
Intelligence der Universität<br />
Foto: Fotolia / Artisan<br />
Beschwerden, Cyber-<br />
Mobbing und Schwund<br />
jugendlicher Mitglieder –<br />
Facebook sucht nach<br />
Lösungen<br />
Yale. „Sie haben es nicht einfach, ihre<br />
Gefühle zu artikulieren, aber wollen auch<br />
darin bestärkt werden, sich zu äußern.“<br />
Statt „Melde“-Buttons solle es „Lösungswerkzeuge“<br />
geben, empfiehlt er – etwa die<br />
Möglichkeit, gewisse Inhalte auszublenden<br />
oder in den Dialog mit betroffenen Usern<br />
zu treten. In der Praxis aber greifen die jungen<br />
Nutzer nur selten auf Funktionen <strong>wie</strong><br />
„Melden“ oder aber den seitens Facebook<br />
angebotenen Support zum Thema Mobbing<br />
zurück. Auf einem Panel während der<br />
Veranstaltung ließ Facebook fünf Jugendliche<br />
über ihren Umgang mit Social Media<br />
sprechen: Rufschädigung durch Fake-Profile<br />
oder Schluss machen per Facebook<br />
Update – die Schüler aus East Palo Alto<br />
haben das alles schon erlebt. <strong>Ein</strong>ige Mädchen<br />
zeigen sogar Schnitte auf ihrem Unterarm.<br />
„Ich hole mir Rat bei Kollegen oder<br />
Eltern“, sagt die 18-jährige Jennifer. An Facebook<br />
habe sie sich noch nie gewendet.<br />
Entgegen allen Unkenrufen,<br />
auf Facebook finde ein Rückzug<br />
der Jugendlichen statt, die Jugendlichen<br />
aus Palo Alto bleiben: „Ich bin<br />
eigentlich dauernd online, um mit meinen<br />
Freunden auf Facebook zu chatten“, so die<br />
13-jährige Angela. Hoch <strong>im</strong> Kurs bei den<br />
Jugendlichen steht zudem Instagram.<br />
Messaging-Apps <strong>wie</strong> Snapchat oder<br />
Whatsapp erwähnen die Diskutanten hingegen<br />
nicht.<br />
Smileys: Darwin lässt grüßen<br />
Den Managern von Facebook ist durchaus<br />
klar, <strong>wie</strong> relevant die zwischenmenschliche<br />
Kommunikation auf dem Portal ist.<br />
Für das Neudesign der Emoticons hat sich<br />
der Tech-Riese deshalb an die Universität<br />
Berkeley gewandt. Psychologie-Professor<br />
Dacher Keltner holt sich Inspiration bei<br />
Darwin: „Sein Werk ‚Der Ausdruck der<br />
Gemütsbewegungen bei dem Menschen<br />
und den Tieren‘ war die Grundlage für die<br />
neuen Sticker.“ Was die Smileys ausdrücken<br />
sollen, werde weltweit verstanden.<br />
Die Figuren für den Facebook-<br />
Chat sind jedoch noch ausbaufähig:<br />
„Um Emotionen authentisch<br />
zu transportieren, brauchen wir auch Ton.<br />
Daran arbeiten wir jetzt.“<br />
Auch der Like-Button könnte eine Ergänzung<br />
bekommen. Bei einem der unternehmensinternen<br />
„Hackathons“ (Events, bei<br />
denen Teams an neuen Funktionen arbeiten),<br />
kam Entwickler Dan Muriello die Idee<br />
für den „Sympathize“-Button. Dieser soll<br />
dann angezeigt werden, wenn auf Status-<br />
Updates negative Gefühle ausgedrückt<br />
oder Bad News mitgeteilt werden. Freunde<br />
sollen so ihr Mitgefühl kommunizieren<br />
können. Intern habe der Vorschlag großen<br />
Anklang gefunden. Ob der Sympathize-<br />
Button umgesetzt wird, sei noch nicht klar.<br />
Den von Usern geforderten „Dislike“-Button<br />
werde es aber nicht geben.<br />
Künstliche Intelligenz<br />
<strong>Ein</strong> wichtiges Thema ist für die Website der<br />
News Feed. CEO Mark Zuckerberg wollte<br />
den Feed zur „Zeitung“ der Nutzer machen,<br />
die morgens aufgeschlagen wird, um Nachrichten<br />
zu lesen. <strong>Ein</strong>e Design-Änderung<br />
habe <strong>im</strong> Beta-Test jedoch nicht die gewünschten<br />
Ergebnisse gebracht. Jetzt rudert<br />
Facebook zurück und tüftelt weiter an der<br />
Opt<strong>im</strong>ierung der News. Erste Maßnahme:<br />
Videos sollen <strong>im</strong> Feed künftig automatisch<br />
starten. Damit wollen Zuckerbergs Entwickler<br />
mehr Bewegung in die Startseite des<br />
Networks bringen. Zudem werde der News<br />
Feed dadurch attraktiver für Werbekunden.<br />
Der Gründer des größten Social Networks<br />
fokussiert nicht nur auf emotionale,<br />
sondern auch auf Künstliche Intelligenz.<br />
Für ein neues „Artificial Intelligence Lab“<br />
hat Facebook einen renommierten Experten,<br />
Yann LeCun vom Center of Data<br />
Science der New York University, engagiert.<br />
Er wird die Labore in Menlo Park,<br />
New York und London leiten. Von dem,<br />
was konkret dort passiert, verrät das Unternehmen<br />
nur so viel: „Mit neuen Ansätzen<br />
der Künstlichen Intelligenz wollen wir den<br />
Kontext der Inhalte, den User auf unserer<br />
Plattform teilen, erforschen.“<br />
■<br />
ELISABETH OBERNDORFER<br />
Professor Dacher Keltner erklärt die neuen Emoticons<br />
Wie gehen Jugendliche mit Mobbing auf Facebook um? Vier Teenager<br />
aus East Palo Alto sprachen in einem Panel über ihre Erfahrungen<br />
Arturo Bejar lud zum „Compassion Research Day“