Ein Jahr wie im Flug - Internet World Business
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E-COMMERCE<br />
26 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
23. Dezember 2013 26/13<br />
LOGISTIKTRENDS<br />
Die letzte Meile<br />
Wir kaufen online, um Ware zu bekommen, und nicht des <strong>Ein</strong>kaufserlebnisses wegen. Diese vermeintlich s<strong>im</strong>ple Tatsache<br />
wurde bislang vernachlässigt und ist die nächste große Stellschraube, an der Händler und Logistiker drehen müssen<br />
as Gelächter über Amazons<br />
DPR-Gag, künftig Waren per<br />
Drohne versenden zu wollen, war<br />
noch nicht verstummt, da schickte<br />
DHL seinen Paketkopter zu einem<br />
ersten Testflug über den Rhein. Ob<br />
solche Szenarien dereinst praktikabel<br />
und massenmarkttauglich sein<br />
werden, sei dahingestellt, eines zeigen<br />
sie aber: Es ist viel Bewegung<br />
<strong>im</strong> Logistikmarkt. Endlich.<br />
Bislang war Logistik nicht gerade<br />
das Thema, das den E-Commerce<br />
zum Fliegen bringt. Die Max<strong>im</strong>e,<br />
vor allem in Deutschland, hieß: billig,<br />
billig, billig. Versand – ein notwendiges<br />
Übel – soll nichts kosten.<br />
Der enorme Kostendruck in der<br />
Branche zeigt sich durch abgehetzte<br />
Paketboten und verbeulte Lieferwagen,<br />
lieblos irgendwo hingeworfene<br />
Pakete und Karten <strong>im</strong> Briefkasten<br />
mit dem Aufdruck „Wir haben Sie<br />
leider nicht erreicht“. Mit der vielbeschworenen<br />
Convenience <strong>im</strong> Online Shopping<br />
hat das nichts zu tun. Noch dazu will der<br />
Kunde für die Zustellung nichts bezahlen –<br />
ein klassisches Henne-Ei-Problem: Knapp<br />
zwei Drittel der Kunden erwarten laut<br />
einer Studie des IFH für ihre Online-<strong>Ein</strong>käufe<br />
in den kommenden ein bis drei<br />
<strong>Jahr</strong>en grundsätzlich versandkostenfreie<br />
Lieferung für Standardbestellungen.<br />
Vielleicht stellt man hierzulande aber<br />
auch einfach nicht die richtigen Fragen,<br />
relativiert Andreas du Plessis, Geschäftsführer<br />
der Logistikplattform<br />
Nicht nur schneller, vor allem flexibler muss die Zustelllogistik <strong>im</strong> Versandhandel in Zukunft werden<br />
„Wenn ich gerade so<strong>wie</strong>so<br />
bei Edeka bin, will ich mein<br />
Paket dort abholen“<br />
MICHAEL KLIGER<br />
Europa-Geschäftsführer GSI Commerce<br />
Metapack, die Studienergebnisse: „In UK<br />
fragt man: Ist die Lieferqualität entscheidend?<br />
Haben Sie schon einmal aufgrund<br />
einer schlechten Liefererfahrung nicht<br />
mehr bei einem Online-Händler eingekauft?<br />
Würden Sie nach einer schlechten<br />
Liefererfahrung noch einmal bei dem Online-Händler<br />
einkaufen?<br />
Vermissen Sie bei einem<br />
Händler Lieferoptionen,<br />
etwa Abholstationen?“<br />
Denn klappt die Zustellung<br />
nicht <strong>wie</strong> versprochen,<br />
fällt das negativ auf<br />
den Händler zurück, argumentiert<br />
Franz-Joseph<br />
Miller, Geschäftsführer<br />
des Same-Day-Delivery<br />
(SDL)-Dienstleisters T<strong>im</strong>e Matters. „Es<br />
geht nicht nur um Geschwindigkeit,<br />
sondern um Convenience, wobei dem<br />
Kunden vor allem wichtig ist, Zeitfenster<br />
für eine Lieferung definieren zu können.“<br />
Zustellungen sollen nicht nur schneller,<br />
sondern vor allem präziser werden.<br />
T<strong>im</strong>e-Slot-Services bieten inzwischen alle<br />
großen Logistiker an. Den „Empfänger<br />
zum Regisseur machen“, nennt es DPD.<br />
Dabei kann der Kunde ein gewünschtes<br />
Zustellzeitfenster von ein bis drei Stunden<br />
benennen. Die Umleitung des Pakets an<br />
eine andere Adresse ist ebenso möglich<br />
<strong>wie</strong> die Verschiebung der Zustellung um<br />
bis zu drei Werktage. Bei DHL bekommt<br />
der Kunde per E-Mail oder SMS den Liefertermin<br />
in einem Zeitfenster von vier<br />
Stunden angegeben. Ist er bei Paket.de<br />
angemeldet, kann er zudem den Zustelltag<br />
um bis zu vier Tage verschieben oder einen<br />
Wunschnachbarn nennen, der das Paket<br />
ann<strong>im</strong>mt. Hermes bietet neben einer Angabe<br />
zum Zeitfenster die Option, dass der<br />
Kunde seine Lieferung an eine andere<br />
Adresse umleiten kann oder gegen Aufpreis<br />
per „Feierabendservice“ seine Lieferung<br />
beispielsweise zwischen 17 und 21<br />
Uhr erhält – vorausgesetzt, der Händler<br />
bietet diese Option an. In Großbritannien<br />
ist Asos schon weiter: Der Online-Modehändler,<br />
der in den kommenden zwei <strong>Jahr</strong>en<br />
pro <strong>Jahr</strong> 55 Millionen Pfund in<br />
Logistik und IT investieren will,<br />
bietet mit „Follow my parcel“ Echtzeit-Tracking,<br />
bei dem der Kunde<br />
noch Minuten vor der Zustellung<br />
die Lieferung umlenken kann.<br />
Flexibilität entscheidet<br />
Andere Lieferoptionen fristen dagegen<br />
noch ein Nischendasein. Same<br />
Day Delivery wird, entgegen dem<br />
aktuellen Hype um das Thema,<br />
wohl auch in Zukunft nur einen<br />
marginalen Anteil am Gesamtliefervolumen<br />
ausmachen, sind sich<br />
Experten einig (siehe Seite 3). Dennoch<br />
scheinen die großen Logistiker<br />
der Meinung zu sein, dass man<br />
um das Thema nicht herumkommt.<br />
DPD hat sich deshalb an Tiramizoo<br />
beteiligt, um mithilfe des Stadtkurierportals<br />
2014 die SDL-Nische<br />
mit dem eigenen Produkt DPD<br />
Now zu besetzen und sich so von den anderen<br />
beiden großen B2C-Logistikdienstleistern<br />
DHL und Hermes abzugrenzen.<br />
Boris Winkelmann, COO von DPD Germany,<br />
erklärt: „Wir wollen in unserer<br />
Bandbreite an Logistiklösungen auch SDL<br />
anbieten. Und selbst wenn das nur einen<br />
geringen Prozentsatz der Kunden und Sendungen<br />
betrifft, ist es trotzdem das Sahnehäubchen<br />
auf unserem Portfolio, um die<br />
volle Flexibilität anbieten zu können.“<br />
Diese Flexibilität gewähren vor allem<br />
Abholstationen. Das Prinzip ist nicht neu,<br />
wird aber <strong>im</strong>mer wichtiger. „Alle suchen<br />
nach Wegen, alternative Zustellpunkte zu<br />
eröffnen“, erklärt Winkelmann. DPD verdoppelt<br />
gerade seine Abholstationen,<br />
DHL möchte zusätzlich 20.000 Paket-<br />
Shops eröffnen und auch UPS baut aus,<br />
unter anderem mithilfe des Paket-Shops<br />
Kiala, den UPS übernommen hat. Hermes<br />
will künftig noch mehr Paket-Shops anbieten,<br />
„die mit besonders langen Öffnungszeiten<br />
punkten und auch am Wochenende<br />
Pakete entgegennehmen oder herausge-<br />
Foto: Fotolia / Vladstar<br />
■ Tiramizoo: Stadtkurierportal, bietet in 18 deutschen<br />
Städten eine Lieferung innerhalb von 90<br />
Minuten oder in einem definierten Zeitfenster<br />
an. Hat der Kunde <strong>im</strong> Check-out Tiramizoo als<br />
Lieferoption so<strong>wie</strong> eine Wunschlieferzeit ausgewählt,<br />
holt einer der 1.200 Kuriere die Ware <strong>im</strong><br />
stationären Geschäft ab und bringt sie zum<br />
Kunden. Die Preise orientieren sich an denen<br />
der örtlichen Kurierpartner. Tiramizoo berechnet<br />
jede Lieferung individuell.<br />
■ Shutl: Britischer SDL-Dienstleister, wurde<br />
jüngst vollständig von eBay übernommen. Zu<br />
den vorherigen Anteilseignern zählten die<br />
Otto Group und der US-Paketdienst UPS. Shutl<br />
soll „eBay Now“ auf den Weg bringen, um<br />
online gekaufte Waren innerhalb eines Tages<br />
von stationären Händlern zu den Kunden zu<br />
bringen. 2014 will eBay den hauseigenen<br />
Same-Day-Delivery-Service starten. Lieferungen<br />
per Shutl können mit der Smartphone-<br />
App live verfolgt werden; die Gebühr beträgt<br />
pro Lieferung 5 Euro.<br />
■ My Taxi: Taxi-Kurierservice, Anteilseigner ist<br />
<strong>wie</strong> bei Tiramizoo Da<strong>im</strong>ler so<strong>wie</strong> die Beteiligungsgesellschaft<br />
der Telekom. My Taxi bietet<br />
über 35.000 angeschlossenen Lieferanten Lieferung<br />
innerhalb einer Stunde („Instant Delivery“)<br />
und testet dieses Angebot in Kooperation mit<br />
dem Media Markt in Hamburg, wo der Kunde<br />
den Dienst vor Ort beauftragen kann, um sich<br />
schwere oder sperrige Ware nach Hause liefern<br />
zu lassen; der Roll-out für internationale Händler<br />
ist geplant. Kunden können ihre Lieferung<br />
per App live verfolgen.<br />
■ Cardrops: Belgischer 24/7-Autolieferservice.<br />
Die bestellte Lieferung wird dorthin geliefert,<br />
wo der eigene Wagen parkt. Im Fahrzeug muss<br />
dazu ein GPS-Gerät installiert sein, über das der<br />
Zustellservice dessen Standort findet. Der Bote<br />
öffnet das Auto per Code und lädt das Päckchen<br />
ab. Der Empfänger bekommt per SMS<br />
mitgeteilt, wenn das Paket abgeliefert wurde.<br />
Kosten für die Hardware: Starter-Kit 99 Euro,<br />
pro Lieferung 4,95 Euro. Bucht man die monatliche<br />
Flatrate für 24,95 Euro, entfallen die Kosten<br />
für das Starter-Kit.