Ein Jahr wie im Flug - Internet World Business
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MARKETING & WERBUNG<br />
16 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS<br />
23. Dezember 2013 26/13<br />
ADBLOCKER<br />
Das Spiel der Werbeblocker<br />
Sie stehen vermeintlich für Nutzerservice und kosten die Online-Vermarkter richtig viel Geld. Adblocker gewinnen<br />
zunehmend an Verbreitung – und jede Gegenmaßnahme führt unweigerlich zu einer Gegenstrategie der Anbieter<br />
nde Oktober 2013 schien die Rettung<br />
Eder Werbe- und Verlagsbranche zum<br />
Greifen nah. Auf Pcgames.de und anderen<br />
Seiten des Verlags Computec wurde einen<br />
Tag lang Werbung auch bei Adblock-Nutzern<br />
angezeigt. War nun endlich die Killertechnologie<br />
gegen Werbeblocker gefunden?<br />
Wohl nicht. Der Test endete nach wenigen<br />
Stunden, und seitdem hat man nichts<br />
mehr davon gehört. Alles scheint be<strong>im</strong><br />
Alten. Für Firmen, die von Online-Werbung<br />
leben, ist dieser Status quo unbefriedigend.<br />
Adblocker führen zu substanziellen<br />
Umsatzeinbußen. Trotzdem redet man<br />
in der Branche ungern über das Thema.<br />
Fakten und Vermutungen<br />
Wer sich mit dem Thema Adblocker<br />
beschäftigen will, merkt als Erstes, dass es<br />
kaum solide Zahlen gibt. In der Branche<br />
kursieren nur grobe Richtwerte. <strong>Ein</strong>ige<br />
gehen davon aus, dass 20 bis 25 Prozent<br />
aller Ad Impressions unterdrückt werden.<br />
Be<strong>im</strong> Online-Vermarkterkreis (OVK)<br />
kommt man zu etwas niedrigeren Ergebnissen:<br />
„Im Schnitt werden zehn bis 20<br />
Prozent des Werbeinventars durch Adblocker<br />
unterdrückt“, sagt Paul Mudter, OVK-<br />
Vorsitzender und Geschäftsleitung Interactive<br />
bei IP Deutschland. Die Zahlen<br />
unterscheiden sich laut Mudter jedoch<br />
„Auf technisch orientierten<br />
Websites werden bis zu 60<br />
Prozent der Anzeigen blockiert“<br />
PAUL MUDTER<br />
Vorsitzender Online-Vermarkterkreis (OVK)<br />
deutlich bei den verschiedenen Zielgruppen<br />
und Themen: „Auf technisch-orientierten<br />
Webseiten beispielsweise werden<br />
bis zu 60 Prozent der Anzeigen blockiert.<br />
Abwehrhaltung ist groß: Hierzulande wird Werbung sehr häufig geblockt<br />
Bei General-Interest-Angeboten sind die<br />
Raten eher niedrig.“<br />
Dass die Adblock-Nutzung in den letzten<br />
<strong>Jahr</strong>en zugenommen hat, ist unbestritten,<br />
vor allem hierzulande. Deutschland<br />
ist Adblocker-Land. Das lässt sich besonders<br />
an Nutzungszahlen<br />
Infobox Technologien gegen Adblocker<br />
des populären Firefox-<br />
Plug-ins Adblock Plus<br />
ablesen: <strong>Ein</strong> Fünftel der<br />
weltweiten Nutzer sind<br />
deutschsprachig. Besagter<br />
Adblock Plus ist<br />
gleichfalls Made in Germany,<br />
er wird von der<br />
Kölner Eyeo GmbH<br />
betrieben. Die kostenlose, aber kommerzielle<br />
Browser-Erweiterung ist das am<br />
häufigsten genutzte Firefox-Plug-in überhaupt,<br />
es existiert auch für Chrome, <strong>Internet</strong><br />
Explorer und Opera. Laut Till Faida,<br />
Geschäftsführer von Adblock Plus, wurde<br />
das Plug-in mehr als 250 Millionen Mal<br />
heruntergeladen; es gibt mehr als 60 Millionen<br />
monatlich aktive Nutzer. Das nicht<br />
kommerzielle Adblock ist eine Abspaltung<br />
von Adblock Plus und der populärste Werbeblocker<br />
be<strong>im</strong> Browser Chrome. Daneben<br />
gibt es noch eine Reihe anderer, kleinerer<br />
Blocker (siehe Tabelle).<br />
<strong>Ein</strong>e Black- und eine Whitelist<br />
Die bescheidene Vielfalt an Werbeblockern<br />
schrumpft noch einmal zusammen,<br />
wenn man sich anschaut, <strong>wie</strong> sie arbeiten.<br />
Arbeitsgrundlage des Marktführers Adblock<br />
Plus ist eine lange Liste mit verschiedenen<br />
Schlüsselwörtern, URLs und anderen<br />
Spezifikationen, die definieren, <strong>wie</strong><br />
sich Werbung erkennen lässt. An dieser<br />
Foto: Fotolia<br />
öffentlich zugänglichen „Easylist“ arbeiten<br />
nach Angaben von Ben Williams etwa<br />
hundert Freiwillige. Die Liste wird auch<br />
von Wettbewerbern <strong>wie</strong> Adblock Edge<br />
verwendet. Adblock Plus führt noch eine<br />
weitere Liste, eine Whitelist mit Webseiten,<br />
deren Werbung nicht blockiert wird,<br />
da sich dort „Acceptable Ads“ befinden,<br />
die Nutzer nicht übermäßig stören. Adblock-Plus-Nutzer<br />
können dieses Durchwinken<br />
von Werbung zwar deaktivieren,<br />
nach Aussage von Williams macht aber<br />
nur ein Prozent davon Gebrauch.<br />
Adblock Plus ist es also gelungen, Nutzer<br />
eines Adblock dazu zu bringen, Werbung<br />
teilweise doch zu akzeptieren. Was in<br />
der Theorie so gut klingt, wirft in der Praxis<br />
Fragen auf. Im Juni 2013 hatte der<br />
Blogger Sascha Pallenberg eine öffentliche<br />
Diskussion über das Geschäftsmodell von<br />
Adblock Plus losgetreten und über ein<br />
„mafiöses Werbenetzwerk“ gesprochen.<br />
Er vermutete, dass es bei der Erstellung der<br />
Whitelist nicht <strong>im</strong>mer mit rechten Dingen<br />
zugehe, was Adblock Plus in einer offiziellen<br />
Stellungnahme erwartungsgemäß zurück<strong>wie</strong>s:<br />
„Der Vorwurf, dass sich Firmen<br />
in die Whitelist einkaufen können oder<br />
dass Firmen von Gesellschaftern der Eyeo<br />
GmbH bevorzugt werden, ist absurd.“<br />
Offiziell ist, dass größere Seiten zahlen<br />
müssen, wenn sie auf der Whitelist landen<br />
wollen, die ebenfalls öffentlich zugänglich<br />
„Der Vorwurf, dass sich Firmen<br />
in die Whitelist einkaufen<br />
können, ist absurd“<br />
Name Was machen Sie? Unternehmen Geschäftsmodell<br />
Faibl, Faibl.org<br />
Messung der Adblock-Rate, Nutzeransprache mit einem Banner,<br />
Adblock-Nutzer können sich bei Faibl anmelden und einen frei<br />
gewählten Betrag einzahlen, der am Ende auf besuchte Seiten ausgeschüttet<br />
wird<br />
Faibl UG, Hamburg Kostenlos, provisionbasiert: 10 Prozent<br />
der eingezahlten Nutzerbeträge werden<br />
einbehalten<br />
Page Fair, Pagefair.com<br />
Clarity Ray, Clarityray.com<br />
Antiblock, Antiblock.org<br />
Blockalyzer, Webgilde.com<br />
/de/blockalyzer<br />
Dsero Anti-Adblock,<br />
Dsero.com<br />
Messung der Adblock-Rate, Nutzeransprache mit einem Banner,<br />
dabei u. a. Bitte um eine Spende an die Webseite möglich. In Kooperation<br />
mit der Eyeo Gmbh (Adblock Plus) wird an einer Lösung gearbeitet,<br />
um Adblock-Nutzern „akzeptable Werbung“ einzublenden<br />
Messung der Adblock-Rate, bei Adblock-Nutzern wird „alternative“<br />
Werbung eingeblendet, die laut Eigenangaben vor Adblocking-<br />
Technologie geschützt ist<br />
Anti-Adblock-Skript zum <strong>Ein</strong>bauen in Webseiten, blendet Adblock-<br />
Nutzern eine schlichte Textaufforderung ein, den Adblocker zu<br />
deaktivieren<br />
Wordpress-Plug-in, Messung der Adblock-Rate<br />
Plug-in für Wordpress und Drupal, ersetzt geblockte Werbung beispielsweise<br />
durch Amazon-Banner, es gibt ein spezialisiertes Plug-in<br />
für Adsense-Werbung: Dsero Anti Adblock for Google Adsense<br />
Page Fair Ltd., Dublin,<br />
Irland<br />
Clarity Ray Ltd.,<br />
Tel Aviv, Israel<br />
<strong>Ein</strong>zelperson: Marc<br />
Gutt, Hennef (NRW)<br />
Webgilde GmbH,<br />
Züssow (Mecklenburg-<br />
Vorpommern)<br />
Dsero Ltd., Tel Aviv,<br />
Israel<br />
Kostenlos, provisionsbasiert: wird nicht<br />
geblockte Werbung eingeblendet, wird<br />
ein kleiner, nicht bezifferter Teil der<br />
Werbeeinnahmen einbehalten<br />
Provisionsbasiert, wird nicht geblockte<br />
Werbung eingeblendet, wird ein kleiner,<br />
nicht bezifferter Teil einbehalten<br />
Kostenlos, spendenbasiert<br />
Kostenlos<br />
Provisionsbasiert, 30 Prozent der Werbeeinnahmen<br />
werden einbehalten, individuelle<br />
Unternehmenslösungen<br />
TILL FAIDA<br />
Geschäftsführer Adblock Plus<br />
ist. Wie genau die Bezahlpflicht definiert<br />
wird, will Till Faida nicht sagen. Das richte<br />
sich nach Kriterien <strong>wie</strong> Größe und dem<br />
vermuteten Werbeumsatz, auch zum<br />
Abrechnungsmodus sagt er nichts. Die<br />
Whitelist ist eine riesige Textdatei, die<br />
ausgedruckt etwa 50 Seiten lang wäre.<br />
Google mit allen erdenklichen Top-Level-<br />
Domains ist dabei, ebenso große deutsche<br />
Online-Portale aus den Top 10 des Agof-<br />
Angebots-Rankings stehen auf der Liste,<br />
etwa das Tech-Medium Chip.de oder<br />
Gutefrage.net.<br />
Welche Portale für das Whitelisting<br />
bezahlen, dazu schweigt Faida gleichfalls,<br />
mehr als 90 Prozent stehen aber kostenlos<br />
dort. United <strong>Internet</strong> gibt als einziges<br />
deutsches Unternehmen öffentlich zu, für