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15/13<br />

22. Juli 2013<br />

MARKETING & WERBUNG <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS 15<br />

tig angelegt sein“, sagt Grapevine-Geschäftsführer<br />

Oliver Burauen. „Da ist der<br />

direkte Kontakt zur Marke extrem wichtig.“<br />

„Die Face-to-Face-Empfehlung wirkt<br />

am besten“, bestätigt David Eicher, Chef<br />

der Agentur Webguerillas. „Doch soziale<br />

Netzwerke können Word of Mouth stimulieren.<br />

Zudem haben sie dazu beigetragen,<br />

das Empfehlungsmarketing salonfähig zu<br />

machen.“ Zalando, Amazon, eBay – und<br />

vor allem Facebook: Bei jeder Gelegenheit<br />

wird geshared und geliked. Ob Autokauf<br />

oder Handytarif, kaum eine Branche verzichtet<br />

auf die gängigen Online Tools des<br />

Empfehlungsmarketings. Viele Unternehmen<br />

haben allerdings erkannt, dass das<br />

Einsammeln unverbindlicher Likes wenig<br />

bringt. Es äußern sich zu viele User, die zur<br />

Marke keinen Bezug haben. Der erwünschte<br />

WoM-Effekt verpufft, noch<br />

bevor er richtig Fahrt aufnehmen kann.<br />

Diese Einsicht führte zur Etablierung<br />

einer Reihe von Empfehlungsmarketing-<br />

Plattformen wie Konsumgoettinnen.de<br />

(siehe Übersicht Seite 14). Dort werden –<br />

unterstützt durch CRM-Daten des Unternehmens<br />

und selbst evaluierte User-Angaben<br />

– Personen gesucht, die zum Produkt<br />

passen, die bereit sind, sich für eine Marke<br />

„Wenn wir nicht schnell reagieren,<br />

ebbt die Begeisterung ab.“<br />

MARTIN OETTING<br />

Gesellschafter und Leiter Forschung Trnd AG<br />

Zeit zu nehmen und die darüber hinaus als<br />

Influentials gelten: Menschen also, die in<br />

der Lage sind, andere für sich einzunehmen.<br />

„Entscheidender Punkt bei einer<br />

WoM-Kampagne ist die Auswahl der Teilnehmer“,<br />

sagt Martin Oetting, Gesellschafter<br />

und Leitung Forschung bei Trnd.<br />

Wenn das Portal 12.000 seiner Mitglieder<br />

zum Produkttest einlädt, bewerben<br />

sich in der Regel 8.000.<br />

Aus ihnen werden 5.000 ausgewählt.<br />

Oetting: „Ihre Interessen<br />

und ihr Aktivitätsindex<br />

müssen zum Produkt passen<br />

und sie müssen hoch motiviert<br />

sein. Nur dann können wir<br />

über einen intensiven Dialog<br />

Mundpropaganda verlässlich<br />

anregen.“<br />

Maßgeschneidertes WoM<br />

Denn das ist die nächste Stufe<br />

innerhalb der WoM-Kampagne,<br />

die gerade gezündet<br />

wird: weg vom bloßen Tryvertising<br />

hin zu ganz individuell<br />

konzipierten Word-of-Mouth-<br />

Aktionen. Mit den Stammkunden<br />

wird ein Dialog aufgebaut,<br />

der mittelfristig dazu beitragen<br />

soll, das Produkt zu verbessern.<br />

Da wird beim Bodenreiniger<br />

über dessen Anwendungsbereiche<br />

diskutiert und beim<br />

Speiseeis werden Verbesserungsvorschläge<br />

für Design und Rezeptur ausgetauscht.<br />

Der Projektteilnehmer lädt Fotos hoch,<br />

diskutiert, liefert Inspirationen<br />

und Ideen. Für ein<br />

WoM-Portal ist das sehr<br />

arbeitsintensiv. Oetting:<br />

„Zum Teil sitzen da zehn<br />

Leute, die die Mundpropaganda-Berichte<br />

beantworten.<br />

Wenn wir nicht<br />

schnell reagieren, ebbt<br />

die Begeisterung ab.“<br />

Der Enthusiasmus der Teilnehmer speist<br />

sich aus der Wertschätzung, die ihnen vom<br />

Unternehmen entgegengebracht wird. Das<br />

ist ein signifikanter Unterschied zu klassischen<br />

Werbekampagnen. Steht dort das<br />

Produkt im Mittelpunkt, ist hier der Teilnehmer<br />

der Hero. „Sie finden es toll, dass<br />

ihre Mitarbeit gefragt ist“, sagt Yunfeng<br />

Mundpropaganda in acht Schritten<br />

Aufwendiger Prozess: Eine WoM-Kampagne geht weit über eine Werbekampagne hinaus<br />

7<br />

6<br />

© INTERNET WORLD <strong>Business</strong> 15/13<br />

8<br />

Testberichte auf relevanten Plattformen<br />

& Blogs<br />

Testberichte, Fotogalerie und<br />

Umfrage auf Konsumgöttinnen.de<br />

5<br />

Abschluss-Umfrage<br />

Quantitative und qualitative<br />

Evaluation & Report; Nutzung des<br />

Konsumgöttinnen-Siegels<br />

Produkt-Versand an die ausgewählten<br />

Teilnehmerinnen (ggf. mit Aktions-Broschüre<br />

und WoM-Trigger:<br />

Proben/Sachets zum Weitergeben)<br />

Cui, Executive Director Commercial Solutions<br />

bei G+J Media Sales EMS. Vor einem<br />

Jahr hat Gruner+ Jahr die Word-of-Mouth-<br />

Plattform Markenjury ins Leben gerufen<br />

und inzwischen 34.000 Mitglieder rekrutiert.<br />

Werbekunden können dort ihre Produkte<br />

testen und das<br />

Empfehlungsmarketing<br />

anschieben.<br />

Der aktuelle Portal-<br />

Start von Burdas Men’s<br />

Brands sowie die noch<br />

junge Historie der Markenjury<br />

zeigt: Es scheint<br />

noch Platz zu geben für<br />

WoM-Portale. Nicht zuletzt<br />

weil klassische Produktwerbung immer<br />

wieder an ihre Grenzen stößt. Aber<br />

auch weil sich reichweitenstarke Plattformen<br />

wie Facebook für die Erforschung genauer<br />

Kundenwünsche als wenig geeignet<br />

1<br />

4<br />

Prominenter Aktionsaufruf an<br />

alle registrierten Konsumgöttinnen<br />

(inkl. Newsletter und Teaser auf<br />

der Startseite)<br />

Zielgruppen-spezifische<br />

Auswahl des Test-Panels (durch<br />

eine Bewerbungsumfrage)<br />

2<br />

3<br />

Ankündigungen & Aktivierung auf<br />

Social Media<br />

Attraktiv gestaltete Aktions-<br />

Seite zur Vorstellung der Produkt-<br />

Benefits<br />

Quelle: www.konsumgoettinnen.de<br />

„Konsumenten finden es toll,<br />

dass ihre Mitarbeit gefragt ist.“<br />

YUNFENG CUI<br />

Executive Director Commercial Solutions<br />

G+J Media Sales EMS<br />

erwiesen haben. „Wir können so selektieren,<br />

dass nur unmittelbar Beteiligte Kommentare<br />

abgeben“, sagt Cui, „und die sind<br />

qualifiziert.“ Facebook aber sei ein völlig<br />

offenes System, ein „schwarzes Loch“, wie<br />

Nicola Hofmann konstatiert. „Im gewissen<br />

Sinne steht Word of Mouth erst am<br />

Anfang“, meint David Eicher. „Es lässt sich<br />

auch nicht auf Social Media beschränken.<br />

Es ist ein strategisches Thema.“<br />

■<br />

HELMUT VAN RINSUM<br />

Was bringt Leute dazu, bestimmte Dinge<br />

weiterzuerzählen?<br />

Jens Sievert: Interessanterweise wird Kommunikationsverhalten<br />

gerne mit Einfluss<br />

verwechselt. Man ist bei Kampagnen immer<br />

auf der Suche nach den Influentials,<br />

dabei steckt Mundpropaganda in unseren<br />

Genen. Die Menschheit hat sich schon<br />

immer Sachen weitererzählt, unabhängig<br />

davon, ob man Opinion Leader ist oder<br />

nicht. Wir mögen keine Gesprächspausen<br />

und suchen dann nach Geschichten, über<br />

die wir berichten können. Das ist Teil unserer<br />

täglichen Kommunikation.<br />

Fragt sich nur, was das dann für Geschichten<br />

sind.<br />

Sievert: Das kommt auf die Situation an.<br />

Es gibt Studien, die belegen, dass im Umkreis<br />

von Restaurants mehr über das Essen<br />

geredet wird als sonst und dass wir<br />

beim Shoppen häufiger über Mode sprechen.<br />

Die Geschichten haben auch viel<br />

mit Involvement zu tun, also mit der<br />

Frage, für was ich mich interessiere.<br />

Grundsätzlich gilt aber: Informationen,<br />

die ich im Gespräch weiterleite, müssen<br />

auch einen Wert für andere haben.<br />

Am Anfang einer Word-of-Mouth-Kampagne<br />

steht oft die Aufgabe, die Influentials<br />

zu identifizieren, also die, die das weitererzählen,<br />

und denen andere zuhören.<br />

Sievert: Dabei sagt die neuere Forschung,<br />

dass es diese Influentials im Sinne der<br />

Opinion Leader gar nicht gibt. Heute<br />

spricht man eher von Accidential Influentials,<br />

zu dieser Gruppe kann im Grunde<br />

jeder gehören. Ich muss also für jede<br />

Kampagne meine Multiplikatoren neu<br />

definieren und ausfindig machen. Dazu<br />

gehört auch die Frage, ob diese glaubhaft<br />

die Nachricht übermitteln können. Denn<br />

Interview<br />

„Renaissance der Mundpropaganda“<br />

Jens Sievert<br />

Partner und Managing Director des<br />

Institute of Marketing and Word-of-<br />

Mouth Research, Berlin<br />

■ www.ifwom-research.com<br />

Mundpropaganda enthält<br />

auch immer einen Social<br />

Value. Es ist eine Werbeform,<br />

die mit sozialem Kapital<br />

aufgeladen ist. Denn<br />

glaubt mir der andere nicht,<br />

leidet der eigene Ruf.<br />

Der größte Teil der Mundpropaganda<br />

findet aber laut zahlreicher<br />

Studien offline statt.<br />

Sievert: Das ist so. Der Online-Kanal ist<br />

immer noch sehr unterrepräsentiert,<br />

wenn man die Gesamtheit betrachtet.<br />

Das heißt nicht, dass er keine Rolle spielt.<br />

Doch 90 Prozent der WoM-Kommunikation<br />

findets immer noch von Angesicht<br />

zu Angesicht oder am Telefon statt. Bei<br />

unserer Forschung betrachten wir vor allem<br />

die Empfänger von Mundpropaganda.<br />

Da sagen in der Regel nur drei bis<br />

sechs Prozent der Befragten, dass sie die<br />

Information online erhalten haben.<br />

Subjektiv hat man aber doch den Eindruck,<br />

dass die Empfehlungen durch die<br />

sozialen Netzwerke zugenommen haben.<br />

Ob Amazon, Zalando oder Holidaycheck –<br />

überall kann ich liken und bewerten.<br />

Sievert: Wir sprechen ja auch von einer<br />

Renaissance der Mundpropaganda. Mit<br />

dem Aufkommen von Social Media<br />

haben viele gehofft, dass die Online- ein<br />

Spiegelbild der Offline-Kommunikation<br />

ist, die ich jetzt besser messen kann. Dies ist<br />

aber nicht so, es gibt einige Unterschiede.<br />

Für den Großteil der Ratings ist zum Beispiel<br />

noch eine relativ kleine Zahl an<br />

Usern verantwortlich. Man weiß auch<br />

nicht immer genau, wer hinter der Nachricht<br />

steht, was bei Word of Mouth sonst<br />

sehr wichtig ist. Angesichts vieler positiver<br />

Kommentare im Netz stellen Nutzer<br />

„90 Prozent der Mundpropaganda<br />

findet offline statt.“<br />

dann die Glaubwürdigkeit der Nachricht<br />

infrage. In diesem Fall kann der Versuch<br />

von Firmen, ein möglichst positives Bild<br />

im Netz zu zeichnen, die eigene Glaubwürdigkeit<br />

auch schädigen.<br />

INTERVIEW: HELMUT VAN RINSUM

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