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15/13<br />

22. Juli 2013<br />

E-COMMERCE <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS 21<br />

10-Punkte-Checkliste: Fit für die EU-VRRL<br />

Wenn Sie Ihren Shop auf ausländische Verbraucher<br />

ausrichten, müssen nach wie vor<br />

rechtliche Besonderheiten am jeweiligen<br />

Wohnsitz des Verbrauchers beachtet werden,<br />

jedoch weniger als zuvor.<br />

Ab dem 13. Juni 2014 sind die neuen Informationspflichten<br />

zu berücksichtigen, und<br />

der Verbraucher ist vom Unternehmer über<br />

die insgesamt 16 teils neuen Informationen<br />

zu unterrichten, unter anderem das spätestmögliche<br />

Lieferdatum.<br />

Die Widerrufsbelehrung muss ab dem 13.<br />

Juni 2014 an die neuen Anforderungen angepasst<br />

werden. Dazu sollte man die neuen<br />

EU-Musterbelehrungstexte verwenden.<br />

Einen Rücktritt vom Vertrag durch kommentarlose<br />

Rücksendung gibt es nicht<br />

mehr. Sie müssen dem Verbraucher künftig<br />

das sogenannte Muster-Widerrufsformular<br />

zur Verfügung stellen, mit dem er sein<br />

Widerrufsrecht ausüben kann.<br />

Sie müssen den Kunden ausdrücklich darüber<br />

informieren, dass er im Falle eines<br />

Widerrufs im Regelfall die Kosten der Rücksendung<br />

zu tragen hat. Tun Sie dies nicht,<br />

müssen Sie auf jeden Fall die Kosten für den<br />

Retourenversand übernehmen.<br />

Im Falle eines Widerrufs müssen Sie dem<br />

Verbraucher in Zukunft zwar die Kosten der<br />

entgeltpflichtige Extras ungewollt mitbestellt<br />

werden. Der neue Paragraf 312a<br />

Abs. 3 S. 1 BGB regelt, dass der Unternehmer<br />

mit einem Verbraucher eine Vereinbarung,<br />

die über das ausgemachte<br />

Entgelt für die Hauptleistung hinausgeht,<br />

nur ausdrücklich treffen kann. „Ausdrücklich<br />

treffen“ bedeutet, dass auch der<br />

Verbraucher aktiv seine Zustimmung zu<br />

den kostenpflichtigen Zusatzleistungen<br />

erklären muss.<br />

In der Praxis zielt diese Regelung auf<br />

klassische Zusatzverkäufe wie zum Beispiel<br />

Reiserücktrittsversicherungen oder<br />

Garantieverlängerungen ab. Das Häkchen<br />

dafür wurde in der Vergangenheit oft per<br />

Voreinstellung gesetzt und musste vom<br />

Hinsendung erstatten, hiervon ausgenommen<br />

sind jedoch Expresszuschläge und<br />

ähnliche Kosten.<br />

Machen Sie sich mit den erweiterten und<br />

modifizierten Ausnahmen vom Widerrufsrecht<br />

aus Paragraf 312g Abs. 2 und 3 BGB<br />

vertraut (zum Beispiel Hygieneartikel) und<br />

prüfen Sie, ob Ihre Produkte darunter fallen<br />

und Sie das Widerrufsrecht ausschließen<br />

können.<br />

Für Kunden-Hotlines dürfen Online-Händler<br />

ab dem 13. Juni 2014 keine höheren Kosten<br />

mehr berechnen als tatsächlich nach dem<br />

Grundtarif anfallen. Für allgemeine Hotlines<br />

zu Produktanfragen kann eventuell eine<br />

zweite, kostenpflichtige Nummer eingerichtet<br />

werden.<br />

Ab dem 13. Juni 2014 dürfen vorangekreuzte<br />

Checkboxen für Zusatzleistungen<br />

(z. B. Garantieverlängerungen) nicht mehr<br />

eingesetzt werden.<br />

In Zukunft müssen Sie dem Verbraucher<br />

mindestens ein zumutbares Zahlungsmittel<br />

zur Verfügung stellen, mit dem er ohne<br />

Aufschläge seine Rechnung begleichen<br />

kann. Falls Sie weitere Zahlungsarten gegen<br />

Aufpreis anbieten wollen (z. B. Kreditkartenzahlung),<br />

dürfen Sie vom Verbraucher hierfür<br />

nicht höhere Aufschläge verlangen als<br />

die tatsächlich dafür anfallenden.<br />

Verbraucher aktiv herausgenommen werden<br />

(das sogenannte Opt-out), damit die<br />

entgeltpflichtige Zusatzleistung nicht Vertragsbestandteil<br />

wird.<br />

Künftig wird bei Vertragsschließungen<br />

im elektronischen Geschäftsverkehr eine<br />

solche Vereinbarung zwischen Unternehmer<br />

und Verbraucher nur noch Vertragsbestandteil,<br />

wenn der Unternehmer diese<br />

Vereinbarung nicht durch eine Voreinstellung<br />

herbeigeführt hat (Paragraf 312a Abs.<br />

3 S. 2 BGB). Also gilt die Reiserücktrittsversicherung<br />

in jedem Fall nur als bestellt,<br />

wenn der Verbraucher die Checkbox dafür<br />

selbst geklickt hat.<br />

Und die Reise selbst? Um den Verbraucher<br />

davor zu schützen, dass er bei einer<br />

„Checkboxen, mit denen ein Kunde Zusatzleistungen bestellen<br />

kann, dürfen nicht automatisch angehakt sein.“<br />

Fotos: Fotolia / Goodluz, Paypal<br />

„Für Telefonnummern, die der Kunde bei Fragen zum Vertrag<br />

anrufen soll, dürfen ihm keine Extrakosten entstehen.“<br />

solch unwirksamen Vereinbarung gleichzeitig<br />

seinen Anspruch auf die von ihm<br />

eigentlich gewünschte Hauptleistung verliert,<br />

enthält Paragraf 312a Abs. 6 BGB<br />

eine Klausel: In diesem Fall bleibt der Vertrag<br />

im Übrigen wirksam. Die Verwendung<br />

solcher Voreinstellungen soll hierdurch<br />

für den Unternehmer unattraktiv<br />

gemacht werden. Per Default angehakte<br />

Zusatzposten auf dem Bestellformular<br />

waren aber ohnehin noch nie gut für die<br />

Kundenbeziehung. Online-Händler müssen<br />

also erst gar nicht bis nächstes Jahr<br />

warten, um diese Unsitte abzustellen.<br />

Kosten der Zahlungsart<br />

Vorgenommen hat sich der Gesetzgeber<br />

nun auch die Entgelte für unterschiedliche<br />

Zahlungsarten, also zum Beispiel Zuschläge<br />

für die Zahlung per Kreditkarte oder<br />

Nachnahme. So darf der Unternehmer<br />

gemäß Paragraf 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB<br />

künftig nur noch dann ein Entgelt für die<br />

Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels<br />

verlangen, wenn er dem Verbraucher<br />

daneben zumindest eine gängige und zumutbare<br />

unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit<br />

anbietet.<br />

Darüber hinaus regelt Paragraf 312a<br />

Abs. 4 Nr. 2 BGB, dass das vereinbarte<br />

Entgelt für die Nutzung eines jeweiligen<br />

Zahlungsmittels nicht die Kosten übersteigen<br />

darf, die dem Unternehmer durch<br />

dessen Nutzung tatsächlich entstehen.<br />

Bislang konnten Händler für die Nutzung<br />

eines Zahlungsmittels beliebig hohe Aufschläge<br />

verlangen. In der Vergangenheit<br />

war insbesondere bei Kreditkartenzahlungen<br />

im Online-Handel zu beobachten,<br />

dass die Nutzung dieser Zahlungsart<br />

überteuert angeboten wurde, ohne dass<br />

für den Unternehmer tatsächlich Kosten<br />

in Höhe des verlangten Preisaufschlags<br />

entstanden waren. Derartigen unnötigen<br />

Preisaufschlägen wird nun ein Riegel vorgeschoben,<br />

was wiederum zu mehr Wettbewerb<br />

und der Förderung effizienter<br />

Zahlungsmittel beitragen soll.<br />

Abmahnungen sind wahrscheinlich<br />

Im Zuge der Umsetzung der VRRL werden<br />

viele Hindernisse in Bezug auf den<br />

grenzüberschreitenden Handel ausgeräumt.<br />

Allerdings kommen auch einige<br />

neue Probleme hinzu, die wahrscheinlich<br />

neue Abmahnungen hervorrufen. So wird<br />

es zum Beispiel nicht möglich sein, unter<br />

Einsatz der neuen Musterbelehrung (sie-<br />

he Ausgabe 14/2013, Seite 20f.) mit nur einem<br />

Text für alle Bestellsituationen auszukommen.<br />

Dies betrifft zum Beispiel Teillieferungen,<br />

bei denen der Zeitpunkt der<br />

Widerrufsfrist nicht eindeutig zu bestimmen<br />

ist. Für weitere Probleme könnte die<br />

exakte Berechnung der Rücksendekosten<br />

im Vorfeld sorgen. Das betrifft insbesondere<br />

Ware, die nicht paketfähig ist und per<br />

Spedition transportiert werden muss.<br />

In der Praxis dürfte viele Händler die<br />

Pflicht, ein Datum zu nennen, bis zu dem<br />

spätestens geliefert wird, vor große Herausforderungen<br />

stellen. All diese Fragestellungen<br />

könnten Anlass für wettbewerbsrechtliche<br />

Abmahnungen werdesn –<br />

und die Gerichte beschäftigen.<br />

Ein weiterer Konflikt bei der Umsetzung<br />

der VRRL könnte im Zusammenhang mit<br />

der sogenannten Textformbelehrung entstehen.<br />

Denn bereits im Jahr 2010 hat der<br />

Bundesgerichtshof entschieden, dass ein<br />

Belehrungstext auf einer Website keine<br />

„Textform“ darstelle. Verbraucher müssen<br />

die zum Vertragsschluss geltenden Bedingungen<br />

als Dokument zur Verfügung<br />

gestellt bekommen. Ob die deutschen<br />

Umsetzungen der VRRL wirklich im Einklang<br />

mit der Richtlinie stehen, wird sich<br />

noch zeigen müssen. Es könnte durchaus<br />

sein, dass der Europäische Gerichtshof<br />

eines Tages über die Rechtmäßigkeit der<br />

deutschen Gesetze entscheidet. Über das<br />

Ergebnis werden wir Sie informieren. ■<br />

CARSTEN FÖHLISCH<br />

Der Autor<br />

Carsten Föhlisch ist<br />

Rechtsanwalt in Köln<br />

und Justiziar des<br />

Webshop-Zertifizierers<br />

Trusted Shops.<br />

Der E-Commerce-<br />

Experte begleitet die<br />

Einführung der Verbraucherrechterichtlinie<br />

seit den ersten Entwürfen und gehörte auch<br />

zu den Kommentatoren der Gesetzentwürfe.<br />

www.trusted-shops.de<br />

Weitere Infos unter www.internetworld.de/webcode<br />

WEBCODE 1313018<br />

■ Alle Folgen dieser Serie (nach Erscheinen)<br />

■ EU Verbraucherrechterichtlinie im Volltext<br />

■ Muster-Widerrufsbelehrung<br />

Foto: Vodafone

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