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update 10.2.pdf - Jusos

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BAföG-Aushöhlung<br />

durch die Hintertür<br />

Von Erkan Ertan, Bundesvorstand der Juso-Hochschulgruppen<br />

Wie Schwarz-Gelb mit ihrem Modell der „nationalen Stipendien“ die Chancengleichheit<br />

im deutschen Bildungssystem noch weiter einstampfen will.<br />

Bildung<br />

Die schwarz-gelbe Regierung hat sich<br />

2010 das Ziel gesetzt, ein Gegenmodell<br />

zur bisherigen bundesweiten Studienfinanzierung<br />

zu etablieren und so Stück für<br />

Stück dem BAföG den Garaus zu machen.<br />

10% der Studierenden sollen mit<br />

einem einkommensunabhängigen „nationalen<br />

Stipendium“ von 300 Euro<br />

monatlich gefördert werden. Bezahlt werden<br />

sollen diese Stipendien jeweils zur<br />

Hälfte durch Spenden der Wirtschaft.<br />

Öffentlich thematisiert oder unter den<br />

Studierenden umfassend diskutiert wird<br />

dies aber bislang selten.<br />

Was vielleicht zunächst gut anklingt –<br />

wer hat schon etwas gegen mehr Geld für<br />

Studierende? – sollte einem zweiten kritischen<br />

Blick unterzogen werden. Schwarz-<br />

Gelb ist schließlich nicht für ihr soziales<br />

Gewissen bekannt und stellt mit diesem<br />

Vorhaben die gesamte solidarische Förderung<br />

eines Studiums und damit die Chancengleichheit<br />

an sich infrage.<br />

Mit diesem nationalen Stipendienprogramm<br />

wird ein sozial selektives Instrument<br />

zur Spitzen- und Elitenförderung<br />

in Deutschland implementiert und<br />

es läuft somit der Breitenförderung des<br />

BAföG entgegen. Im Gegensatz dazu<br />

profitiert vom Stipendiensystem nämlich<br />

nur eine deutlich kleinere Gruppe, meist<br />

Menschen mit akademischem Elternhaus,<br />

die bereits in den bestehenden Begabtenförderwerken<br />

die Mehrheit bildet.<br />

Nicht jede/r hat dieselbe Chance, in diese<br />

Gruppe aufgenommen zu werden, und<br />

auch soziale Aspekte spielen (bis auf wenige<br />

Fälle) keine Rolle. Bis zu zwei Drittel<br />

der Stipendien können zweckgebunden<br />

vergeben werden, sodass bestimmte Fachrichtungen<br />

überproportional stark profitieren,<br />

während Studierende ökonomisch<br />

unattraktiver Studiengänge außen vor<br />

bleiben.<br />

Durch das Ziel, primär die „Leistungsbesten“<br />

zu fördern, profitieren vor<br />

allem Studierende aus finanzstarken und/<br />

oder AkademikerInnen-Familien, da diese<br />

nachweislich positiver gestellt sind. Somit<br />

wird durch die schwarz-gelben Pläne<br />

die soziale Selektion unseres Bildungssystems<br />

weiter verstärkt. Inwieweit die Möglichkeit<br />

genutzt wird, bei der Stipendienvergabe<br />

auch soziale Umstände zu<br />

berücksichtigen, ist fraglich. Und selbst<br />

wenn diese berücksichtigt würden, kann<br />

der Erfolg einer staatlichen Förderung<br />

durch ein Stipendienprogramm nicht ersetzt<br />

werden.<br />

Die hälftige Finanzierung durch Bund<br />

und Länder hat laut Schätzungen des<br />

Kabinettsentwurfs nach der Anlaufphase<br />

ein der diesjährigen BAföG-Erhöhung<br />

ähnliches jährliches Finanzvolumen. Die<br />

Gelder sollten jedoch direkt für eine deutlichere<br />

Erhöhung der BAföG-Freibeträge<br />

genutzt werden, sodass sich der Berechtigtenkreis<br />

erweitert und im Gegensatz<br />

zum Stipendiensystem soziale Ungleichheit<br />

verringert würde. Das könnte<br />

tatsächlich mehr jungen Menschen ein<br />

Studium ermöglichen, da auf BAföG<br />

Rechtsanspruch besteht und auch die<br />

Sicherheit der finanziellen Unterstützung<br />

gegeben ist.<br />

Um mehr jungen Menschen, insbesondere<br />

aus bisher unterrepräsentierten<br />

Gruppen (z. B. MigrantInnen und Menschen<br />

aus sozial und/oder finanziell<br />

schwachen Familien), ein Studium zu<br />

ermöglichen, brauchen wir ein Studienfinanzierungssystem,<br />

das allen gleichermaßen<br />

offensteht und auf das ein Rechtsanspruch<br />

besteht. Wir brauchen eine<br />

staatliche, flexible, bedarfsdeckende, eltern-<br />

und altersunabhängige Studienfinanzierung<br />

und keine, die nur den vorgeblichen<br />

„Leistungsbesten“ zugutekommt.<br />

Statt eine vermeintliche<br />

gesellschaftliche Elite noch stärker heranzuzüchten,<br />

sollte dem Grundsatz der<br />

Breitenförderung und der Notwendigkeit<br />

von vielen gut gebildeten Menschen<br />

nachgekommen werden.<br />

Deshalb müssen die geplanten Mittel<br />

in eine deutlichere Erhöhung des BAföG<br />

investiert werden. So hätten wirklich<br />

diejenigen etwas davon, die auf derartige<br />

Studienfinanzierung tatsächlich angewiesen<br />

sind.<br />

•<br />

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