Gott ist rund - Kirchenblatt
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Inhalt<br />
2 Standpunkt<br />
Fussball <strong>ist</strong> Fussball <strong>ist</strong> Fussball<br />
3 Aus Kirche und Welt<br />
Bischofskolumne<br />
«Die Kirche muss dringend<br />
erneuert werden»<br />
4 Thema<br />
<strong>Gott</strong> <strong>ist</strong> <strong>rund</strong><br />
6 Glauben und beten<br />
Menschen mit Zukunft<br />
Liturgischer Wochenkalender/<br />
Namenstage<br />
7 Kirche in den Medien<br />
8 Vermischtes<br />
Tipps und Hinweise<br />
9 Dekanatspfarreien<br />
25 Solothurn<br />
30 Grenchen<br />
32 Jugendseite<br />
Champions for South Africa<br />
IMPRESSUM: <strong>Kirchenblatt</strong> für römischkatholische<br />
Pfarreien im Kanton Solothurn<br />
ISSN 1420-5149; ISSN 1420-5130.<br />
www.kirchenblatt.ch<br />
Erscheint alle 14 Tage<br />
Redaktion für den allgemeinen Teil («Mantel»):<br />
Dr. Reto Stampfli (Leitung), St. Niklausstrasse 24,<br />
4500 Solothurn, Telefon 032 622 42 87,<br />
E-Mail: retostampfli@bluemail.ch / Heinz Bader,<br />
Katechet, 4710 Balsthal / Urban Fink, 4515 Oberdorf /<br />
Franz Rüegger, Zeichenlehrer, 4500 So lothurn (Layout) /<br />
Daniele Supino, 4500 Solothurn (Jugendseite) /<br />
Pfarrer Mario Tosin, 2540 Grenchen.<br />
Verlag/Adressenverwaltung: AZ Fachverlage AG,<br />
Neumattstrasse 1, 5001 Aarau<br />
Telefon 058 200 56 87, Fax 058 200 56 94.<br />
Admin<strong>ist</strong>ration und Produktion: Vogt-Schild Druck AG,<br />
Gutenbergstrasse 1, 4552 Derendingen<br />
Telefon 058 330 11 58, Fax 058 330 11 78,<br />
E-Mail: kirchenblatt@vsdruck.ch<br />
Standpunkt<br />
Fussball <strong>ist</strong> Fussball <strong>ist</strong> Fussball<br />
Nun <strong>ist</strong> sie endlich gekommen, die goldene Zeit der Ballprognostiker, Effet -<br />
analytiker und Cornerneurotiker. 30 Tage himmlischer Freuden. Ein Stück<br />
Leder und ein paar Quadratmeter Grünfläche – und natürlich auch 22 Protagon<strong>ist</strong>en<br />
– treiben die Menschen zu wunderlichen Verhaltensweisen an.<br />
Experten lauern plötzlich auf jedem Fernsehkanal und an jedem Stammtisch,<br />
denn eines der grössten Verdienste des Fussballs besteht unzweifelhaft<br />
darin, dass er einer immer grösser werdenden Menge von Menschen<br />
ein Gesprächsthema liefert. Plötzlich finden wir uns, fern von jeglichem<br />
Klassendenken und religiösen Unterscheidungen, vereint zum globalen<br />
Palaver.<br />
«Was hat aber Fussball mit Religion zu tun?», werden Sie sich nun fragen,<br />
liebe Leserinnen und Leser. Im G<strong>rund</strong>e genommen eigentlich nichts.<br />
Fussball <strong>ist</strong> Fussball, und Fussball <strong>ist</strong> ganz einfach eine Sportart. Doch mit<br />
all seinen Begleiterscheinungen und seiner Allgegenwart hat sich das seltsame<br />
Gekicke in einer hochkomplex organisierten Gesellschaft zum kleins -<br />
ten gemeinsamen Nenner der Kommunikation entwickelt. Zwar gab es<br />
schon in Japan und bei den Inkas rituelle Formen von Ballspielen, doch mit<br />
dem modernen Fussball hat das nur sehr wenig zu tun. Der moderne Fuss -<br />
ball scheint jedoch, im wahrsten Sinne des Wortes, immer mehr die sozialen<br />
und emotionalen Orte der Religion zu besetzen. Fussballtempel ziehen<br />
Woche für Woche tausende Sportpilger an, Choräle werden angestimmt<br />
und zeugen für eine 90-minütige Solidarität, wie man sie sonst kaum mehr<br />
finden kann, und Spieler werden verherrlicht und regelrecht angebetet.<br />
Mit der provokativen Aussage «<strong>Gott</strong> <strong>ist</strong> <strong>rund</strong>» hat der Autor Dirk Schümer<br />
dieses Phänomen aufs Papier gebannt und einer ganzen Armada von religionssoziologischen<br />
Untersuchungen Tür und Tor geöffnet. Religion und<br />
Fussball, in ihrem innersten Wesen g<strong>rund</strong>verschieden, doch in den äusseren<br />
Erscheinungen erstaunlich nahe.<br />
Gerne erinnere ich mich an meine Zeit als Schweizergard<strong>ist</strong> zurück. Ich<br />
hatte das grosse Glück, während der Fussballweltme<strong>ist</strong>erschaft 1990 in Italien<br />
im Vatikan Dienst le<strong>ist</strong>en zu können. Die Stadt Rom stand unter Strom.<br />
Nachdem die italienische Elf gegen Argentinien in einem h<strong>ist</strong>orischen<br />
Penaltyschiessen ausgeschieden war, herrschte «Staatstrauer». Auch der<br />
sportbege<strong>ist</strong>erte Papst Johannes Paul II. – ehemaliger Torhüter des<br />
FC Wadowice – schien sich für das bunte Treiben zu interessieren. Jedenfalls<br />
erkundigte er sich bei der Rückkehr von einer Audienz bei mir als<br />
wachhabendem Gard<strong>ist</strong>en, welche Equipe ich unterstützen würde, da ja<br />
die Schweizer nicht dabei seien. Nach einer kurzen Antwort erfrechte ich<br />
mich einer Gegenfrage. Ich wollte von meinem Arbeitgeber wissen, welches<br />
Team er unterstützen würde (Polen hatte sich ebenfalls nicht qualifiziert).<br />
Nach kurzem Nachdenken antwortete Karol Wojtyla mit einem<br />
Lächeln auf den Lippen: «Als Papst muss ich natürlich neutral bleiben –<br />
doch der Fussball der Brasilianer gefällt mir schon sehr gut.»<br />
Mit freundlichen Grüssen<br />
Reto Stampfli<br />
!<br />
«<strong>Gott</strong> <strong>ist</strong> <strong>rund</strong>» <strong>ist</strong> der Titel eines Buches des Journal<strong>ist</strong>en Dirk Schümer<br />
(*1962). Das 1998 erschienene Werk beschäftigt sich mit der «Kultur des<br />
Fussballs». Als einer der Ersten im deutschen Sprachraum beschäftigte sich<br />
Schümer auch mit der Frage, welche religiösen Komponenten das Fuss -<br />
ballspiel und seine Begleiterscheinungen aufweisen können. Ursprünglich<br />
bezieht sich die Aussage «<strong>Gott</strong> <strong>ist</strong> <strong>rund</strong>» auf die Feststellung antiker griechischer<br />
Philosophen, welche den Kreis als vollkommene geometrische<br />
Form erachteten und ihn dadurch als Attribut des Göttlichen definierten.<br />
2<br />
KIRCHENBLATT 14 2010