Programm Kolleg Friedrich Nietzsche 2013 - Klassik Stiftung Weimar
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Fellows in residence<br />
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Hannah Grosse Wiesmann<br />
<strong>Nietzsche</strong>s Spinoza-Rezeption in ihrer Bedeutung für die Konzeption<br />
des Willens zur Macht<br />
Emphatisch bekannte sich <strong>Nietzsche</strong> 1881 zur Philosophie Spinozas:<br />
»Ich bin ganz erstaunt, ganz entzückt! Ich habe einen Vorgänger und<br />
was für einen! […] Meine Einsamkeit, die mir, wie auf ganz hohen Bergen,<br />
oft, oft Athemnoth machte und das Blut hervorströmen ließ, ist<br />
wenigstens jetzt eine Zweisamkeit. – Wunderlich!«. Die Gemeinsamkeiten<br />
zwischen Spinoza und sich selbst charakterisierte <strong>Nietzsche</strong> wie<br />
folgt: »Nicht nur, daß seine Gesamttendenz gleich der meinen ist – die<br />
Erkenntniß zum mächtigsten Affekt zu machen – in fünf Hauptpunkten<br />
seiner Lehre finde ich mich wieder, dieser abnormste und einsamste<br />
Denker ist mir gerade in diesen Dingen am nächsten: er leugnet die<br />
Willensfreiheit –; die Zwecke –; die sittliche Weltordnung –; das<br />
Unegoistische –; das Böse […]«.<br />
<strong>Nietzsche</strong>s Bekenntnis zu Spinoza weicht nach 1881 einer kritischen<br />
Auseinandersetzung mit dem ›Vorgänger‹, deren Schauplätze nur vereinzelt<br />
in den veröffentlichten Schriften zu finden sind, während sie im<br />
Nachlass intensiv ausgetragen wird. Ein Wechselspiel von Aneignung<br />
und Abgrenzung setzt ein, das Spinoza für <strong>Nietzsche</strong> zur zentralen philosophischen<br />
Bezugsfigur werden lässt. Dennoch verspürt <strong>Nietzsche</strong><br />
kein Bedürfnis, seinen Autor im Original zu lesen, sondern konstruiert<br />
sich ein Spinoza-Bild anhand von Sekundärquellen, deren wichtigste<br />
Kuno Fischers Geschichte der neuern Philosophie ist.<br />
Die Arbeit untersucht <strong>Nietzsche</strong>s indirekte Spinoza-Rezeption in<br />
ihrer Bedeutung für die Konzeption des Willens zur Macht. Leitend ist<br />
dabei die These, dass die Auseinandersetzung mit Spinoza eine Wende<br />
in <strong>Nietzsche</strong>s Machtkonzeption herbeiführt: Sie befähigt <strong>Nietzsche</strong><br />
dazu, den Begriff des Willens zur Macht inhaltlich auszuarbeiten und<br />
als Prinzip der Machtsteigerung kritisch gegen den neuzeitlichen<br />
Selbsterhaltungsgedanken zu profilieren. Der rezeptionsgeschichtliche<br />
Ansatz wird mit einer hermeneutischen Perspektive auf <strong>Nietzsche</strong>s<br />
Machtkonzeption verbunden; die Untersuchung soll damit zu einer<br />
inhaltlichen Neubewertung dieser Konzeption beitragen.<br />
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