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Kompendium der Familienforschung in Österreich, Schriftenreihe Nr. 7

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verhältnisse e<strong>in</strong>gehen<strong>der</strong> untersucht, nämlich die Karibik, <strong>der</strong> Balkanraum und<br />

Böhmen. Innerhalb dieser Regionen führten lokale Fallstudien gleichsam e<strong>in</strong>e<br />

„Tiefenbohrung“ durch. Dabei wurde darauf geachtet, daß auch die jeweils behandelten<br />

örtlichen Populationen <strong>in</strong> sich nach ihren Familienverhältnissen stark differenziert<br />

waren, sodaß sich auf mehreren <strong>in</strong> unterschiedlicher Intensität untersuchten<br />

Ebenen Möglichkeiten e<strong>in</strong>es Vergleichs ergaben. In <strong>der</strong> Karibik etwa galt die<br />

lokale Fallstudie <strong>der</strong> Insel Tr<strong>in</strong>idad. Das Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> von schwarzafrikanischer,<br />

<strong>in</strong>discher und europäischer Bevölkerung ermöglichte hier im Kle<strong>in</strong>en, Familientraditionen<br />

ganz unterschiedlicher kultureller Großräume zu beobachten. Vom<br />

Ansatz her wurden also Elemente von Mikro- und Makrostudien <strong>in</strong> diesen drei<br />

exemplarischen Regionalsrudien mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verbunden.<br />

Inhaltlich können aus diesen drei Regionalstudien des Projekts nur beispielhaft<br />

E<strong>in</strong>zelthemen herausgegriffen werden. Dabei sollen solche im Vor<strong>der</strong>grund stehen,<br />

die sich auch auf an<strong>der</strong>e Großregionen übertragen lassen. Die Karibikstudie mit<br />

dem Schwerpunkt Tr<strong>in</strong>idad wollte vor allem die Frage klären, warum <strong>in</strong> diesem<br />

Großraum illegitime Geburten und mit ihnen korrespondierende Familienformen<br />

so stark verbreitet s<strong>in</strong>d. Insbeson<strong>der</strong>e amerikanische Soziologen und Sozialanthropologen<br />

hatten zur Lösung dieser Frage verschiedene theoretische Angebote<br />

gemacht, von denen e<strong>in</strong>ige <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur breite Zustimmung gefunden haben.<br />

Norbert Ortmayr, <strong>der</strong> die Karibikstudie im Rahmen des Projekts durchgeführt hat,<br />

br<strong>in</strong>gt nun e<strong>in</strong>en ganz neuen Faktorenkomplex als Erklärung <strong>in</strong>s Spiel, nämlich die<br />

unterschiedlichen Wirkungsformen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen christlichen Kirchen im<br />

Untersuchungsgebiet. Dabei geht es weniger um spezifische familienrelevante<br />

Inhalte des Christentums als um Belange <strong>der</strong> Kirchenorganisation, <strong>der</strong><br />

Missionspolitik, <strong>der</strong> Intensität pastoraler Arbeit. Es steht außer Frage, daß e<strong>in</strong> solches<br />

Erklärungsmodell als Arbeitshypothese auch bei <strong>der</strong> Interpretation von<br />

Familienentwicklungen <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Weltregionen hilfreich se<strong>in</strong> kann. Beispiele<br />

dafür im Kontext unterschiedlicher Bewirkungsfaktoren bietet <strong>der</strong> Sammelband<br />

über die Familien des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts im <strong>in</strong>terkulturellen Vergleich.<br />

Die den Balkanraum betreffenden Regionalstudien wurden <strong>in</strong> enger<br />

Zusammenarbeit mit e<strong>in</strong>em an <strong>der</strong> Universität Graz beheimateten Projekt über die<br />

„Balkanfamilie“ durchgeführt. Die beson<strong>der</strong>e Aktualität e<strong>in</strong>er historisch-sozialwissenschaftlichen<br />

Beschäftigung mit Familienstrukturen <strong>in</strong> Südosteuropa liegt sicher<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Bedeutung, die Traditionen <strong>der</strong> Familienkulturen aus diesem Raum durch<br />

die Arbeitsmigration <strong>der</strong> letzten Jahrzehnte gewonnen haben. Es sei kurz als zentraler<br />

Gedanke die Frage nach dem gesamtgesellschaftlichen Kontext von Familienformen<br />

herausgegriffen. Die Historische <strong>Familienforschung</strong> hat aufgrund ihrer<br />

H<strong>in</strong>wendung zu den kle<strong>in</strong>en Lebenswelten vielfach den Zusammenhang mit<br />

umfassenden sozialen Ordnungen vernachlässigt. Im Vergleich <strong>der</strong> Familienentwicklung<br />

im Balkanraum e<strong>in</strong>erseits, <strong>in</strong> Mittel- und Westeuropa an<strong>der</strong>erseits fällt<br />

dieser Unterschied des sozialen Kontexts von Familie beson<strong>der</strong>s auf – nicht nur auf<br />

<strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Staatlichkeit, auch auf <strong>der</strong> von Pfarre und Geme<strong>in</strong>de, von Schulund<br />

Kirchenorganisation etc. Familienformen ohne diesen Kontext zu vergleichen,<br />

ÖIF SCHRIFTENREIHE

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