Kompendium der Familienforschung in Ãsterreich, Schriftenreihe Nr. 7
Kompendium der Familienforschung in Ãsterreich, Schriftenreihe Nr. 7
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Wissenschaft und Politikberatung im<br />
Bereich <strong>der</strong> Familie<br />
Bislang verlief Forschung im wesentlichen diszipl<strong>in</strong>orientiert, auch wenn verschiedene<br />
Diszipl<strong>in</strong>en an e<strong>in</strong>er Forschungsfrage arbeiten. Die typische Vorgangsweise ist<br />
zu fragen: Was sagt <strong>der</strong> Soziologe, die Psycholog<strong>in</strong>, <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong>er, die Ökonom<strong>in</strong><br />
dazu. Dies ist e<strong>in</strong>e im Grunde diszipl<strong>in</strong>äre Orientierung.<br />
Forschung, die politikberatend wirksam se<strong>in</strong> will, muss an<strong>der</strong>s ansetzen, nämlich<br />
bei <strong>der</strong> Frage: Was ist das Problem? Das macht e<strong>in</strong>en Unterschied. Das<br />
Problem muss nämlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kommunikativen Prozess erarbeitet werden, und<br />
zwar zwischen den Wissenschaftlern vor allem aber auch mit dem Auftraggeber, <strong>der</strong><br />
die Anfrage stellt und natürlich den Forschungssubjekten. Erst wenn das Problem<br />
identifiziert ist, können wissenschaftliche Verfahrensweisen zur Lösung entwickelt<br />
werden. Wissenschaft wird so als systematisches, methodisch und <strong>in</strong>haltlich reflektiertes<br />
problem- und lösungsorientiertes Vorgehen verstanden. Diese Vorgehensweise<br />
verb<strong>in</strong>det unterschiedliche Phasen im Erkenntnisprozeß, sie hat als ihren zentralen<br />
Grundpfeiler empirische Forschung, <strong>der</strong>en e<strong>in</strong>zelne Ergebnisse sie aber<br />
<strong>in</strong>haltlich verknüpft und <strong>in</strong> die Beratung e<strong>in</strong>fliessen lässt. Um diesen eher umfassenden<br />
als partikularen Prozess zu beschreiben, spreche ich im folgenden von<br />
Familienwissenschaft, e<strong>in</strong> Begriff, <strong>der</strong> bislang eher programmatischen Charakter<br />
hat, aber auch im Bereich <strong>der</strong> Beschäftigung mit Familie immer stärker <strong>in</strong> den<br />
Vor<strong>der</strong>grund rückt (vgl. neuerd<strong>in</strong>gs Busch, Nauck, Nave-Herz 1999). Familienwissenschaft<br />
ist als Ziel zu verstehen, das durch umfassende Forschungsanstrengungen<br />
vorbereitet werden muss 1 .<br />
Wir können folgende drei Phasen e<strong>in</strong>er solchen Vorgansweise unterscheiden:<br />
Diagnose, Prognose und Lösung 2 .<br />
1. Diagnose<br />
Diagnosen s<strong>in</strong>d sehr sorgfältig zu treffen, und wahrsche<strong>in</strong>lich hat man bislang zu<br />
wenig auf sie wert gelegt. Diagnostik heisst für die Sozialwissenschaften zunächst<br />
das Problem zu identifizieren und möglichst detailliert die soziale Realität zu<br />
beschreiben. E<strong>in</strong>e gute Diagnostik kommt sehr nahe an die Wirklichkeit heran.<br />
1 Dies ist e<strong>in</strong>e eigene Diskussion, die auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene vermehrt diskutiert wird. Vgl.<br />
dazu den Gulbenkian Report über die Sozialwissenschaften, Wallerste<strong>in</strong> 1996.<br />
2 Diese E<strong>in</strong>teilung hat Ähnlichkeiten mit e<strong>in</strong>er Vorgangsweise, wie sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Friedensforschung<br />
und Konfliktforschung getroffen wird. Vgl. Galtung 1998<br />
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ÖIF SCHRIFTENREIHE