(1935), S. 4.
(1935), S. 4.
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10 Groschen einig wurde. Er marschierte noch einmal nach Hause, und ich sollte<br />
indessenKaffee trinken, der aber gar nicht schmeckte. Ich gab jetzt der Wirtin meinen<br />
Mantel, Socken, Schnappsack und einen Pelzhandschuh in Verwahrung bis zu<br />
meiner Zurückkunft (den andern Handschuh hatte ich in der Gegend von Hildburghausen<br />
verloren). Den noch übrigen Vorrat von Bratwürsten nahm ichin die Tasche,<br />
und nun ging's mit dem Boten vorwärts unter beständigem Regen. Der Bote führte<br />
mich meistens durch Wald über den Gottlob, indessen wurden wir doch ganz durch<br />
und durch naß. Es war ungefähr morgens 7 Uhr, als wir von Tambach abgingen,<br />
wir trafen aber wenig Leute an, obgleich heute, den 17. Oktober, Jahrmarkt in<br />
Waltershausen war. Etwa um 9 Uhr kamen wir nach Friedrichroda. Hier ließ ich in<br />
einem Wirtshause einen halben Laubtaler wechseln, konnte aber den Wirt nur durch<br />
Bitten dazu bewegen, und gab dann dem Boten 12 Groschen mit der Erlaubniss<br />
nach hause zu gehen, weil es so schlechtWetter wäre. Er nahm die Erlaubnis gerne<br />
an, ließ sich Schnaps bringen, und ich ging sogleich mit dem Mantelsack auf der<br />
Achsel fort. Ich fand noch so ziemlich den Weg nach Reinhardsbrunn und marschierte<br />
drauf los was ich konnte und wußte, um meiner Bürde loszuwerden und aus dem<br />
Regen zu kommen. Mit genauer Not entging ich dem Fallen, denn es war recht<br />
schlüpfrig, und endlich bekam ich Schnepfenthal zu Gesichte, wovon ich ganz eingenomm<br />
wurde. Ich wendete mein Gesichte immer nach dem Institute zu und lief<br />
so mitten durch alles durch nach der Schenke, die vor etlichen Jahren neu gebaut<br />
worden. Lieber wäre ich nach dem Gutshause gelaufen, aber ich fürchtete, da entdeckt<br />
zu werden, und zweifelte, ob Spangenberg mich werde beherbergen können. In der<br />
Schenke traf ich sogleich einen etwas sonderbaren Mann an (Herrn Triebel), der<br />
mich frug, wer ich seie, woher ich komme und wohin ich gehe. Ich sagte ihm, ich sei<br />
Rabe von Hildburghausen und gehe nach Gotha, jetzt wollte er nähere Nachrichten<br />
von Hildburghausen wissen, weil er auch von Hildburghausen sei, allein ich zog mich<br />
aus der Verlegenheit, indem ich den Wirt bat, mir ein Zimmer zum Umkleiden<br />
herzugeben. Obenauf geschahdenn das sogleich, und dabei verzehrte ich die übrigen<br />
Bratwürste. Jetzt trug ich die nasse Ware in die untere Stube zum Trocknen und<br />
marschierte zu den Institutsgebäuden hinauf. Meine Absicht war, mich nicht zu<br />
erkennen zu geben, denn dazu konnte ich mich aus Schüchternheit noch nicht entschließe<br />
ich marschierte also blos ziemlich von weitem um die Gebäude und Garten<br />
herum, besah alles und hielt mich im Garten etwas auf. Ich traf niemanden an und<br />
kehrte wieder in die Schenke zurück, ganz benetzt, denn es hatte immer noch geregnet.<br />
hier labte ich mich an dem Brunnen, der vor der Schenke steht und dessenWasser<br />
mich außerordentlich gut dünkte. Wenigstens Sechsmallief ich zu ihm hin, um wieder<br />
zu trinken. Nun marschierte ich eine Weile auf der Gimnastik herum und patroullierte<br />
wieder eine Weile um Schnepfenthal umher, diesmal kam ich bis an den Geitzenberg<br />
und besah die Kohlfelder. Ich sahe wieder niemand und fing an zu glauben,<br />
alles sei auf Reisen begriffen. Gerne hätte ich jemanden auf einem Spaziergang<br />
überrascht, aber niemand ließ sich blicken.<br />
Neuerdings kehrte ich in die Schenke zurück, und da sichein Herbst da befand,<br />
der mich kannte, so setzteich mich hin, um mit ihm zu plaudern. Er sagte mir eben,<br />
daß der Mann, mit dem ich vorhin gesprochen,Herr Triebel, der Musiklehrer, gewesen