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Katrin Meiershofer: Anforderungsprofil einer Zuspielerin Seite 90 6.2 Phasen der taktischen Handlung 6.2.1 Überlegungen vor der Aktion Hier muss grundsätzlich zwischen der Annahme- (KI-) Situation und der Abwehr- bzw. eigenen Aufschlag-Situation (KII) unterschieden werden 33 . Hat die eigene Mannschaft Annahme, ist die Aufstellung und die möglichen Kombinationen mehr oder weniger festgelegt bzw. eingeschränkt. Durch die festgelegten Positionen sind einige Kombinationen wegen der langen Laufwege nicht möglich oder nicht sinnvoll. Der Zuspielerin bleiben also einige, meist im Training immer wieder einstudierte Angriffskombinationen übrig. Diese werden den Angreiferinnen von der Zuspielerin entweder mündlich mitgeteilt oder per Handzeichen angezeigt 34 . Die Entscheidung für diese Handlungsmöglichkeiten wird nach einigen Vorüberlegungen und in der Annahme getroffen, dass der erste Ball zielgenau zur Zuspielposition kommt. Ausschlaggebend sind die allgemeine Mannschaftsstrategie, die Tagesform der einzelnen Angreiferinnen, die Art und Anzahl der zur Verfügung stehenden Angreiferinnen (Schnell-, Außen- oder Rückraumangreiferinnen) und die gegnerische Blockreihe. Die Zuspielerin sollte sich überlegen, mit welchem Pass der Gegner aufgrund des bisherigen Zuspiels rechnet und welcher Pass oder welche Angreiferin zuvor bei der gleichen Aufstellung erfolgreich war (vgl. Moculescu/Gasse in: Volleyballtraining 1/1989, 6). Auf der Basis dieses Wissens legt sich die Zuspielerin schon vor dem eigentlichen Spielzugbeginn einen Plan zurecht. Sie muss aber auch überlegen, welche Möglichkeiten sie noch zur Verfügung hat, wenn die Annahme nicht optimal kommt. Sie muss wissen, welche Pässe sie unter Stress und Zeitdruck noch spielen und welche Angreiferin auch bei eventuellem ungenauem Zuspiel den Punkt machen kann. 33 Die Annahme-Situation wird als Komplex I (KI-Situation), die Abwehr-Situation als Komplex II (KII- Situation) bezeichnet. 34 Jeder Pass bekommt eine Zahl, die von der Zuspielerin mit den Fingern angezeigt wird, z.B. „2“ (zwei Finger) für den Aufsteiger über Kopf (n. Abb. 6, S. 52) www.volleyball-training.de
Katrin Meiershofer: Anforderungsprofil einer Zuspielerin Seite 91 Diese „Pläne“ vor der eigentlichen Aktion entlasten die Zuspielerin sehr, setzen allerdings eine gewisse taktische Reife voraus. Sie muss nach jeder Aktion ihre Entscheidung beurteilen und speichern und sich auch nach einer kompletten Rotation noch an die Aktionen bei gleicher Aufstellung erinnern können. Außerdem darf sie sich nicht zu sehr von den zurechtgelegten Plänen leiten lassen - sie stellen lediglich eine Erwartungshaltung dar -, sondern immer auf alle Eventualitäten gefasst sein. Werden die Erwartungen nicht erfüllt (z.B. ungenaue Annahme, Angreiferin kommt zu langsam oder zu schnell, usw.), muss die Zuspielerin in der Lage sein, während der Spielsituation neue Entscheidungen zu treffen. Die Vorüberlegungen dürfen nie dazu führen, dass die Zuspielerin andere Merkmale, wie z.B. Blockbewegungen, Timing-Probleme der Angreiferin oder auch Unsicherheiten bezüglich der eigenen Fähigkeiten nicht mehr wahrnimmt. Schwieriger gestalten sich die Vorüberlegungen bei eigenem Aufschlag, weil hier das erste Zuspiel nach einer Abwehraktion (KII-Situation) erfolgt. Das bedeutet, dass es nach einem Angriff des Gegners eine Vielzahl an möglichen Situationen geben kann (z.B. ein erfolgreicher Block, abgefälschte Bälle, Finten, harte Angriffe, usw.). In der Regel ist nicht davon auszugehen, dass die Abwehr zielgenau zur Zuspielposition erfolgt. Andererseits kann es passieren, dass der Gegner Probleme hat (aufgrund eines druckvollen Aufschlages, Abstimmungsschwierigkeiten, Annahmefehler, usw.) und ein leicht anzunehmender Ball 35 übers Netz gespielt wird. Im Normalfall werden schon vor dem Spielzug Angriffskombinationen ausgemacht, die bei einem leichten Ball oder einer guten Abwehr gespielt werden. Aber auch hier können keine genauen Pläne gemacht werden, da die Möglichkeiten, wie sich die Situation schließlich für die Zuspielerin präsentiert, zu vielfältig sind. Trotzdem kann die Zuspielerin einige Vorüberlegungen anstellen, insbesondere im Bereich der gegnerischen Blockanalyse und im Bereich der eigenen Angreiferinnen (Form, Fähigkeiten, usw.) Bei beiden Situationen (KI- und KII-Situation) muss die Zuspielerin immer den Spielstand und den bisherigen Verlauf des Spiels beachten. Die zweite Phase ist die Wahrnehmung der unmittelbaren Spielsituation. 35 Dazu zählen Bälle, die vom Gegner im oberen oder unteren Zuspiel oder mit einem Angriffsschlag aus dem Stand über das Netz gespielt werden wenn ein druckvoller Angriffsaufbau aufgrund von Fehlern in der Annahme, Abwehr oder im Zuspiel nicht mehr möglich ist. Diese Spielsituation nennt man auch „Dankeball“-Situation. www.volleyball-training.de
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