mpg_journal_13.pdf - 5 MB - Max-Planck-Gymnasium
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Exkursionen<br />
Wie man nach Dachau fahren kann …<br />
Gedanken zur Exkursion in die KZ-Gedenkstätte<br />
Von Carmen Wirsam-Mechel und Schülern der Klasse 9d<br />
Nürtingen. Lautes Geschrei am Bahn -<br />
hof. Befehle, Tränen, Verzweif lung.<br />
Familien werden getrennt, die Kinder<br />
von den Eltern, die Frau vom Mann.<br />
Men schen werden wie Vieh in zwei<br />
Bahn waggons gequetscht. Dicht ge -<br />
drängt stehen sie Seite an Seite, Knie<br />
an Knie, Haut an Haut. Es ist so eng,<br />
dass sich niemand setzen kann. Die<br />
Luft steht. Aber die Angst geht um.<br />
Denn die Menschen kennen das für<br />
sie bestimmte Ziel: Konzentrations -<br />
lager – Dachau.<br />
So hätte eine Zugfahrt in den 1940er<br />
Jahren von Nürtingen nach Dachau<br />
be ginnen können.<br />
Etwa 75 Jahre später fuhren Men -<br />
schen aus Nürtingen nach Dachau<br />
und diese Fahrt war zum Glück an -<br />
ders. Etwa 140 Schülerinnen und<br />
Schü ler der neunten Klassen des<br />
<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Gymnasium</strong>s Nürtingen<br />
fuhren in Begleitung von acht Lehrern<br />
mit drei Bussen am 6. März 2013<br />
nach Dachau. Der Besuch der KZ-<br />
Ge denkstätte Dachau findet jedes<br />
Jahr als Kooperati-onsstudienfahrt<br />
der Fächer Geschichte und Religion<br />
statt. In diesen Bussen waren Sitz -<br />
plätze für alle da und niemand musste<br />
Angst haben.<br />
Und gerade weil jetzt niemand mehr<br />
Angst haben muss, bleibt die Frage:<br />
Warum müssen wir, die fernab von<br />
den Gräueltaten Geborenen, eigent -<br />
lich in eine KZ-Gedenkstätte fahren?<br />
Und die Antwort kann keinesfalls lauten:<br />
Weil es im Bildungsplan steht,<br />
son dern vielmehr, weil wir Menschen<br />
sind und es uns unmittelbar angeht,<br />
was Menschen mit ihren Mitmen -<br />
schen machen können. In diesem<br />
Wis sen liegt die Chance bei einer<br />
Wiederholung der Ereignisse nicht<br />
mitzumachen. Dieses Wissen zeigt,<br />
dass Neonazis, die den Holocaust<br />
leugnen, lügen. Dieses Wissen zeigt,<br />
welche ungeheure Bedeutung der<br />
Artikel eins in unserem Grundgesetz<br />
hat: „Die Würde des Menschen ist un -<br />
an tastbar.“ Diese zu schützen, ist<br />
nicht nur die Verpflichtung aller staat -<br />
lichen Gewalt, sondern es ist die Ver -<br />
ant wortung eines jeden Menschen zu<br />
jeder Zeit. Darum fahren wir Nachge -<br />
borenen von Nürtingen nach Dachau.<br />
60 Nr. 37 • Ausgabe 2013