Uns geht's ums Ganze – Mädchen auf Identitätssuche
Uns geht's ums Ganze – Mädchen auf Identitätssuche
Uns geht's ums Ganze – Mädchen auf Identitätssuche
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
8<br />
Begrüßung durch S. Wieninger, Fachforum<br />
und Fachkompetenz Diskurse geprägt und Forderungen<br />
untermauert.<br />
Die Arbeit des Netzwerks und der Münchner <strong>Mädchen</strong>arbeit<br />
zeichnet sich durch eine Mischung aus Fachlichkeit<br />
und politischem Denken aus. So haben wir Leitlinien für die<br />
geschlechtsspezifische Arbeit mit <strong>Mädchen</strong> entwickelt und<br />
kommunalpolitische Beschlüsse dazu erwirkt. In den letzten<br />
Jahren tut das Fachforum viel für den Generationendialog.<br />
Immer mehr junge Kolleginnen bringen ihre spezifischen<br />
Sichtweisen mit ein. In der Bundesrepublik ist das Fachforum<br />
einmalig. Es zeigt, dass München als Kommune frauenund<br />
mädchenfreundliche Politik macht, Einrichtungen für<br />
<strong>Mädchen</strong> und Frauen fördert und deren Fachlichkeit ernst<br />
nimmt.<br />
Natürlich hat sich das Feld der <strong>Mädchen</strong>arbeit und <strong>Mädchen</strong>politik<br />
in diesen 20 Jahren verändert: So kam insbesondere<br />
Gendermainstreaming <strong>auf</strong> die Agenda; die geschlechtsreflektierte<br />
Arbeit mit Jungen hat sich ausdifferenziert, und damit<br />
auch die Kooperationen zwischen <strong>Mädchen</strong>- und Jungenarbeit.<br />
Wie ist die Situation der <strong>Mädchen</strong> und jungen Frauen heute?<br />
Die meisten von ihnen betrachten sich nicht mehr als Opfer<br />
gesellschaftlicher Strukturen und fühlen sich gleichberechtigt.<br />
So erfreulich das ist, werden jedoch andererseits gesellschaftliche<br />
Realitäten zunehmend ignoriert. Geschlechtsspezifische<br />
Diskriminierungserfahrungen werden von den<br />
heutigen <strong>Mädchen</strong> und jungen Frauen nicht mehr als solche<br />
benannt, weil Chancengleichheit und Gleichberechtigung<br />
als Kennzeichen der Moderne gelten. Stattdessen werden<br />
diese Erfahrungen individualisiert. „Ich kann doch mein<br />
Leben selbst managen und bin meines Glückes Schmiedin“.<br />
Ungleichheit ist zum Tabu geworden.<br />
Den <strong>Mädchen</strong> wird Gleichstellung suggeriert, die aber nicht<br />
eingelöst werden kann; Stichworte sind hier die „Gläserne<br />
Decke“, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die<br />
Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern. Eine Reihe<br />
genderspezifischer Aspekte spielt hier eine Rolle:<br />
• <strong>Mädchen</strong> wählen immer noch Berufe, die „typisch weiblich“<br />
sind und entsprechend schlechte Bezahlung und<br />
geringe Aufstiegschancen bieten.<br />
• <strong>Mädchen</strong> erleben zwar, dass es unterschiedliche Lebensentwürfe<br />
und Biografien von Frauen gibt, erliegen aber häufig<br />
den Versprechungen traditioneller Rollenstereotypen.<br />
• <strong>Mädchen</strong> sind widersprüchlichen Rollenerwartungen ausgesetzt:<br />
Selbstbewusst, aber auch rücksichtsvoll sollen sie<br />
sein; sexy, aber bitte sittsam; stark, aber nicht zu dominant!<br />
• <strong>Mädchen</strong> und junge Frauen sind mit einem beispiellosen<br />
Schönheitswahn konfrontiert. Dabei bieten die neuen<br />
Medien Chancen, aber zugleich einen potenziellen Ort der<br />
Ausbeutung.<br />
• <strong>Mädchen</strong> sind immer noch massiv von sexuellem innerfamiliärem<br />
Missbrauch betroffen.<br />
• <strong>Mädchen</strong> harren länger in familiären Konfliktlagen aus<br />
und holen sich <strong>–</strong> oder erhalten <strong>–</strong> später Unterstützung als<br />
Jungs, nämlich häufig erst als Jugendliche.<br />
• Psychische Auffälligkeiten, psychosomatische Beschwerden<br />
und Essstörungen sind typische <strong>Mädchen</strong>erkrankungen,<br />
die in der Pubertät zunehmen.<br />
Dies sind nur einige von vielen Gründen, warum der Blick<br />
<strong>auf</strong> die <strong>Mädchen</strong> und ihre Situation nach wie vor notwendig<br />
ist. Dabei spielen natürlich Verschränkungen mit Bildungsstatus,<br />
Armut, Behinderung, Migrationshintergrund immer<br />
auch eine Rolle. Kein <strong>Mädchen</strong> ist „nur <strong>Mädchen</strong>“!<br />
<strong>Mädchen</strong>arbeit ist also auch heute gefordert, immer wieder<br />
neue und kreative Wege zu finden, <strong>auf</strong> die besonderen<br />
Lebenslagen von <strong>Mädchen</strong> <strong>auf</strong>merksam zu machen und ihre<br />
Konzepte weiter zu entwickeln. In diesem Sinne freue ich<br />
mich, dass dieser Kongress stattfindet und in einer spannenden<br />
referatsübergreifenden Kooperation entwickelt wurde.<br />
Ganz herzlich möchte ich mich deshalb bei der Vorbereitungsgruppe<br />
bedanken: bei Gabi Reichhelm und Gabi Nuß<br />
vom Referat für Bildung und Sport, Birgit Schweimler vom<br />
Stadtjugendamt, Michaela Ausfelder von der Gleichstellungsstelle<br />
für Frauen der Landeshauptstadt München ,<br />
Heidi Kurzhals, Hanne Güntner und Elisabeth Kretschmar-<br />
Marx vom Münchner Fachforum für <strong>Mädchen</strong>arbeit. Es war<br />
eine sehr intensive Kooperation, in die viel Zeit, Hirnschmalz<br />
und Nerven geflossen sind.<br />
Ich wünsche uns allen zwei inspirierende Tage und dass wir<br />
viele Impulse für unsere Arbeit mit den <strong>Mädchen</strong> und jungen<br />
Frauen mitnehmen.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!