Uns geht's ums Ganze – Mädchen auf Identitätssuche
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Vortrag, McSex: Wir brauchen eine neue sexuelle Revolution<br />
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Vortrag, McSex: Wir brauchen<br />
eine neue sexuelle<br />
Revolution<br />
Myrte Hilkens, Autorin<br />
<strong>auf</strong> unsere moderne Gesellschaft und die Art und Weise,<br />
wie wir Sex in Erziehung, Bildung und den Medien kommunizieren,<br />
etwas gelehrt hat, dann ist es dies: dass wir<br />
im Westen nach wie vor nur vermeintlich sexuell befreit,<br />
liberal und progressiv sind. Denn unter der Oberfläche<br />
der sexy Musikvideos, erotisch verpackten Werbespots,<br />
expliziten Pornofilme im Internet und Silikonbrüste verbirgt<br />
sich eine Welt des Sexismus, des Konservativismus und<br />
der Scham.<br />
Mein deutscher Verlag, der Orlanda Verlag, präsentierte am<br />
25. Mai in Berlin die offizielle Übersetzung meines Buches<br />
„McSex. Die Pornofizierung unserer Gesellschaft.“ In den<br />
Niederlanden führte das Buch zu hitzigen Debatten und<br />
so manchen aggressiven Reaktionen, aber dank McSex<br />
wurden auch neue Wege eingeleitet. <strong>Uns</strong>ere Regierung<br />
investiert in neue Sexualerziehungs-Kampagnen, die die<br />
Wehrbarkeit von Jugendlichen fördern sollen. Die wichtigsten<br />
Ziele des niederländischen Bildungssystems werden<br />
neu formuliert. Alle Schulen, einschließlich der islamischen<br />
und streng christlichen, müssen den Themen sexuelle<br />
Vielfalt und sexuelle Wehrbarkeit mehr Aufmerksamkeit<br />
schenken. Seltsamerweise entdeckte ich während meiner<br />
Recherchen für McSex, dass diese Fragen in beinahe keiner<br />
Schule behandelt wurden. Und das in den Niederlanden,<br />
dem vermeintlich so liberalen und fortschrittlichen Land.<br />
• Doppelte Moral: Sexismus und<br />
Konservativismus zugleich<br />
Ich sage absichtlich „vermeintlich“. Denn wenn mich<br />
meine Forschung über Pornografie, ihre Auswirkungen<br />
Es ist cool und hip, Sex einen mühelosen Akt zu nennen.<br />
Es ist cool und hip, sich laut über One-Night-Stands<br />
zu unterhalten.<br />
Es ist cool und hip zu erzählen, dass man Pornos schaut.<br />
Es ist cool und hip, wenn Rapper singen, dass Frauen<br />
Huren sind, die geschlagen werden dürfen, wenn sie<br />
nicht gehorchen.<br />
Aber es ist gleichzeitig beängstigend, verletzlich zu sein.<br />
Es ist fast beschämend, <strong>auf</strong>richtig zu sagen, dass das<br />
eigene Sexleben nicht gut läuft.<br />
Dass man Sex kompliziert findet.<br />
Dass man sich unsicher fühlt mit seinem Körper.<br />
Dass man, im Gegensatz zu den Jungen und Männern im<br />
Film, eine Erektion nicht dreißig Minuten lang halten kann.<br />
Dass der One-Night-Stand nicht so schön war, sondern<br />
dass es weh tat, und dass man Angst hatte, das zu sagen,<br />
weil man eigentlich hoffte, dass die gemeinsame Nacht der<br />
erste Schritt zu einer festen Beziehung sein würde.<br />
Dass viele Porno-Filme beleidigend und frauenfeindlich<br />
sind. Und dass man sauer ist <strong>auf</strong> all die Musiker,<br />
die für sich werben mit Frauen als Huren,<br />
die man schlagen darf, um damit den Absatz<br />
unter ihren jungen Fans zu steigern.<br />
All das sind Dinge, die man lieber nicht laut<br />
sagt. Man denkt sie vielleicht, aber man sagt<br />
sie nicht. Und wer das doch tut <strong>–</strong> das weiß ich<br />
mittlerweile besser als jeder andere <strong>–</strong> wird<br />
frontal angegriffen. Als ich in meinen Stücken,<br />
Essays, Fernsehprogrammen und schließlich<br />
meinem Buch Kritik äußerte über die derzeitige<br />
Sexualmoral, gab es heftige Reaktionen<br />
<strong>–</strong> überwiegend von Männern: Ich müsse nur<br />
mal in einer dunklen Gasse anständig anal<br />
genommen werden, dann würde ich in Zukunft