Ausgabe - 01-02 - Produktion
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4 · Unternehmen & Märkte · <strong>Produktion</strong> · 10. Januar 2<strong>01</strong>3 · Nr. 1-2<br />
INTERVIEW<br />
DR. HANNES HESSE, HAUPTGESCHÄFTSFÜHRER VDMA<br />
„Der Euro war und ist eine Erfolgsgeschichte!“<br />
CLAUS WILK, PRODUKTION NR. 1-2 , 2<strong>01</strong>3<br />
Der Maschinenbau globalisiert weiter: Bedarfe in Russland, den Staaten<br />
der ASEAN-Gemeinschaft und in den dynamischen USA werden sich<br />
in den Exportzahlen niederschlagen, so VDMA-Chef Dr. Hannes Hesse.<br />
Welche Instrumente hat der<br />
Maschinen- und Anlagenbau<br />
etabliert, um in den jeweiligen<br />
Unternehmen konjunkturelle<br />
Ausschläge abzufedern?<br />
Die Erfahrungen der Krise von<br />
2008/2009 sind in den Unternehmen<br />
noch präsent. Allerdings sind<br />
viele Ansatzpunkte für Kosteneinsparungen<br />
damals auch ausgeschöpft<br />
worden, so dass derzeit<br />
vor allem die Investitionspläne auf<br />
den Prüfstand gestellt werden –<br />
mit negativen Wirkungen auch auf<br />
den Inlandsabsatz der eigenen<br />
Branche Maschinen- und Anlagenbau.<br />
Wie sehen die Bemühungen im<br />
Personalbereich aus?<br />
Bei den Personalaufwendungen<br />
ist leider das ‚normale‘ Instrumentarium<br />
mit den Bestandteilen<br />
Arbeitszeitkonten, Zeitarbeit und<br />
Befristung von Arbeitsverhältnissen<br />
nicht mehr voll einsatzfähig.<br />
Der Anteil der Zeitarbeit ist derzeit<br />
noch auf Normalhöhe, aber hier<br />
müssen die Auswirkungen der<br />
neuen, mit Mehrkosten verbundenen<br />
branchenbezogenen Tarifverträge<br />
sorgsam beobachtet werden.<br />
Zieht denn das Mittel der<br />
befristeten Einstellungen noch?<br />
Befristungen sind wegen des zunehmenden<br />
Fachkräftemangels<br />
immer schwieriger zu realisieren,<br />
so dass nur die überwiegend wieder<br />
gut gefüllten Arbeitszeitkonten<br />
ihre Pufferfunktion unbeschadet<br />
erfüllen können. Deshalb sollte<br />
die Bundesregierung im Falle<br />
eines stärkeren Konjunktureinbruchs<br />
bereit sein, das Instrument<br />
Kurzarbeit zum Einsatz zu bringen,<br />
um die Flexibilität der Unternehmen<br />
zu verbessern.<br />
Welche Weltmärkte stehen für<br />
die Branche in diesem Jahr im<br />
Vordergrund der Aktivitäten<br />
und warum?<br />
Die Internationalisierung des<br />
deutschen Maschinen- und Anlagenbaus<br />
wird sich auch im Jahr<br />
2<strong>01</strong>3 fortsetzen. Die Dynamik der<br />
Globalisierung zeigen folgende<br />
Zahlen: Lag der Exportanteil des<br />
deutschen Maschinen- und Anlagenbaus<br />
in die EU im Jahr 20<strong>01</strong><br />
noch bei 50 Prozent, so ist er bis<br />
2<strong>01</strong>1 auf 39 Prozent zurückgegangen.<br />
Dennoch bleiben die 27 Mitgliedsstaaten<br />
die ‚Heimat‘ des<br />
deutschen Maschinen- und Anlagenbaus.<br />
Ziel muss sein, mit einem starken Euro aus der Krise zu kommen. Diesbezüglich<br />
ist VDMA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hannes Hesse optimistisch. Bild: VDMA<br />
Und welche Märkte stellen sich<br />
aus Sicht des VDMA als besondersdynamisch<br />
dar?<br />
Die dynamischsten Wachstumsmärkte<br />
liegen in Übersee. So wird<br />
China trotz aktueller Einbußen<br />
auch 2<strong>01</strong>3 der mit Abstand wichtigste<br />
Exportmarkt weltweit bleiben,<br />
gefolgt von den erstaunlich<br />
dynamischen USA. Hier gibt es einen<br />
erheblichen Nachholbedarf<br />
bei Anlageinvestitionen, vor allem<br />
in der Automobilindustrie. Die<br />
Maschinenbauexporte nach Russland<br />
werden im nächsten Jahr<br />
ebenfalls weiter zulegen, da der<br />
Druck zur Modernisierung der Industrie<br />
immer stärker zunimmt<br />
und auch Themen wie Energieeffizienz<br />
an Bedeutung gewinnen. In<br />
Asien steigt die Bedeutung der<br />
ASEAN-Gemeinschaft als Exportmarkt.<br />
Zwar sind die einzelnen<br />
Märkte eher klein, die Verflechtung<br />
untereinander und die enge<br />
Beziehung zu China sorgen aber<br />
für eine hohe Wachstumsdynamik,<br />
was sich in den Exportzahlen<br />
des deutschen Maschinen- und<br />
Anlagenbaus niederschlägt.<br />
Spürt der Maschinen- und Anlagenbau<br />
Auswirkungen der Euro-Krise<br />
und glauben die Unternehmen<br />
noch an deren glimpflichen<br />
Ausgang?<br />
Zunächst: Der Euro war und ist eine<br />
Erfolgsgeschichte für den Maschinen-<br />
und Anlagenbau als Exportindustrie.<br />
Die gemeinsame<br />
Währung ist alternativlos. Die<br />
Wirtschaftslage und damit die Investitionsbereitschaft<br />
schlägt sich<br />
selbstverständlich in unseren Exporten<br />
nieder – wir spüren also,<br />
was vor Ort los ist. In der Summe<br />
konnten wir allerdings unsere Exporte<br />
im ersten Dreivierteljahr<br />
2<strong>01</strong>2 in die EU-17 mit plus 4,9 %<br />
weiter steigern. Das ist zwar unterdurchschnittlich<br />
bei einem Gesamtexportwachstum<br />
von 6,8 %,<br />
aber immerhin stimmt das Vorzeichen.<br />
Eine andere Frage ist, wie es<br />
langfristig weiter geht.<br />
Wie schätzt der VDMA die<br />
Situation ein – optimistisch<br />
oder eher pessimistisch?<br />
Schuldenquoten von weit über<br />
100 % wie beispielsweise in Griechenland<br />
sind nicht tragbar und<br />
machen einen weiteren Schuldenschnitt<br />
eigentlich unumgänglich –<br />
wenn nicht heute, dann später.<br />
Das wird Geld kosten, und diesmal<br />
nicht nur die privaten Gläubiger,<br />
sondern auch die EZB und<br />
auch Deutschland direkt.<br />
Gerade aber die positiven Entwicklungen<br />
in den Krisenländern,<br />
die begonnen haben, ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu steigern, machen<br />
Hoffnung, dass es durchaus<br />
‚glimpflich‘ ausgehen kann und<br />
wir unser Währungssystem stabilisieren<br />
und zukunftsfest machen<br />
können.<br />
Das Ziel muss sein, mit einem gestärkten<br />
Euro aus der Krise zu<br />
kommen. Das kann klappen, ich<br />
bin grundsätzlich optimistisch.<br />
Entscheidend dafür<br />
wird sein, dass der<br />
Reformdruck in den<br />
Krisenländern aufrechterhalten<br />
bleibt.<br />
Konjunktur<br />
NOTE<br />
3<br />
INTERVIEW<br />
DR. ANDREAS GONTERMANN, ZVEI<br />
„Die Firmen werden agiler“<br />
FACHVERBAND AMA<br />
Sensorik exportieren<br />
SABINE SPINNARKE<br />
PRODUKTION NR. 1-2 , 2<strong>01</strong>3<br />
Der ZVEI beobachtet die Ausschläge<br />
des Elektronikmarktes genau.<br />
Chefvolkswirt Dr. Andreas Gontermann<br />
zu den Konjunkturtrends:<br />
Mit welcher wirtschaftlichen<br />
Entwicklung rechnen Sie?<br />
Bedingt durch die Euro-Schuldenkrise<br />
und die globale Konjunkturabkühlung<br />
waren <strong>Produktion</strong> und<br />
Umsatz in der deutschen Elektroindustrie<br />
2<strong>01</strong>2 leicht rückläufig.<br />
Für das kommende Jahr erwarten<br />
wir wieder leichtes Wachstum.<br />
Können konjunkturelle Ausschläge<br />
abgefedert werden?<br />
Die Konjunkturausschläge sind in<br />
den vergangenen Jahren immer<br />
volatiler geworden. Die Firmen<br />
haben sich hierauf eingestellt und<br />
agieren entsprechend flexibler.<br />
Welche Weltmärkte stehen im<br />
Vordergrund Ihrer Aktivitäten?<br />
2<strong>01</strong>1 und 2<strong>01</strong>2 haben sich die Exporte<br />
in die USA, nach Osteuropa<br />
sowie Südostasien und Lateinamerika<br />
überdurchschnittlich gut<br />
entwickelt. Die Ausfuhren in die<br />
Chefvolkswirt Dr. Andreas Gontermann<br />
erwartet ein leichtes Wachstum<br />
der Elektroindustrie. Bild: ZVEI<br />
Eurozone waren dagegen im vergangenen<br />
Jahr rückläufig. Das<br />
künftige Wachstum der Branchenausfuhren<br />
dürfte ebenfalls vor allem<br />
in den aufstrebenden Schwellenländern,<br />
aber auch in den USA<br />
generiert werden. Im Ranking der<br />
TOP-Abnehmerländer belegt China<br />
inzwischen Rang zwei – hinter<br />
den USA und vor Frankreich, die<br />
hier über Jahrzehnte regelmäßig<br />
die Spitzenstellung innehatten.<br />
Wie beurteilen Sie die Auswirkungen<br />
der Euro-Krise?<br />
Nachdem die Europäische Zentralbank<br />
angekündigt hat, im<br />
Zweifel – unter Auflagen – unbegrenzt<br />
Staatsanleihen zu kaufen,<br />
hat sich die Lage an den Kapitalmärkten<br />
zuletzt wieder beruhigt.<br />
Wichtig ist, den Reformkurs beizubehalten,<br />
um die Tragfähigkeit<br />
der privaten wie auch öffentlichen<br />
Schulden sowie die internationale<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
der schlingernden Volkswirtschaften<br />
nachhaltig wieder herzustellen.<br />
Große technologische Herausforderungen<br />
sind...<br />
Eine beim IW Köln erschienene<br />
Studie bezeichnete die globalen<br />
Megatrends mit den zehn Schlagworten<br />
Globalisierung, Wohlstand,<br />
technischer Fortschritt, demografischer<br />
Wandel, Urbanisierung,<br />
Ressourcenknappheit, Klimawandel,<br />
Wissen und Information,<br />
Investitionen und Infrastruktur<br />
sowie Sicherheit.<br />
Diese gehen mit<br />
enormen weltweiten<br />
Herausforderungen<br />
einher.<br />
Konjunktur<br />
NOTE<br />
3<br />
PRODUKTION NR. 1-2 , 2<strong>01</strong>3<br />
AMA-Geschäftsführer Dr. C. Thomas<br />
Simmons sieht gute Chancen<br />
auch für kleinere Sensorik- und<br />
Messtechnik-Unternehmen überproportional<br />
zu wachsen.<br />
BERLIN (SP). Thomas Simmons:<br />
„Wir rechnen für die Sensorik und<br />
Messtechnik mit einer etwas besseren<br />
Entwicklung in diesem Jahr,<br />
verglichen mit der gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Da der<br />
Bedarf an intelligenter Technik in<br />
allen Industriezweigen weiter zunimmt,<br />
wird der Bedarf an Sensorik<br />
und Messtechnik überproportional<br />
steigen.<br />
Aus unserer Sicht können sich<br />
Mitgliedsunternehmen Vorteile<br />
schaffen, indem sie in möglichst<br />
viele Industriezweige und Regionen<br />
liefern. Auch kleinere und<br />
mittlere Unternehmen können die<br />
Exportmärkte außerhalb Europas<br />
gezielt angehen und so die eigenen<br />
Absatzmärkte erweitern.<br />
Wir glauben, dass China ein<br />
wichtiger und ausbaufähiger Markt<br />
ist und auch bleibt. Die chinesische<br />
Regierung unterstützt den Einsatz<br />
Dr. C. Thomas Simmons: „Ich hoffe,<br />
dass die Eurozone intakt bleibt.“<br />
Bild: AMA/Bernd Oertwig<br />
modernster Technologien mit<br />
enormen Summen, dadurch ist<br />
dieser Markt eine interessante<br />
Chance auch für kleinere und mittelständische<br />
Unternehmen.<br />
Ich hoffe, dass die Eurozone intakt<br />
bleibt. Sollte der Euro abgewertet<br />
werden, würde das unserem<br />
Export und dem Binnenmarkt<br />
durch indirekte Exporte helfen. Da<br />
Sensoren und Sensortechniken<br />
ja auch<br />
in Produkte integriert<br />
werden, die dann exportiert<br />
werden.“<br />
Konjunktur<br />
NOTE<br />
3