Ausgabe - 17 - Produktion
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25. April 2013 · Nr. <strong>17</strong> · <strong>Produktion</strong> · Trends & Reports · 11<br />
Erdgaslagerstätten<br />
So profitiert Deutschland vom Fracking-Fieber<br />
Robert Wouters<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>17</strong>, 2013<br />
Die Förderung aus unkonventionellen Erdgaslagerstätten hat in den<br />
USA mittlerweile ein nahezu revolutionäres Umdenken zur Folge. Nun<br />
stehen Deutschland und Europa auch kurz davor, dem Fracking-Fieber<br />
zu erliegen.<br />
Landsberg (pd). Amerikas Schiefergas-Rausch<br />
hat längst auch<br />
Deutschland und Europa erfasst.<br />
Doch viele Experten sind skeptisch:<br />
„Wer außerhalb der USA auf<br />
eine Schiefergas-Revolution wartet,<br />
wird enttäuscht werden“, stellte<br />
die Deutsche Bank 2011 in einer<br />
Studie fest. An dieser Einschätzung<br />
hat sich für Deutschland und<br />
Europa auch im Jahr 2013 nichts<br />
geändert.<br />
Aber gibt es vielleicht nicht doch<br />
den einen oder anderen deutschen<br />
Industriezweig, der vom Fracking<br />
profitieren könnte? Burkhard<br />
Grundmeier beim WEG Wirtschaftsverband<br />
Erdöl- und Erdgasgewinnung<br />
e. V. in Hannover sagt:<br />
„Die Erschließung und Ausbeutung<br />
der Vorkommen ist traditionell<br />
fest in der Hand der großen<br />
internationalen Konzerne.“ Er<br />
meint damit nicht nur die Öl- und<br />
Gaskonzerne wie Exxon, BNK Petroleum,<br />
Wintershall oder BG International.<br />
Auch die Unternehmen,<br />
die Bohrungen durchführen, die<br />
Bohrfelder ausrüsten und mit ihrer<br />
Technologie dafür sorgen, dass die<br />
Rohstoffe aus der Tiefe kommen,<br />
gehören zu einem kleinen Kreis<br />
international tätiger Großkonzerne.<br />
Marktführer ist mit etwa<br />
113 000 Mitarbeitern und einem<br />
Umsatz von an die 40 Mrd. US-<br />
Dollar die Schlumberger Limited<br />
mit Unternehmenssitz in Wil-<br />
lemstad auf der Insel Curaçao. Im<br />
Ranking gefolgt von amerikanischen<br />
Größen wie Halliburton<br />
oder Baker Hughes. Burkhard<br />
Grundmeier sagt: „Natürlich greifen<br />
die großen Unternehmen bei<br />
der Niederlegung von Bohrungen<br />
in Deutschland oder Europa auf<br />
lokale Subunternehmer und Partner<br />
zurück. Sie haben ja auch überall<br />
ihre Niederlassungen. Aber sie<br />
dominieren wirklich die gesamte<br />
Industrie.“ Wie sieht es dann bei<br />
den Schiefergas-Vorkommen in<br />
Deutschland aus? Nach aktuellen<br />
Schätzungen der Bundesanstalt für<br />
Geowissenschaften und Rohstoffe<br />
Ernüchternde Kostenbilanz<br />
für deutsches Schiefergas<br />
(BGR) in Hannover gibt es davon<br />
zwischen 0,7 bis 1,3 Billionen Kubikmeter.<br />
Bezogen auf den aktuellen<br />
deutschen Jahresverbrauch<br />
von etwa 95 Millionen Kubikmeter<br />
wäre also etwa der Bedarf für 13<br />
Jahre förderbar. Aber: „Erst wenn<br />
die Gaspreise deutlich stiegen,<br />
wäre die Förderung aus unkonventionellen<br />
Erdgaslagerstätten in der<br />
EU wirtschaftlich.“ Zu diesem Ergebnis<br />
kommt zum Beispiel Florens<br />
Flues, Umweltökonom beim<br />
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung<br />
(ZEW). Er und<br />
die Experten dort rechnen in ihrem<br />
aktuellen Energiemarktbarometer<br />
Fracking in Deutschland: ExxonMobil fördert seit 2010 Erdgas in Goldenstedt Z<strong>17</strong> (Landkreis Vechta).<br />
vor: Eine Megawattstunde konventionell<br />
gefördertes Erdgas kostet<br />
(Stand Februar 2013) an den Großhandelsbörsen<br />
etwa 27 Euro. Dieser<br />
Preis müsste auf 40 bis 50 Euro<br />
pro Megawattstunde steigen, damit<br />
sich die Ausbeutung unkonventioneller<br />
Gasvorkommen in der<br />
EU überhaupt erst rechnet. Aber<br />
nicht nur diese ernüchternde Kostenbilanz<br />
könnte Glücksritter von<br />
einem deutschen Schiefergas-<br />
Rausch abhalten. Denn in Deutschland<br />
gehören Bodenschätze<br />
grundsätzlich dem Staat. Das ist<br />
zum Beispiel in den USA ganz anders:<br />
Dort profitiert davon der, auf<br />
dessen Grundstück sie gefunden<br />
werden. Und doch: Mittelbar erwartet<br />
Bundeswirtschaftsminister<br />
Philipp Rösler große Auswirkungen<br />
der amerikanischen Schiefer-<br />
gasvorkommen auf Europa. Denn<br />
die können die Wettbewerbssituation<br />
am Gasmarkt zu unserem<br />
Vorteil verändern. Wie die Internationale<br />
Energieagentur (IEA) prognostiziert,<br />
werden die USA bis zum<br />
Jahr 2015 zum größten Gasproduzenten<br />
der Welt aufsteigen. EU-<br />
Energiekommissar Günther Oettinger<br />
sieht in der massiven Ausweitung<br />
der US-Gasförderung einen<br />
deutlich stärkeren Wettbewerb<br />
auf dem Gasmarkt. Davon könnten<br />
auch Deutschland und unsere Industrie<br />
insgesamt profitieren.<br />
Denn Oettinger prognostiziert: Es<br />
wird eine Entkopplung des Ölpreises<br />
vom Gaspreis und einen echten,<br />
eigenen Gasmarkt, der von<br />
Wettbewerb geprägt ist, geben.<br />
Gazprom gerät auch jetzt schon –<br />
ohne deutsches Schiefergas – unter<br />
Bild: ExxonMobil<br />
Druck. Das sagt jüngst zumindest<br />
US-Börsen-Analyst Blanchard voraus:<br />
„Gazprom kapituliert beim<br />
Preis, Einkäufer wie Eon haben<br />
bessere Karten.“ Dabei ist das Fracking-Fieber<br />
noch lange nicht vorbei.<br />
In den USA wurde erstmals<br />
1998 in großem Stil ein Gemisch<br />
von Wasser, Chemikalien und Sand<br />
unter hohem Druck in eine Felsformation<br />
gepresst, wobei das Gestein<br />
aufbricht und das Gas entweicht.<br />
Seit 2008 boomt die Gasförderung<br />
mit diesem Verfahren. Aber nicht<br />
nur dort. Denn noch größere<br />
Schiefergasressourcen als die etwa<br />
24 Billionen Kubikmeter in den<br />
USA besitzt China. Und das sind an<br />
die 36 Billionen Kubikmeter, die in<br />
Zukunft den internationalen Gasmarkt<br />
zum Vorteil von Europa in<br />
Bewegung bringen könnten.<br />
Lifecycle-Analyse<br />
Elektrische Antriebe besser als pneumatische, aber...<br />
Christoph Pohl<br />
<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>17</strong>, 2013<br />
Im direkten energetischen Vergleich<br />
von pneumatischen und<br />
elektromechanischen Zylindern<br />
scheinen letztere die Nase vorn zu<br />
haben. Doch wie steht es um die<br />
Produktökobilanz beider Systeme<br />
im Vergleich?<br />
Bauteile eines pneumatischen (li.) und elektromechanischen Zylinders (re.). Aus<br />
den Einzelteilen kann man die relevanten Umweltwirkungen ermitteln. Bild: C. Pohl<br />
Landsberg (pd). Elektromechanikzylinder<br />
haben einen besseren<br />
Wirkungsgrad als Pneumatikzylinder.<br />
Schließlich verbraucht der Zylinder<br />
während der Nutzung in den<br />
meisten Fällen weniger Energie.<br />
Dieses Ergebnis resultiert, wenn<br />
ausschließlich die Betriebsphase<br />
der Zylinder und der Energieverbrauch<br />
betrachtet werden, aber<br />
weitere Schritte wie Herstellung<br />
und Entsorgung und die Umweltauswirkungen<br />
außer Acht gelassen<br />
werden. Um einen Gesamtüberblick<br />
der Umweltauswirkungen zu<br />
erhalten, wurde in einer Produktökobilanz<br />
ein Pneumatikzylinder<br />
und ein Elektromechanikzylinder<br />
über deren gesamte Lebenswege<br />
unter Berücksichtigung verschiedener<br />
Nutzungsszenarien untersucht.<br />
Beide Zylinder haben vergleichbare<br />
Eigenschaften bezogen<br />
auf Hub, Kraft und Geschwindigkeit<br />
und wurden daher für die Ökobilanzen<br />
ausgewählt. Ziel dieses Vergleichs<br />
war es herauszufinden,<br />
welcher der beiden Zylinder unter<br />
bestimmten Voraussetzungen bezogen<br />
auf die Kriterien der Ökobilanz<br />
besser abschneidet. Die Ergebnisse<br />
dienen als Entscheidungshilfe<br />
bei der Auswahl geeigneter Zylinder<br />
in der Praxis. Das Vorgehen bei<br />
den Ökobilanzen basiert auf den<br />
ISO-Normen 14040 und 14044.<br />
Verglichen wurde ein pneumatischer<br />
Zylinder der Firma Festo mit<br />
der Bezeichnung DFP-25-100-PPV-<br />
A und das Modell RC-RSA-L-100-<br />
EU der Firma IAI. Die pneumatische<br />
Variante ist ein doppeltwirkender<br />
Führungszylinder mit einem Hub<br />
von 100 mm und einem Kolben-<br />
Durchmesser von 25 mm, der elektromechanische<br />
Zylinder ist ein<br />
Kolbenstangenzylinder ebenfalls<br />
mit einem Hub von 100 mm. Er beinhaltet<br />
einen Schrittmotor und<br />
besitzt eine Kugelumlaufspindel.<br />
Für die Untersuchung beider<br />
Ökobilanzen wurden identische<br />
Ausgangszenarien bei der Nutzungsphase<br />
angenommen. Diese<br />
beziehen sich vor allem auf die<br />
Hubanzahl der Zylinder. Energiebedarfe<br />
wurden entsprechend als<br />
Basis der Szenarien messtechnisch<br />
aufgezeichnet. Betrachtet<br />
wurde der gesamte Lebenszyklus<br />
inklusive der Entsorgung. Zur Bestimmung<br />
der einzelnen Materialien<br />
der Zylinder mussten diese<br />
zerlegt und entsprechend verwogen<br />
werden.<br />
Größtes Einsparpotenzial bei<br />
hohem Druckluftverbrauch<br />
Aus der Stückliste mit den Gewichten<br />
und der Kenntnis der<br />
Materialien des jeweiligen Zylinders<br />
konnte anhand von Datenbanken<br />
der ‚ökologische Rucksack‘<br />
der Herstellung rekonstruiert<br />
werden. Analog wurde für die<br />
Entsorgung vorgegangen.<br />
Die beiden Zylinder wurden im<br />
Rahmen der Ökobilanz in Bezug<br />
auf die Umweltwirkungen: Treibhauspotenzial<br />
(GWP), Versauerungspotenzial<br />
(AP) und die Flächeninanspruchnahme<br />
untersucht<br />
und verglichen.<br />
Die Vorteile des elektromechanischen<br />
Zylinders, die dieser in der<br />
energetischen Gegenüberstellung<br />
im Vergleich zu pneumatischen<br />
Zylindern aufweist, zeigte sich auch<br />
bei den Umweltauswirkungen.<br />
Die größten Einsparungen durch<br />
die Elektromechanik sind zu erzielen,<br />
wenn die Nutzung und somit<br />
der Strombedarf beziehungsweise<br />
der Druckluftbedarf hoch ist. In<br />
diesem Fall überwiegen die Vorteile<br />
der Elektromechanik mit dem<br />
besseren Wirkungsgrad, geringerem<br />
Strombedarf und somit auch<br />
deutlich geringeren Umweltauswirkungen.<br />
In der Praxis sollte<br />
folglich bei großer Leistung und<br />
Hubzahl der elektromechanische<br />
Zylinder gewählt werden. Unter<br />
Umweltgesichtspunkten lohnt sich<br />
eine Substitution schon bei wenigen<br />
Hüben von etwa einem Takt<br />
pro Minute.<br />
Vorteile auch bei den<br />
Umweltauswirkungen<br />
Bezogen auf die in den vorliegenden<br />
Ökobilanzen getroffenen<br />
Annahmen wird der Vorteil der<br />
Elektromechanik bei allen Szenarien<br />
deutlich. Die Elektromechanik<br />
ist die umweltfreundlichere Technik,<br />
weil sie die geringeren Umweltauswirkungen<br />
in der Nutzungsphase<br />
aufweist.