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Doch den internationalen Schienengüterverkehr<br />
hat der zweigleisige Rekord-Tunnel bislang nicht<br />
so beflügeln können, wie Optimisten vor der<br />
Eröffnung prognostizierten. 2010 durchquerten<br />
täglich nur sechs Güterzüge den Eurotunnel, wie<br />
die Betreibergesellschaft kürzlich bekannt gab. Sie<br />
beförderten 1,1 Millionen Tonnen Fracht, während<br />
Lkw auf Shuttle-Zügen über 14 Millionen Tonnen<br />
Fracht durch den Tunnel transportierten.<br />
Ein Grund dafür: Die britische Eisenbahn-<br />
Infrastruktur passt mit der europäischen in einem<br />
wesentlichen Punkt nicht zusammen. Auf der<br />
Insel misst das sogenannte Lichtraumprofil – die<br />
Breite der Fahrzeuge – nur 2,65 Meter. Güterwagen<br />
mit europäischen Abmessungen sind jedoch über<br />
30 Zentimeter breiter, sodass sie zwar durch den<br />
Tunnel, nicht aber über konventionelle britische<br />
Strecken rollen können.<br />
Doch auch hier gibt es Fortschritte: Seit Januar<br />
können Güterwagen mit europäischen Maßen<br />
zumindest den Londoner Rangierbahnhof<br />
Barking erreichen. Denn die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />
„High Speed 1“ vom Tunnelportal<br />
in Folkstone bis London verfügt über europäisches<br />
Lichtraumprofil, ebenso wie der Rangierbahnhof<br />
in der britischen Hauptstadt. DB Schenker Rail,<br />
schon heute der führende Anbieter im internationalen<br />
Schienengüterverkehr von und nach Großbritannien,<br />
erwartet von dieser Innovation positive<br />
Impulse für den Verkehr unter dem Ärmelkanal.<br />
Auf Höhe 550 durch die Alpen<br />
Europas zentrales Verkehrshindernis besteht<br />
aber nicht aus Salzwasser, sondern aus Fels. Als<br />
mächtiger Riegel trennen die Alpen Mittel- von<br />
Südeuropa. Die drei bedeutsamen transalpinen<br />
Schienenrouten überwinden das Hochgebirge<br />
traditionell in schwindelnder Höhe: Die Gotthardbahn<br />
auf 1.150 Metern, die Lötschberg-Simplon-<br />
Route auf 1.240 Metern, die Strecke über den<br />
Brenner gar auf 1.370 Metern. Steile Rampen und<br />
historische Tunnels limitieren die Kapazitäten auf<br />
diesen legendären Bergstrecken.<br />
Doch die Eisenbahn findet neue Wege durch<br />
das Hochgebirge. Durch den ersten Alpenbasistunnel<br />
am Lötschberg in der Schweiz überqueren<br />
Güterzüge seit 2007 den Alpenhauptkamm auf<br />
nur noch 828 Meter über dem Meer – 400 Meter<br />
tiefer als die konventionelle Strecke. Die zweite<br />
Röhre, nur ein paar Kilometer östlich, sprengt alle<br />
Dimensionen: Der 57 Kilometer lange Gotthard-<br />
Basistunnel, der 2010 durchgeschlagen wurde, ist<br />
der längste Tunnel der Welt und schafft die erste<br />
„Flachbahn“ über die Alpen. Voraussichtlich ab<br />
2017 werden Güterzüge die Alpen durch diese<br />
spektakuläre Röhre nur 550 Meter über dem Meer<br />
überqueren. Zum Vergleich: München liegt auf<br />
520 Metern. Ergänzt wird die neue Gotthard-Route<br />
weiter südlich bei Lugano durch den 15 Kilometer<br />
langen Ceneri-Basistunnel, dessen Inbetriebnahme<br />
allerdings noch bis 2019 auf sich warten lassen wird.<br />
Mit ihren Basistunnels an Gotthard und Lötschberg<br />
schafft die Schweiz die Kapazitäten, um die seit<br />
UNTERSEEBAHN:<br />
Das Terminal Folkestone<br />
auf der<br />
britischen Seite des<br />
Eurotunnels mit dem<br />
Tunnelportal in der<br />
Bildmitte und dem<br />
Ärmelkanal rechts im<br />
Hintergrund.<br />
railways | 11