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RegJo Niedersachsen Ausgabe 2/13

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94 Politik regjo niedersachsen regjo niedersachsen Politik 95<br />

BERLIN<br />

Die niedersächsische<br />

Landesvertretung<br />

in Berlin. Das<br />

Gebäude „In den<br />

Ministergärten“ teilt<br />

man sich mit der<br />

Landesvertretung<br />

Schleswig-Holsteins.<br />

Die größte niedersächsische Landesvertretung steht<br />

in Berlin. In der Straße „In den Ministergärten“, auf<br />

halbem Weg zwischen Potsdamer Platz und Brandenburger<br />

Tor, wurde 2001 ihr neues Gebäude<br />

eingeweiht – welches man sich allerdings mit der<br />

Landesvertretung Schleswig-Holsteins teilt. Eine<br />

Landesvertretung an sich gibt es jedoch schon fast<br />

so lange, wie es die Bundesländer selbst gibt.<br />

Derzeit arbeiten für die <strong>Niedersachsen</strong> 38 Mitarbeiter<br />

und zwei Auszubildende in Berlin – im Vergleich<br />

zu anderen Bundesländern eine eher mittelgroße<br />

Vertretung. Der große Stellenwert der<br />

Landesvertretung zeigt sich daran, dass sie organisatorisch<br />

eine eigene Abteilung der Staatskanzlei darstellt<br />

und von einem Staatsekretär geleitet wird. Die<br />

wesentliche Aufgabe der Landesvertretung ist die<br />

Mitwirkung an der Gesetzgebung des Bundes über<br />

den Bundesrat: Die Beschlüsse im Plenum des Bundesrats<br />

werden in Ausschüssen vorbereitet. In diesen<br />

arbeiten in der Regel die Referenten vor Ort, wobei<br />

sie in enger Abstimmung mit ihren Heimatministerien<br />

stehen – die auch zusätzlich Vertreter für die Sitzung<br />

entsenden können. Abstimmen darf in den Ausschüssen<br />

jedes Land allerdings nur mit einer Stimme,<br />

während es im Plenum des Bundesrates eine Gewichtung<br />

nach Bevölkerungszahl gibt. Nordrhein-Westfalen,<br />

Bayern, Baden-Württemberg und <strong>Niedersachsen</strong><br />

haben dort je sechs Stimmen; kleine Länder wie<br />

Bremen oder das Saarland haben nur drei. Insgesamt<br />

hat der Bundesrat 69 Stimmberechtigte. Bei der Beratung<br />

und Beschlussfassung über die Bundesgesetze<br />

steht die Interessenslage eines jedes Landes im Vor-<br />

Bild: Landesvertretung <strong>Niedersachsen</strong><br />

dergrund – parteipolitische Unterschiede sind deshalb<br />

im Bundesrat manchmal nur schwer auszumachen.<br />

Neben dieser direkten Mitwirkung am Gesetzgebungsprozess<br />

hat die Landesvertretung die Aufgabe,<br />

das Land angemessen zu repräsentieren: <strong>Niedersachsen</strong><br />

ist mit Kongressen und Podiumsdiskussionen präsent,<br />

mit Ausstellungen, Lesungen, Konzerten und Vorträgen.<br />

Wichtige Unternehmen des Landes präsentieren<br />

sich und knüpfen Kontakte zu Politikern, Behörden,<br />

Botschaftsvertretern und Organisationen. Darüber<br />

hinaus führt die Landesvertretung Führungen und<br />

Empfänge für Besuchergruppen aller Art durch. Als<br />

Repräsentanten und Lobbyisten für ganz <strong>Niedersachsen</strong><br />

pflegen die Mitarbeiter intensive Kontakte zu den<br />

Institutionen des Bundes und Europas, zu Ministerien,<br />

Kommissionen, Parlamenten oder Verbänden.<br />

BRÜSSEL<br />

Flagge zeigen in „Europas Hauptstadt“ – die niedersächsische<br />

Landesvertretung in Brüssel.<br />

Südafrika<br />

Bild: Heddrich/Bild@hdmh.eu<br />

Während die Arbeit in Berlin ihren<br />

Schwerpunkt auf der direkten Mitwirkung<br />

am Gesetzgebungsprozess hat, arbeitet die<br />

Landesvertretung in Brüssel weitgehend<br />

auf informeller Ebene. Man versteht sich<br />

schwerpunktmäßig als Interessenvertreter<br />

für europabezogene Anliegen des Landes.<br />

20 Mitarbeiter arbeiten seit 2002 in der<br />

Rue Montoyer 61 in Brüssel, die Landesvertretung<br />

an sich gibt es aber schon seit<br />

1987. Und auch in Brüssel teilt man sich das<br />

Gebäude mit Kollegen – den zwei Regionsvertreterinnen<br />

der Haute-Normandie. Und<br />

noch andere Repräsentanzen hat man im<br />

Haus: Die Deutsche Messe AG, die Salzgitter<br />

AG und die Unternehmerverbände <strong>Niedersachsen</strong><br />

sind ebenfalls mit Mitarbeitern<br />

vor Ort. Ein Sinnbild für die gute Zusammenarbeit,<br />

auf die es in Brüssel ankommt.<br />

Während die formelle Beteiligung<br />

<strong>Niedersachsen</strong>s am Gesetzgebungsprozess<br />

über den Bundesrat in Berlin nach Brüssel<br />

läuft, agiert die Landesvertretung vor Ort<br />

über informelle Netzwerke und das klassische<br />

Klinkenputzen. Jahrelange praktische<br />

Erfahrung in der Arbeit mit den EU-<br />

Institutionen und ein guter persönlicher<br />

Draht zu den EU-Beamten und Parlamentariern<br />

sind hier eindeutig von Vorteil. Es<br />

geht vorrangig darum, sich in den europäischen<br />

Meinungsbildungsprozess einzuschalten<br />

und der Stimme des Landes quasi<br />

durch die Hintertür Gehör zu verschaffen.<br />

Das heißt, es werden etwa durch die Referenten<br />

vor Ort oder durch Ministeriumsvertreter<br />

aus Hannover direkte Gespräche<br />

mit Entscheidungsträgern aus Europäischer<br />

Kommission, Parlament oder Ministerrat<br />

geführt. So haben sich in den letzten Jahren<br />

zum Beispiel auch alle Ministerpräsidenten<br />

immer wieder für den Erhalt des<br />

VW-Gesetzes eingesetzt. Entsprechend<br />

häufig ist hoher Besuch aus der Landeshauptstadt<br />

zu Gast in Brüssel – zu bilateralen<br />

Gesprächen, aber auch auf öffentlichen<br />

Podiumsdiskussionen oder vertraulichen<br />

Gesprächsrunden, die von der Landesvertretung<br />

organisiert werden. In umgekehrte<br />

Richtung, nach Hannover, versteht man<br />

sich als „Frühwarnsystem“. Geschätzte 60<br />

bis 70% der Rechtsetzung in Deutschland<br />

gehen auf Brüsseler Entscheidungen zurück<br />

– entsprechend wichtig ist die Beobachtung<br />

aller wichtigen Gesetzgebungsverfahren<br />

und Politikbereiche. Die Landesvertretung<br />

informiert die Landesregierung und<br />

ihre Dienststellen über relevante Brüsseler<br />

Entwicklungen und liefert eine erste Einschätzung<br />

ab. Zum Beispiel werden die Diskussionen<br />

um die neue EU-Fördermittelperiode<br />

von 2014 bis 2020 oder die künftige<br />

Klima- und Energiepolitik genau beobachtet.<br />

Und natürlich gibt es auch festliche<br />

Anlässe – im Februar etwa das traditionelle<br />

Grünkohlessen, zu dem der Ministerpräsident<br />

300 bis 400 hochrangige Brüsseler<br />

Gäste in die Landesvertretung einlädt. Die<br />

typisch niedersächsische Küchenkultur liefert<br />

eine zwanglose Atmosphäre zum Kontakteknüpfen<br />

– wichtig für das Networking.<br />

Einfach ist die Arbeit der Landesvertretung<br />

nicht – über 300 regionale Vertretungen<br />

aus der gesamten EU sind in „Europas<br />

Hauptstadt“ präsent. Ein vielstimmiger<br />

Chor, in dem es eine besondere Herausforderung<br />

ist, sich Gehör zu verschaffen,<br />

indem man irgendwie „anders“ ist. Wobei<br />

es die deutschen Landesvertretungen, die<br />

auch untereinander gut zusammenarbeiten,<br />

deutlich leichter haben als etwa ihre<br />

französischen Pendants: Da die Bundesländer<br />

für den innerdeutschen Gesetzgebungsprozess<br />

– anders als im zentralistischen<br />

Frankreich – eine große Rolle spielen, wird<br />

durchaus auf Länderanliegen Rücksicht<br />

genommen, was einen leichteren Zugang<br />

zu den EU-Entscheidungsträgern mit sich<br />

bringt. Mit Birgit Honé wurde nach zehn<br />

Jahren wieder eine für Europa verantwortliche<br />

Staatssekretärin in die Landesregierung<br />

berufen. Diese Aufwertung des<br />

Europabereichs wird bei den Brüsseler Entscheidungsträgern<br />

deutlich wahrgenommen.<br />

Sie verleiht den niedersächsischen<br />

Anliegen, für die sich Honé auch als Mitglied<br />

im EU-Organ „Ausschuß der Regionen“<br />

vor Ort in Brüssel einsetzt, zusätzliches<br />

Gewicht.<br />

Fast 20 Jahre enge Partnerschaft: Über die Repräsentanz werden zahlreiche<br />

Projekte koordiniert wie etwa im Bereich Sport.<br />

Die dritte Landesrepräsentanz ist gleichzeitig<br />

auch die kleinstmögliche: das ein-<br />

Mann-Büro in der Provinz Eastern Cape,<br />

Südafrika. Dass es das Büro überhaupt<br />

gibt, liegt an der langen und engen Partnerschaft<br />

zwischen dem Land <strong>Niedersachsen</strong><br />

und Südafrika. Nach dem Ende der<br />

Apartheid wurde 1995 eine Partnerschaft<br />

mit der Provinz Eastern Cape (EC) in Südafrika<br />

begonnen, die ein wichtiger Baustein<br />

der Internationalisierung des Landes<br />

im Sinne der Gestaltung einer zukunftsfähigen<br />

Eine-Welt-Politik ist. Die Landesregierung<br />

möchte die Kooperation mit EC<br />

fördern und weiterentwickeln, um das<br />

gegenseitige Verständnis für andere Kulturen<br />

zu stärken. Dabei sollen Entwicklungs-,<br />

Klima- und gesellschaftliche Themen<br />

im Vordergrund stehen. Priorität<br />

haben Austauschprogramme, Freiwilligendienste<br />

sowie die Zusammenarbeit mit<br />

Schulen und Hochschulen.<br />

Ein Schwerpunkt der Partnerschaft<br />

liegt im Bereich des Sports. 20<strong>13</strong> fanden<br />

unter Federführung des LandesSportBundes<br />

<strong>Niedersachsen</strong> vierzehn Austauschprojekte<br />

in den Sportarten Basketball,<br />

Boxen, Fußball, Handball, Kanu, Lebensrettung<br />

(DLRG), Leichtathletik und Triathlon<br />

sowie im Bereich Sportmanagement<br />

statt. Darüber hinaus wird jährlich<br />

ein Jugendaustausch durch die Sportjugend<br />

<strong>Niedersachsen</strong> organisiert. Besonders<br />

erfolgreich ist auch das sogenannte<br />

„weltwärts-Programm“. Hierbei entsendet<br />

der ASC Göttingen in Zusammenarbeit<br />

mit dem LandesSportBund <strong>Niedersachsen</strong><br />

und dem Ministerium<br />

für Inneres und Sport<br />

junge Freiwillige, die<br />

in Townshipschulen,<br />

Kinderheimen und<br />

Waisenhäusern Sportunterricht<br />

sowie weitere<br />

Sportaktivitäten<br />

anbieten. Dadurch<br />

wird das Leben der<br />

circa 15.000 Kinder,<br />

die durch das Programm<br />

miteinander in Berührung kommen,<br />

nachhaltig positiv verändert und<br />

strukturiert. Ab August wurde die Anzahl<br />

der Freiwilligen auf 32 erhöht. Jenseits der<br />

Sportkooperation gibt es zahlreiche weitere<br />

Projekte in den folgenden Feldern:<br />

Berufliche Bildung, Erneuerbare Energien,<br />

Hochschulkooperationen, Kultur/Jugendaustausch,<br />

Landwirtschaft, Polizeizusammenarbeit,<br />

Wirtschaft/Außenhandel sowie<br />

eine Städtepartnerschaft der Stadt Oldenburg<br />

mit der Buffalo City Municipality.<br />

Seitens der Regierung des Eastern<br />

Capes, der Provinzverwaltung und der<br />

beteiligten Institutionen wird die Partnerschaft<br />

mit dem Land <strong>Niedersachsen</strong><br />

häufig als Musterbeispiel einer regionalen<br />

Partnerschaft bezeichnet, da diese Partnerschaft<br />

durch den regelmäßigen gegenseitigen<br />

Besuch auf politischer Ebene, den<br />

Austausch von Experten sowie Sport- und<br />

Jugenddelegationen und der erfolgreichen<br />

Durchführung von konkreten Projekten<br />

gekennzeichnet ist. Lars Koenig, der<br />

Repräsentant vor Ort, kümmert sich um<br />

die Koordinierung und Umsetzung der<br />

Projekte der Partnerschaft: „Meine Aufgabe<br />

ist es, die bestehenden Projekte zwischen<br />

<strong>Niedersachsen</strong> und dem Eastern<br />

Cape zu koordinieren und mit den niedersächsischen<br />

Ministerien beziehungsweise<br />

den Kooperationspartnern und<br />

den hiesigen Departments abzustimmen,<br />

neue Kooperationsfelder zu eruieren,<br />

Delegationsbesuche auf politischer<br />

und auf Fachebene inhaltlich und organisatorisch<br />

vorzubereiten und sie hier<br />

vor Ort zu betreuen.“ Gleichzeitig ist der<br />

Repräsentant Ansprechpartner für die hiesige<br />

politische Ebene, pflegt engen Kontakt<br />

zur Deutschen Botschaft, der Gesellschaft<br />

für Internationale Zusammenarbeit<br />

und deutschen Firmen. Ferner fungiert er<br />

auch als Ansprechpartner für die niedersächsische<br />

Wirtschaft – wenn niedersächsische<br />

Firmen nach Investitionsfeldern<br />

oder Geschäftspartnern in Südafrika oder<br />

im Eastern Cape suchen, werden die Kontakte<br />

zusammen mit der Außenhandelskammer<br />

in Pretoria vermittelt.<br />

Bild: ASC Göttingen

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