Ausgabe 12/10 - Bund Deutscher Forstleute (BDF)
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Platte oder Pellets?<br />
Die deutsche Forstwirtschaft erfährt<br />
in den letzten Jahren eine Renaissance<br />
der Holznutzung in Gestalt steigender<br />
Holzpreise. Viele Teilmärke haben<br />
sich zwischenzeitlich vollständig in<br />
einen Verkäufermarkt gewandelt, nachdem<br />
die Forstwirtschaft ihr Holz teilweise<br />
über Jahrzehnte hinweg eher<br />
entsorgt denn gewinnbringend vermarktet<br />
hat. Die Rede ist vor allem von<br />
den Industrieholzsortimenten, die alternativ<br />
der stofflichen (Zellstoff, Holzwerkstoffindustrie)<br />
wie der energetischen<br />
Nutzung (direkter Hausbrand,<br />
Pelletindustrie, Biomasseheizkraftwerke)<br />
zugeführt werden können.<br />
Stofflich vs. energetisch<br />
Die Entwicklung hat mehrere Gründe.<br />
Zum einen hat die erhebliche,<br />
staatlich subventionierte Neuansiedlung<br />
von großen Platten- und Zellstoffverarbeitungskapazitäten<br />
zu einer<br />
bundesweit gestiegenen Rundholznachfrage<br />
geführt. Zum anderen haben<br />
gestiegene Öl- und Gaspreise sowie<br />
die Fördergrundsätze des Erneuerbare-Energien-Gesetzes<br />
(EEG) in den<br />
letzten Jahren für sprunghaft erhöhte<br />
Nachfrage nach Brennholz und Holzpellets<br />
gesorgt, die vielerorts in den<br />
Forstbetrieben mittlerweile nicht mehr<br />
vollständig befriedigt werden kann.<br />
Neuerdings kommt zusätzlich hinzu,<br />
dass immer neue Biomasseheizkraftwerke<br />
geplant und umgesetzt werden,<br />
die eine zusätzliche erhebliche Nachfrage<br />
nach Biomasse generieren.<br />
Gesetze der Marktwirtschaft<br />
Wir erleben hier eine Entwicklung,<br />
die den Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft<br />
folgt. Die Nachfrage an<br />
Rundholz hat in den vergangenen Jahren<br />
die Angebotsmengen in weiten Teilen<br />
überholt. Preiserhöhungen sind die<br />
notwendige Folge in einem durch die<br />
Knappheit der zu vermarktenden Güter<br />
gekennzeichneten Markt. Mittlerweile<br />
hat diese Problematik auch Teile der<br />
Sägeholzindustrie erfasst, da beispielsweise<br />
bei der Buche geringwertige<br />
Stammholzsortimente sowie Parkettholz<br />
ebenso von dem Sog der energetischen<br />
Verwertung erfasst wurden.<br />
Der Forstwirtschaft und den Betrieben<br />
kommt diese Entwicklung mehr als<br />
gelegen. In Zeiten, in denen auch der<br />
öffentliche Wald mehr nach dem jährlichen<br />
Betriebsergebnis, denn nach<br />
dem Umfang der für die Gesellschaft<br />
erbrachten Leistungen gemessen werden,<br />
führen die Preissteigerungen zu<br />
deutlich besseren Bilanzergebnissen.<br />
Die dargestellte Entwicklung hat<br />
dazu geführt, dass unabhängig von<br />
der Preisgestaltung und der Preisflexibilität<br />
der Nachfrager der Rohstoff einfach<br />
nicht mehr in der benötigten Menge<br />
zur Verfügung steht.<br />
Rohstoffverknappung<br />
Eigentlich kann es den Forstbetrieben<br />
relativ egal sein, wer das Rundholz<br />
aufkauft, solange die Preise stimmen.<br />
Viele Waldbesitzer und <strong>Forstleute</strong> argumentieren<br />
denn auch, dass dieses ein<br />
Problem der Holz verarbeitenden Industrie<br />
sei. Über Jahrzehnte wurden<br />
uns die Preise für Industrieholz quasi<br />
vorgegeben, und nun hat sich das Blatt<br />
glücklicherweise gewendet.<br />
Allerdings hat die Problematik auch<br />
eine forstpolitische Dimension. Die<br />
<strong>Bund</strong>esregierung verfolgt ein ehrgeiziges<br />
Ziel in Bezug auf die Verwendung<br />
erneuerbarer Energien. In diesem Zusammenhang<br />
wird die energetische<br />
Verwertung von Holz im Rahmen des<br />
EEG finanziell unterstützt. Dadurch<br />
können höhere Rundholzpreise an die<br />
Waldeigentümer gezahlt werden.<br />
Ebenso wurden viele der in den<br />
letzten Jahren in Deutschland angesiedelten<br />
Holzverarbeitungsindustrien mit<br />
öffentlichen Mitteln unterstützt und teilweise<br />
sicher auch erst möglich gemacht.<br />
Förderpolitik ohne<br />
Gesamtkonzeption<br />
So sehr es zu begrüßen ist, dass<br />
die <strong>Bund</strong>eskanzlerin die Energiewende<br />
zur Chefsache erklärt hat, so schwierig<br />
ist nachzuvollziehen, dass hier eine in<br />
sich wenig koordinierte Förderpolitik<br />
betrieben wird, ohne dass eine Gesamtkonzeption<br />
in Bezug auf die erforderliche<br />
Gesamtrohstoffversorgung<br />
be steht.<br />
FORSTPOLITIK<br />
Die Holznutzung erfreut sich wachsender Nachfrage. Foto: Jens Düring<br />
Der <strong>BDF</strong> spricht sich für eine gestaffelte<br />
Nutzungsstrategie aus. Diese<br />
Kaskadennutzung (erst stoffliche, dann<br />
energetische Verwendung von Holz) ist<br />
sicher nicht die Lösung aller Probleme,<br />
eine entsprechende Konzeption würde<br />
jedoch zur Entspannung der Sachlage<br />
beitragen.<br />
Aus unserer Sicht schafft die stoffliche<br />
Holzverwertung im nachgelagerten<br />
Bereich (holzbe- und -verarbeitende<br />
Industrie, Handwerk etc.) deutlich<br />
mehr Arbeitsplätze, sodass diese zunächst<br />
zu favorisieren ist. Tatsache ist<br />
aber auch, dass der Energieträger<br />
Holz aus ökologischen Gründen zukünftig<br />
eine deutlich höhere Bedeutung<br />
haben wird und daher seine energetischen<br />
Potenziale gerade unter dem<br />
Aspekt des Klimawandels auch genutzt<br />
werden müssen.<br />
Die Politik ist dringend gefordert,<br />
ihre Förderprogramme an den tatsächlichen<br />
forstlichen Nutzungskapazitäten<br />
auszurichten. Sowohl die Neuanlage<br />
von Produktionsstandorten der Holzwerkstoffindustrie,<br />
wie auch die Ansiedlung<br />
neuer Biomassekraftwerke<br />
können nur vor dem Hintergrund einer<br />
<strong>BDF</strong>aktuell <strong>12</strong>•20<strong>10</strong> 3