SJ-Ausgabe vom: 26. 02. 2012 - Sonntagsjournal
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18 Loxstedt<br />
LOXSTEDT<br />
<strong>26.</strong> Februar <strong>2012</strong><br />
Auf dem Weg zur A 20<br />
Küstenautobahn hat viele Befürworter und Kritiker<br />
BREMERHAVEN/KREIS<br />
CUXHAVEN. Kaum ein Verkehrsprojekt<br />
hat so viel Unterstützung<br />
in der regionalen<br />
Wirtschaft wie die so genannte<br />
Küstenautobahn<br />
A 20. Mit rund 116 Kilometern<br />
Länge von der geplanten<br />
Elbquerung nördlich von<br />
Stade über Bremervörde<br />
durch den Wesertunnel bis<br />
hin nach Westerstede gehört<br />
die A 20 zu den größten<br />
deutschen Neubauplanungen<br />
von Autobahnen. Die Kosten<br />
werden zurzeit auf rund 1,3<br />
Milliarden Euro geschätzt.<br />
Zurzeit laufen die Voruntersuchungen<br />
der Tier- und Pflanzenwelt<br />
im fünften und somit<br />
letzten noch ausstehenden<br />
Planungsabschnitt von der<br />
Bundesstraße 71 bei Heerstedt<br />
bis zur Bundesstraße 495 bei<br />
Bremervörde. Die Kartierungen<br />
dienen als Grundlage für<br />
die weiteren Planungsstufen<br />
wie beispielsweise Umweltund<br />
Verkehrsplanung. Seit<br />
Herbst 2011 werden die Rastvogelvorkommen<br />
im Raum<br />
erfasst. <strong>2012</strong> finden die wesentlichen<br />
Kartierungen zu<br />
verschiedenen Artengruppen<br />
wie Brutvögel und Fledermäuse<br />
statt. 2013 sollen eventuell<br />
noch Nacherfassungen erfolgen.<br />
Zeitgleich will sich auch der<br />
Parlamentarische Beirat des<br />
Fördervereins Pro A 20 auf<br />
allen Ebenen für den Bau der<br />
Küstenautobahn einsetzen.<br />
Der Parlamentarische Beirat<br />
soll die Arbeit des Fördervereins<br />
unterstützen. Er soll im<br />
Landtag, Bundestag und im<br />
Europäischen Parlament tätig<br />
werden. „Die Aktivitäten des<br />
Fördervereins, die in die Parlamente<br />
hineinreichen, werden<br />
<strong>vom</strong> Parlamentarischen<br />
Beirat koordiniert“, erklärt<br />
die CDU-Landtagsabgeordnete<br />
und Vizepräsidentin des<br />
Niedersächsischen Landstags<br />
Astrid Vockert. Sie wurde jetzt<br />
einstimmig für weitere zwei<br />
Jahre zur Vorsitzenden des<br />
Parlamentarischen Beirats gewählt.<br />
Laut Vockert hält der<br />
Beirat vor allem Kontakt zu<br />
den Entscheidungsträgern auf<br />
Bundesebene – vor allem zum<br />
Bundesverkehrsministerium<br />
– und organisiert Parlamentarische<br />
Abende.<br />
„Für uns<br />
stellt die A 20<br />
das wichtigste<br />
Infrastruktur-<br />
Projekt Norddeutschlands<br />
dar. Als transeuropäische<br />
Magistrale verbessert<br />
sie die<br />
Abwicklung der innereuropäischen<br />
Verkehrsströme nachhaltig“,<br />
betont Vockert.<br />
Auch in Berlin werde die<br />
Küstenautobahn für wichtig<br />
gehalten, berichtete unterdessen<br />
Enak Ferlemann (CDU),<br />
Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium:<br />
„Die<br />
Bauabschnitte wurden in die<br />
Liste ‚weiterer wichtiger Vorhaben‘<br />
aufgenommen.“ Die<br />
europäische Bedeutung bestätigte<br />
jüngst auch Niedersachsens<br />
Verkehrsminister<br />
Jörg Bode, auf Anfrage von<br />
zwei Abgeordneten der CDU:<br />
„Die Küstenautobahn befindet<br />
sich im Gesamtnetz des<br />
transeuropäischen Verkehrsnetzes<br />
TEN-V.“ Dieses europäische<br />
Gesamtnetz, das aus<br />
den vorhandenen und geplanten<br />
Verkehrsinfrastrukturen<br />
besteht, soll 2050 vollständig<br />
sein. Bis 2030 soll das Kernnetz<br />
vollendet sein, das das<br />
Rückgrat des Gesamtnetzes<br />
bildet. Das Kernnetz diene<br />
zur Herstellung fehlender<br />
grenzüberschreitender Verbindungen,<br />
der Beseitigung<br />
„Ich möchte die A20<br />
noch als Landtagsab-<br />
geordnete befahren.“<br />
Astrid Vockert (CDU)<br />
zum Zeitplan<br />
von Hauptengpässen und dem<br />
Aufbau multimodaler Knoten,<br />
erläuterte Bode. „Für Niedersachsen<br />
könnte der Ost-West-<br />
Korridor 2 von Warschau bis<br />
in die Niederlande von Bedeutung<br />
sein“, meinte Bode wohl<br />
mit Blick auf die Küstenautobahn.<br />
Immerhin würden die<br />
Projekte in den Kernnetzkorridoren<br />
gefördert.<br />
Allerdings gibt es nicht nur<br />
Befürworter.<br />
Inzwischen haben<br />
sich viele<br />
Bürgerinitiativen<br />
gegen die<br />
Küstenautobahn<br />
gebildet.<br />
Sie befürchten<br />
eine Zerschneidung<br />
der<br />
Landschaft,<br />
die Zerstörung von Natur<br />
und eine starke Verkehrsbelastung.<br />
Deshalb haben sie<br />
unter anderem ein Gutachten<br />
erstellt, mit der die Bedeutung<br />
der Küstenautobahn für den<br />
Hinterlandverkehr der Häfen<br />
infrage gestellt wird. Durchaus<br />
lobend äußerte sich Professor<br />
Dr. Burkhard Lemper über das<br />
Gutachten der Bürgerinitiativen<br />
gegen die geplante Küstenautobahn:<br />
„Es ist ein gut<br />
gesetztes Thema und eine <strong>vom</strong><br />
Handwerklichen her bis auf<br />
kleine Schwächen ordentliche<br />
Studie“, sagt der Direktor des<br />
Bremer Instituts für Seeverkehrswirtschaft<br />
und Logistik<br />
(ISL), der sich im Auftrag des<br />
Fördervereins A 20 mit dem<br />
Gutachten beschäftigt hat.<br />
Allerdings habe die Studie<br />
ein großes Manko: Sie beschränkt<br />
sich nur auf den Hinterlandverkehr.<br />
Und das sei<br />
zu wenig, bemängelt Lemper.<br />
„Die Hinterlandverkehre stellen<br />
nur einen relativ kleinen<br />
Teil des Güterverkehrs dar.<br />
Wichtig sind die Auswirkungen<br />
auf den Verkehr in ganz<br />
Die Jägerschaft Wesermünde-Bremerhaven<br />
setzt sich<br />
für Brücken für für Wildtiere<br />
über die A 20 ein. Zu sehen<br />
ist Sprecher Jörn Model.<br />
Für die Strecke nach Westerstede werden 1,3 Milliarden Euro einkalkuliert.<br />
Norddeutschland“, erklärt<br />
der ISL-Direktor. So seien es<br />
besonders die wachsenden<br />
Ost-West-Verkehre sowie die<br />
von und nach Skandinavien<br />
führenden, die auf der Autobahn<br />
1 für große Belastungen<br />
sorgten. „Es entstehen Staus<br />
und damit verbunden ökologische<br />
und ökonomische<br />
Kosten, die durch die A 20<br />
vermieden werden könnten“,<br />
meint Lemper. Es seien also<br />
vielmehr die überregionalen<br />
Verkehre, die die Nutzung der<br />
Immens wichtig als<br />
Ost-West-Verbindung<br />
Küstenautobahn bestimmen<br />
werden und dadurch die regionale<br />
Verkehrsinfrastruktur<br />
entlasten. Die A 20 lenke den<br />
Verkehr weg von den Bundesund<br />
Landstraßen und aus den<br />
Orten heraus.<br />
Das sieht auch Wilfried Allers,<br />
Geschäftstellenleiter des Fördervereins<br />
sowie Geschäftsführer<br />
der Industrie- und Handelskammer<br />
Bremerhaven,<br />
so: „Beim rollenden Verkehr<br />
ist der CO 2 -Ausstoß deutlich<br />
geringer als bei Stadtverkehr<br />
oder im Stau.“ Zudem würde<br />
es auch deutlich weniger Lärm<br />
in den Ortschaften geben.<br />
Die CDU-Landtagsabgeordnete<br />
Astrid Vockert sieht sich<br />
durch die ISL-Studie bestätigt:<br />
„Die A 20 ist die Zukunftsstraße<br />
der Region und das<br />
wichtigste Verkehrsprojekt in<br />
Niedersachsen.“ So sei die Küstenautobahn<br />
immens wichtig<br />
als Ost-West-Verbindung für<br />
die europäischen Reise- und<br />
Transitverkehre.<br />
Zudem würden die Autobahngegner<br />
immer wieder vergessen,<br />
wenn sie auf Alternativen<br />
zur A 20 hinwiesen, dass der<br />
Güterverkehr auch bei diesen<br />
anwachse: „Diese Verkehre<br />
sind durch den alleinigen<br />
Ausbau eines Verkehrsträgers<br />
– also nur von Schiene, Binnenschifffahrt<br />
oder Luftfahrt<br />
– nicht aufzufangen“, sagt<br />
Vockert.<br />
Zudem sei der Transport auf<br />
der Straße fl exibler.Emanuel<br />
Schiffer, Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der Containerterminal-<br />
und Logistikgruppe<br />
Eurogate, weist zudem auf<br />
Vorteile der Küstenautobahn<br />
auch für die regionalen Unternehmen<br />
hin. Das habe sich<br />
auch während der Informationsreihe<br />
„10 x 11,3 km“ herausgestellt.<br />
„Für sie ist die A<br />
20 ein Muss“, sagt Schiffer.<br />
Zum einen helfe sie ihnen,<br />
sich besser in die Märkte auszudehnen,<br />
zum anderen könnten<br />
durch sie besser Fachkräfte<br />
für die Unternehmen gewonnen<br />
werden. Die zwei wichtigsten<br />
Beispiele seien zum einen<br />
die Firma Premium Aerotec in<br />
Nordenham, die Bauteile für<br />
Airbus liefert, zum anderen<br />
Eurogate selber. „Wir benötigen<br />
zum einen gute Verbindungen<br />
zu unseren Terminals<br />
sowie auch gute Verbindungen<br />
untereinander“, sagt der<br />
Eurogate-Vorstand.<br />
Um die Finanzierung der<br />
Küstenautobahn macht sich<br />
Vockert indessen keine Gedanken.<br />
Die werde gelingen.<br />
„Wichtig ist es jetzt, die A 20<br />
in den vordringlichen Bedarf<br />
im Bundesverkehrswegeplan<br />
zu bekommen.“ Fest stehe:<br />
Als erstes Teilstück wird die<br />
Ortsumgehung Bremervörde<br />
gebaut. Vockert rechnet hier<br />
mit dem ersten Spatenstich<br />
im Jahr 2013. Die restlichen<br />
Teilstücke folgen danach. Eines<br />
steht für die Politikerin<br />
aber fest: „Ich möchte die A20<br />
noch als Landtagsabgeordnete<br />
befahren.“