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GESCHICHTE & GESCHICHTEN | Britische Polizeipistolen<br />
nicht zur Deeskalation bei. In der aufgeheizten<br />
Stimmung fiel derselbe Beschluss<br />
wie schon ein halbes Jahrhundert<br />
zuvor: Die Leute des UDR sollten<br />
verdeckt eine Kurzwaffe führen, wenn<br />
sie in Zivil Kasernen, Häuser oder Wohnungen<br />
verließen.<br />
Anfangs bekamen sie 38er Revolver der<br />
Marken Webley und Enfield. Ungefähr ab<br />
dem Jahr 1972 folgte die Walther PP im<br />
Kaliber .22 l.r. Warum gerade in .22?<br />
Vermutlich, weil das weibliche Personal<br />
nur an Kleinkaliberwaffen ausgebildet<br />
wurde. Vielleicht hatte auch ein Ballistiker<br />
entdeckt, dass die Wirkung der neuen<br />
High-Velocity-Munition auf kurze<br />
Distanz nicht so schlecht war. Walther<br />
lieferte, die Bundeswehr nahm im Zuge<br />
der Amtshilfe ab – zur Verwirrung heutiger<br />
Sammler: Diese PPs weisen keinen<br />
Hinweis auf, dass sie in Irland im Dienst<br />
waren. Bei einigen Stücken findet man<br />
freilich den schwarzen Suncorite-Lack,<br />
mit dem die Engländer bekanntlich leider<br />
alles „streichen“, dessen sie habhaft<br />
werden. <strong>Das</strong> hier vorgestellte Stück hat<br />
sich dem glücklicherweise entziehen<br />
können. Es glänzt noch in bester Walther-Tradition,<br />
wohl auch ein Hinweis<br />
auf eine „glückliche“ Dienstzeit. Ungefähr<br />
ab 1985 wurde dann noch ein verstärkter<br />
Schlagbolzen (= firing pin) eingebaut.<br />
Die derart geänderten <strong>Pistolen</strong><br />
erhielten auf dem Schlitten hinten<br />
rechts ein „P“ für „pin“ eingeschlagen,<br />
so auch bei diesem Stück. Die <strong>Waffen</strong><br />
trugen die offizielle Bezeichnung<br />
L 66 A1 „Personal Protection Weapon“.<br />
Später fand dann die Walter P5 ihren<br />
Weg nach Nordirland, die wurde aber<br />
nicht verdeckt getragen. Warum Walther?<br />
Hatte da jemand zu viele James-<br />
Bond-Filme gesehen? Oder war es doch<br />
die Qualität „made in Germany“? Vielleicht<br />
ein geniales Täuschungsmanöver<br />
des MI 5, damit nicht so ein Fiasko wie<br />
mit den an einige Agenten ausgegebenen<br />
FN High Power 35 passierte? Denn<br />
diese <strong>Pistolen</strong> stammten aus einem Sonderserienbereich<br />
von E 1 bis zirka<br />
E 10000. Es kam heraus, dass FN das „E“<br />
auf Wunsch der britischen Auftraggeber<br />
vorangestellt hatte. <strong>Das</strong> reichte. Die<br />
<strong>Waffen</strong> wurden schnellstens wieder eingesammelt.<br />
Taucht heute eine dieser<br />
FNs auf dem Sammlermarkt auf, ist sie<br />
meist fabrikneu im Originalkarton mit<br />
allem Zubehör. Es hat sich wohl keiner<br />
getraut, sie je wieder auszugeben!<br />
Heute ist in Nordirland glücklicherweise<br />
Ruhe eingekehrt, wenn auch eine gespannte.<br />
RUC und IRA gehen sich aus<br />
dem Weg. Letztere haben die <strong>Waffen</strong><br />
niedergelegt, wollen sie aber lieber<br />
nicht abgeben. <strong>Das</strong> Militär ist weg, die<br />
Politiker versuchen, so etwas wie Frieden<br />
zu schaffen. Selbst Königin Elisabeth<br />
II. konnte unlängst Nordirland besuchen<br />
– der Empfang war freundlich ...<br />
Text: Stephan Rudloff und<br />
Matthias S. Recktenwald<br />
Fotos: Wolfgang Dicke, Archiv<br />
<strong>VISIER</strong>-Service:<br />
1921 Dublin: Auch hier wieder das Black<br />
& Tan-typische, tiefgeschnallte Revolverkoppel,<br />
um so einen möglichst schnellen<br />
Zugriff zur Waffe zu ermöglichen. Der<br />
Mann rechts hält eine Winchester-<br />
Vorderschaft-Repetierflinte M 1897.<br />
Reguläre britische Truppen halten die<br />
Bevölkerung zurück. Die drei hier<br />
zu erkennenden Soldaten tragen den ab<br />
1915 im Ersten Weltkrieg eingeführten<br />
Brodie-Helm, ihre Bajonette sind<br />
auf ihre SMLE-Gewehre aufgepflanzt.<br />
IRA in den späten 1970ern in Nordirland, ein Mann (2.v.r.) führt ein Heckler & Koch G3.<br />
Davon hatte man knapp 150 Stück bei der norwegischen Polizei gestohlen.<br />
88 | <strong>VISIER</strong>.de<br />
In der Hauptpost von Dublin hängt<br />
eine spezielle Messingplakette: Damit<br />
dankt das irische Volk dem<br />
Deutschen Reich für die Unterstützung<br />
beim Osteraufstand. Dies ist<br />
die einzige den Verfassern bekannte<br />
Dankadresse für deutsche Militärhilfe.<br />
Sehenswert ist die Ausstellung<br />
im National Museum, Dublin:<br />
www.museum.ie. Mehr Info zum Osteraufstand:<br />
www.1916Rebellion<br />
museum.com, mehr zu den Hintergründen<br />
der Cairo Gang unter www.<br />
cairogang.com. Diverse irische<br />
Volkslieder besingen das Thema,<br />
zum Beispiel Dominic Behans „Come<br />
out ya Black and Tans“ oder „The Patriot<br />
Game“. Die Filme „Michael Collins“<br />
(1996) mit Liam Neeson und<br />
„The Wind That Shakes The Barley“<br />
(2006) mit Cilian Murphy und<br />
Padraic Delaney geben die Situation<br />
realistisch wieder.<br />
Oktober 2014