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interview.puls<br />
Dürfen Airlines künftig noch bei der<br />
Buchung kassieren, Herr Pontius?<br />
Das Interview führte Christian Schmicke.<br />
Gerd Pontius, Chef der Prologis AG,<br />
leistet kaufmännische und technische<br />
Beratung für Fluggesellschaften.<br />
Von der Zentrale in Hamburg<br />
und einer Niederlassung in Abu Dhabi<br />
aus hat das Unternehmen bislang<br />
für rund 20 Airlines von Air Berlin<br />
über Ryanair bis Tuifly gearbeitet.<br />
Das Interview führte<br />
xxxxxxxxxxxxxx xxxxxx.<br />
Die Verbraucherzentrale<br />
Nordrhein-Westfalen klagt gegen<br />
die Vorauszahlungspraxis von<br />
sechs deutschen Fluggesellschaften.<br />
Welche Folgen hätte es für die<br />
Airlines, wenn die Klage<br />
erfolgreich ist?<br />
Pontius: Wenn die Rechtsprechung<br />
es den Fluggesellschaften untersagt,<br />
bei der Buchung den vollen<br />
Ticketpreis zu kassieren, trifft das<br />
vor allem Airlines mit schwachem<br />
Eigenkapital und starken saisonalen<br />
Nachfrageschwankungen hart.<br />
Gerade Fluggesellschaften mit einem<br />
hohen touristischen Anteil<br />
und starker Saisonalität können<br />
ihre Liquidität heute nur ganzjährig<br />
aufrechterhalten, weil sie in<br />
Phasen mit schwacher Auslastung,<br />
also etwa im Januar, Zahlungen für<br />
Sommerbuchungen erhalten. Ich<br />
gehe davon aus, dass ein erheblicher<br />
Teil der Fluggesellschaften in<br />
einen kritischen Liquiditätsengpass<br />
geraten. Fluggesellschaften wie beispielsweise<br />
Lufthansa, die eher ein<br />
Ergebnis-, aber kein Finanzierungsproblem<br />
haben und zudem weniger<br />
saisonabhängig sind, würde die<br />
Entwicklung dagegen nicht so hart<br />
treffen. Sie würden möglicherweise<br />
sogar vom Ausfall einiger Mitbewerber<br />
profitieren.<br />
Die Kunden würden es sicher<br />
begrüßen, wenn sie erst später<br />
den gesamten Flugpreis zahlen<br />
müssten. Wie bewerten Sie<br />
das Thema?<br />
Die Diskussion hat mehrere Dimensionen.<br />
Einerseits lässt sich<br />
argumentieren, dass eine Zahlung<br />
des vollen Preises mehrere Monate<br />
vor dem Abflug eine Art zinslosen<br />
Kredit des Kunden an die Fluggesellschaft<br />
darstellt. Andererseits<br />
erkauft sich die Airline diese Vorauszahlung<br />
durch einen geringeren<br />
Preis und die langfristige<br />
Zusicherung eines Sitzplatzes. Aus<br />
Marktsicht ist zudem zu bezweifeln,<br />
dass die Verbraucher davon profitieren,<br />
falls durch eine gesetzliche<br />
Änderung der Vorauskasse-Praxis<br />
zahlreiche Airlines aufgeben müssten<br />
und der Wettbewerb verringert<br />
würde. Kritisch ist, dass hier zu<br />
Lasten der Fluggesellschaften eine<br />
Stellvertreterdebatte begonnen<br />
wird. Denn die Vorauszahlungsthematik<br />
berührt viele Branchen, etwa<br />
die Bahn, Theater-, Konzert- oder<br />
Sportveranstalter und auch die Hotellerie.<br />
Die Entwicklung der Rechtsprechung<br />
im Flugsektor wird eine<br />
erhebliche Signalwirkung haben.<br />
Warum richtet sich die Klage der<br />
Verbraucherzentrale ausschließlich<br />
gegen deutsche Airlines?<br />
Zunächst ist wohl die Luftfahrt für<br />
diese Initiative ausgewählt, da diese<br />
Branche immer ein hohes Maß<br />
an öffentlicher Aufmerksamkeit<br />
bringt. Die Fokussierung auf die<br />
Carrier, die hier registriert sind, ist<br />
durch den Einflussbereich der Verbraucherschutzorganisationen<br />
und<br />
die Zuständigkeit der deutschen Gerichte<br />
begründet. Ob man zum Beispiel<br />
einer Ryanair, deren Sitz und<br />
Buchungszentrale in Irland liegt,<br />
entsprechende Vorschriften machen<br />
könnte, ist mehr als zweifelhaft.<br />
Das heißt, ausländische<br />
Fluggesellschaften träfe eine künftige<br />
Reglementierung gar nicht?<br />
Die Konsequenzen einer gerichtli-<br />
8<br />
14.6.2013 travel.one