Einsichten - Ludwig-Maximilians-Universität München
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Sammeln von Kleinbeträgen, um beispielsweise<br />
Rechercheprojekte zu finanzieren.<br />
Ohne Geldsorgen könnte der Journalismus<br />
eine weitere neue Aufgabe wahrnehmen, die<br />
durch das Internet hinzugekommen ist: die<br />
des Moderators. Sofort entwickelt Christoph<br />
Neuberger ein neues internetgerechtes Format:<br />
Redaktionen moderieren über einen<br />
langen Zeitraum Debatten zu wichtigen Fragen<br />
der Gesellschaft, gemeinsam mit den<br />
Lesern und Experten. Um das Niveau der<br />
Diskussion zu sichern, müssen sich die Leser<br />
erst bewerben, bevor sie mitreden dürfen.<br />
Durch Abstimmungen über Zwischenergebnisse<br />
der Debatte kann der Kreis aber auch<br />
geöffnet werden. Bisher mangelt es dem<br />
Internet noch an Stellen, an denen respektvoll<br />
und sachbezogen diskutiert wird.<br />
Am Tag der Geiselnahme in Ingolstadt hat<br />
dennoch ein einzelner Nutzer für besondere<br />
Aufmerksamkeit gesorgt. Die Redakteure<br />
des Donaukuriers waren sich bewusst,<br />
dass der Geiselnehmer selbst womöglich<br />
die Nachrichten über seine eigene Geiselnahme<br />
mitlas. Laptops und Smartphones<br />
ermöglichen es, von überall aufs Internet<br />
zuzugreifen. „Tatsächlich stellte sich nach<br />
der Befreiung heraus, dass der Geiselnehmer<br />
die Berichterstattung intensiv verfolgt<br />
hatte“, teilte der Donaukurier am Tag<br />
danach auf seiner Website mit.<br />
Spezialkräfte der Polizei auf dem Weg zum Ort der Geiselnahme, Ingolstadt, 19. August 2013.<br />
Foto: Michael Dalder/Reuters/Corbis<br />
sie in naher Zukunft völlig verdrängen werden.<br />
Neuberger spricht vom „schönen Feld<br />
der Prognosen“: „Solche Spekulationen<br />
bringen nicht viel.“ Er ist sich sicher: „Die<br />
Zeitung wird so schnell nicht verschwinden.“<br />
Sie wird sich zu einer Art Luxusprodukt wandeln,<br />
eine Entwicklung, die wegen der steigenden<br />
Abopreise bereits begonnen hat,<br />
und Neuberger geht davon aus, dass es eine<br />
Marktbereinigung gibt. Für ihn ist die spannende<br />
Frage: Schaffen es die regionalen Zeitungen,<br />
ihr Standbein auszubauen?<br />
„Längerfristig, wenn die Presse weiterhin<br />
Schwierigkeiten wegen sinkender Erlöse hat,<br />
kann durchaus eine Finanzierungsform jenseits<br />
des Marktes nötig werden“, sagt Neuberger.<br />
Möglich wären staatliche Subventionen<br />
oder ein „Crowdfunding“, also das<br />
+++17:48: Die beiden Geiseln sind nach ersten<br />
Informationen unversehrt befreit worden. (…)+++<br />
+++19:03: Die Pistole des 24-Jährigen entpuppte<br />
sich als täuschend echte Spielzeugwaffe. Zudem<br />
hatte der Täter ein Messer dabei. (…)+++<br />
+++20:04: Das soll es für heute gewesen sein. Sollte<br />
nichts Außergewöhnliches mehr geschehen, ist der<br />
Liveticker damit beendet. Wir bedanken uns bei<br />
allen, die uns gelesen haben, sowie für all die Reaktionen<br />
auf Facebook und Twitter.+++ •<br />
Prof. Dr. Christoph Neuberger<br />
ist seit 2011 Lehrstuhlinhaber am Institut für Kommunikationswissenschaft<br />
und Medienforschung der LMU.<br />
Neuberger, Jahrgang 1964, habilitierte sich 2001 mit einer<br />
Arbeit über den „Journalismus im Internet“ und lehrte in<br />
Eichstätt und Leipzig, bevor er 2002 auf eine Professur an<br />
der <strong>Universität</strong> Münster berufen wurde. In Projekten<br />
befasst er sich seit 1996 mit Fragen zum Öffentlichkeitswandel<br />
im Internet. Außerdem ist er Mitglied im Beirat des<br />
Grimme-Instituts, das den Grimme Online Award verleiht.<br />
Nummer 2 / 2013 <strong>Einsichten</strong> – Das Forschungsmagazin<br />
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