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LUFTWAFFEN - Netteverlag

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GESCHICHTE<br />

Weihnachten 1918 in Koblenz<br />

– Der ‚Air Service’ in der amerikanischen Besatzungsarmee -<br />

11. November 1918. Der erste Weltkrieg ist beendet. Noch<br />

ist es erst ein Waffenstillstand, dem bald Friedensverhandlungen<br />

folgen sollen. Sicher ist jedoch jetzt schon, daß die<br />

Alliierten neben Elsass und Lothringen auch das gesamte<br />

linksrheinische Gebiet der Rheinprovinz besetzen werden.<br />

Dem ab dem 18. November 1918 zurückströmenden deutschen<br />

Heer folgen die Alliierten auf dem Fuß. Sie bleiben kurz vor der<br />

Reichsgrenze noch einmal stehen, bevor sie am 2. Dezember<br />

1918 die Grenze überschreiten. Der Korridor zwischen Trier und<br />

Koblenz soll dabei von der erst neu aufgestellten 3. US Army<br />

besetzt werden, der auch Fliegereinheiten ‚Air Service’ angegliedert<br />

sind. Das Hauptquartier des ‚Air Service’ erreicht am<br />

7. Dezember Trier-Euren und schließlich am 16. Dezember Koblenz.<br />

Zusammen mit dem Hauptquartier erreicht auch eine besondere<br />

Einheit Koblenz, die „463rd Aero Squadron“. Deren Aufgabe<br />

ist es, auf den Flugplätzen für die notwendige Infrastruktur zu<br />

sorgen, so dass alsbald fliegende Verbände den Platz belegen<br />

können.<br />

Dieser Einheit gehört auch Corporal Carl G. Searcy aus Oklahoma<br />

an, welcher folgende Feldpostbriefe an seine Frau nach<br />

Hause schickte:<br />

Coblenz, Deutschland<br />

25. Dezember 1918<br />

Liebe Buena;<br />

gestern abend bekamen wir den Hinweis, daß der Y.M.C.A. eine Veranstaltung<br />

machen würde und so verbrachte ich den Weihnachtsabend<br />

auf der Y-Show in Koblenz. Sie war ganz nett, aber es fühlte<br />

sich nicht wie ein Weihnachtsabend an. Es war recht warm und ich<br />

dachte an den Schnee, den wir am letzten Weihnachtsabend hatten.<br />

Stell Dir meine Überraschung vor, als ich am nächsten Morgen aufstand<br />

und ich den Boden mit Schnee bedeckt vorfand.<br />

Ich ging heute morgen zur Kirche. Es war die erste Messe, bei welcher<br />

ich die Freude hatte, dabei zu sein. Sie haben jeden Sonntag<br />

zwei Messen in Coblenz. Sie wird von einem amerikanischen Pfarrer<br />

gehalten. Es gibt zwei unterschiedliche Messen, eine für die Protestanten<br />

und die andere für die Katholiken. Ich werde versuchen, jeden<br />

Sonntag zu gehen, außer es gibt Arbeit, die getan werden muss.<br />

Von links nach rechts: 1st Lt. H. M. Burnham (Medical Corps),<br />

Capt. C. H. Chilson (Kommandeur der 463rd Aero Squadron)<br />

und 1st Lt. E. W. Moss (Adjutant)<br />

Gordon kam heute hoch und aß mit uns zu Abend. Ihm geht es ganz<br />

gut. Er macht Stenographiearbeiten für das Hauptquartier des ‚Air<br />

Service’ der 3. Armee.<br />

Wir haben hier ein schönes (‚dandy’) Flugfeld. Wir haben zwar noch<br />

etwas an ihm zu tun, aber es ist schon in recht gutem Zustand.<br />

Wir werden eine Menge Flughallen errichten müssen. Es sind jetzt<br />

schon einige Flugzeuge hier, für die wir eine Flugzeughalle errichtet<br />

haben.<br />

Buena Diese Weihnachten sind bei weitem keine richtigen Weihnachten.<br />

Ich sehne mich nach dem Tag, an dem wir wieder im guten<br />

alten Amerika zurück sind. Vergangene Weihnachten waren wir in<br />

Frankreich und diese in Deutschland. Die vergangenen im Krieg und<br />

diese im Frieden. Denke gerade, daß Weihnachten die vergangenen<br />

vier Jahre Krieg gesehen hat, Krieg fast überall. Es tut so gut, diese<br />

in Frieden zu verbringen. Wir hatten fast den ganzen Tag für<br />

uns selbst. Wir mussten heute nachmittag etwas arbeiten. Fast alle<br />

Kumpel gingen heute morgen in die Stadt und eine ganze Menge<br />

von ihnen wird auch heute Nacht dort sein. Ich wollte jedoch Briefe<br />

schreiben.<br />

Ich frage mich, wie es jetzt weitergehen wird. Ich habe gerade mal<br />

zwei Zeitungen in den letzten Monaten gesehen. Du siehst, wie ignorant<br />

wir gegenüber den Dingen außerhalb sind. Die Welt könnte<br />

untergehen und ich zweifele, daß wir irgendetwas davon mitbekommen<br />

würden. Ich wünschte, wir wären an einem Platz, an dem wir<br />

regelmäßig Tageszeitungen bekommen könnten.<br />

Ich muss jetzt schließen. Hoffe, Du hattest eine liebevolle Weihnacht<br />

und ich wünsche Dir ein Glückliches Neues Jahr.<br />

In Liebe<br />

Carl<br />

OK<br />

HM Burnham M.C.<br />

1st Lt. Air Service<br />

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