LUFTWAFFEN - Netteverlag
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GESCHICHTE<br />
Der Ortschronist der Stadt Lößnitz,<br />
Curt Hunger (1884 – 1964), hat die<br />
Kriegsereignisse recht genau niedergeschrieben.<br />
28<br />
Ein Fliegerschicksal: Fähnrich Dieter Fricke<br />
Ab dem 12. Mai 1944 überfliegen immer<br />
größere Bomberpulks die Stadt, am<br />
16. August 1944 vermerkt er etwa 1000<br />
feindliche Bomber. Aber erst am 24. August<br />
1944 wird auch Alberoda, das in der<br />
Nähe von Lößnitz liegt, getroffen.<br />
Sein nächster Eintrag lautet wie folgt:<br />
Bei dem Alarm am 11. September wurde<br />
in unserer Nähe Bordwaffenbeschuß<br />
wahrgenommen. Nach der Entwarnung<br />
strömten Hunderte Menschen nach der<br />
Mark, denn es war während des Alarms<br />
beobachtet worden, dass dort ein Flugzeug<br />
niedergegangen war. Ich selbst<br />
sah von meiner Wohnung aus eine dicke<br />
gelbe Staubwolke aufsteigen, ohne<br />
zunächst die Gefahr zu ahnen. Es stellte<br />
sich heraus, dass etwa 400 m hinter dem<br />
Grundstück der Schrebergärtner in Richtung<br />
Alberoda – Aue, links der Straße,<br />
ein deutscher Flieger notlanden musste.<br />
Er war in Luftkämpfe verwickelt worden,<br />
und seine Maschine zählte etwa 12 Einschläge.<br />
Der Flugzeugführer selbst war<br />
unverletzt. Wohl sperrten Polizei, Feuerwehr<br />
und Stadtwacht den Platz ab, doch<br />
war immer noch Gelegenheit, das Flugzeug<br />
genauestens zu betrachten. Freilich<br />
war es mit Gefahr verbunden, da noch<br />
Munition vorhanden und die Bordwaffen<br />
womöglich noch geladen waren. Polizeimstr.<br />
Landgraf stellte eine Aufnahme<br />
her und schrieb dazu: „Am 11.9.1944<br />
landete ein deutscher Jagdeinsitzer auf<br />
der Straße zwischen Lößnitz und Alberoda<br />
auf der Liebstraße, 100 m von<br />
der Ortsgrenze Alberoda. Das Flugzeug<br />
war im Luftkampf über dem Auersberggebiet<br />
um 12.15 h in 8000 m Höhe von<br />
feindlichen Bombern beschossen und<br />
getroffen worden. 5 Minuten später landete<br />
der Flugzeugführer Fähnrich Dieter<br />
Fricke. Der Flugzeugführer war unverletzt.<br />
Er hatte absichtlich eine Bauchlandung<br />
vorgenommen, weil sich sonst das<br />
Flugzeug auf dem unebenen Gelände<br />
überschlagen hätte. Durch feindlichen<br />
Beschuß waren beschädigt: Der Motor,<br />
das Sauerstoff-Atemgerät und die Funkanlage.<br />
Das Flugzeug gehörte zum Fliegerhorst<br />
Luckau.“<br />
Die Maschine, eine Me 109G6, wurde<br />
von zwei Männern des Volkssturmes bewacht.<br />
Es waren dies ein Herr Lindner,<br />
auf dem Foto mit Stock zu sehen, Besitzer<br />
eines Lebensmittelgeschäftes in Lößnitz,<br />
und ein Herr Enke, der ein Großhandelskontor<br />
besaß. Dessen Sohn, Bäckermeister,<br />
war damals noch ein Kind und hat<br />
die Absturzstelle nicht gesehen. Das Foto<br />
mit seinem Vater hat er von einer Verkäuferin<br />
des Geschäftes Lindner erhalten.<br />
Nach Aussage von Flugzeugführer<br />
Heinz Federwisch handelte es sich um<br />
eine Maschine aus seiner III. Gruppe mit<br />
der Kennung der Reichsverteidigung,<br />
die einige Tage später zerlegt und nach<br />
Chemnitz gebracht wurde. Mehr ist darüber<br />
nicht bekannt.<br />
Bei diesem Luftkampf war Dieter Fricke<br />
unverletzt geblieben. Wenig später flog<br />
er Kampfeinsätze in den Ardennen, und<br />
zwar mit der 10./JG 4. Seine Maschine war<br />
wieder eine Me 109G6, takt. Nr. 441909,<br />
weiße 14, Einsatzhafen Lippspringe. Am<br />
25.09., 17 h, schoß er in der Nähe von<br />
Arnheim in 2000 – 3000 m Höhe eine<br />
Mustang P 51 ab. Am 29.09.1944 verliert<br />
seine Einheit 16 Flugzeugführer, darunter<br />
auch Dieter Fricke.<br />
Im Raum Arnheim/Nijmegen hatten erbitterte<br />
Luftkämpfe stattgefunden (Operation<br />
Market Garden der Alliierten).<br />
Zwischen Alpen und Veen, nahe dem<br />
Hof Kuckuckskath, stürzte in diesem<br />
Zeitraum eine Me 109 östlich des Südendes<br />
der Thorenstraße ab. Ein Zeitzeuge<br />
hat damals den übel zugerichteten Gefallenen<br />
eigenhändig mit der Schubkarre<br />
aus dem Wald gefahren. Vor Jahren<br />
fand man dort neben Teilen einer Me<br />
109 auch zwei Stücke der Schädeldecke<br />
des Piloten. Möglicherweise ist Flugzeugführer<br />
Fähnrich Dieter Fricke derjenige<br />
unbekannte Jagdflieger, der seine Erstgrablage<br />
ohne Angabe des Todesdatums,<br />
des Absturzortes und ohne Angabe<br />
seiner Staffel auf dem Ehrenfriedhof Alpen<br />
erhielt (Feld XIV, Grab Nr. 6). Dann<br />
wäre er der letzte der drei Unbekannten,<br />
die heute in Kamp-Lintfort im „Bönnighardter<br />
Feld (Sektor hinter dem großen<br />
Holzkreuz) liegen.<br />
Durch den Deutschen Kriegsgräberbund<br />
konnte in Erfahrung gebracht werden,<br />
dass Dieter Fricke am 28. Februar 1923<br />
in Detmold geboren wurde. Da es in seiner<br />
Staffel nur einen Flugzeugführer mit<br />
diesem Namen gab, muß es sich um den<br />
immer noch vermissten Fähnrich Dieter<br />
Fricke handeln.<br />
Günter Bennewitz, Aue/Erzgebirge