Energie 1 2 3 4 5 6 7 8 1 Morgens um 7 in Deutschland, in Italien oder in Frankreich. 2 Martin rasiert sich. 3 Michelle brät sich ein Spiegelei. 4 Tim und Laura toasten eine Scheibe Brot. 5 Maria kocht heißes Wasser für ihren Tee. 6 Lara stellt ihren Computer an. 7 Luigi heizt seine Küche mit dem Elektrolüfter. 8 Hans kocht sich einen Kaffee. Sie alle brauchen Strom. So viel, dass der Strom, den Kraftwerke und private Fotovoltaikanlagen in diesem Moment produzieren, nicht ausreicht und Dieselmotorenkraftwerke Spitzenstrom liefern müssen. 58 I <strong>MTU</strong> Report 03/12
Kraftwerk mit Stromaggregaten von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> liefert Regelleistung, Not- und Spitzenstrom Morgens um 7 Die Zukunft der Energieerzeugung ist dezentral – und regenerativ. Doch d<strong>am</strong>it verändern sich auch die Anforderungen an die Stromnetze: Sie müssen zunehmend größere und schwankende Energiemengen aus Windund Solaranlagen verkraften, ohne dass Spannung und Stromfrequenz im Netz abfallen. Dafür brauchen sie Energiequellen, auf die Netzbetreiber flexibel und schnell zugreifen können. Die Überlandwerk Fulda AG (ÜWAG) betreibt solch eine Energiequelle. In den vergangenen Jahren hat sie ihr Kraftwerk mit maßgeschneiderten Dieselaggregaten von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> aufgerüstet und liefert jetzt punktgenau und flexibel Regelleistung, Not- und Spitzenstrom. Was macht Hans Müller aus Deutschland morgens um 7? Er macht sich einen Kaffee. Luigi Motta aus Italien dreht den elektrischen Heizlüfter auf. Und Michelle Portier kocht sich Frühstück. Sie genießen die letzten ruhigen Minuten, bevor die Sonne aufgeht. Es herrscht Stille. Doch die Stromnetze, die laufen heiß. Denn pünktlich um 7 Uhr <strong>am</strong> Morgen brauchen nicht nur Hans Müller, Luigi Motta und Michelle Portier Strom – Millionen andere Menschen auch. <strong>Der</strong> Strom, den große und kleine Kraftwerke oder private Fotovoltaikanlagen in diesem Moment produzieren, reicht dafür nicht aus – das Stromnetz ist überlastet. Europäisches Verbundnetz liefert Strom Das ist die Stunde der flexiblen Kraftwerke. Die ÜWAG hat eines davon. Vor 100 Jahren wurde es gebaut – ursprünglich, um die Bürger der Region Fulda mit Elektrizität zu versorgen. Doch mittlerweile gibt es ein europäisches Verbundnetz, in das riesige Kraftwerke und vermehrt auch Betreiber kleinerer, dezentraler Energieanlagen ihren Strom einspeisen. Dieser wird über Umspannwerke und Transformatorstationen an die einzelnen Haushalte und Industrieunternehmen verteilt. Die ÜWAG in Fulda musste sich einen neuen Platz in dieser „Verteilkette“ suchen – und hat ihn gefunden. Spitzenstrom bei Stromspitzen Das Kraftwerk liefert Spitzenstrom, wenn der Bedarf so hoch ist, dass im Verbundnetz nicht genug Strom verfügbar ist: Dann, wenn Hans Müller, Luigi Motta, Michelle Portier und Millionen andere morgens das Licht anschalten oder ihren Kaffee kochen. „Morgens zwischen 7 und 8 Uhr und abends um 20 Uhr steigt der Strombedarf schnell an“, erklärt Frank Weinmann, der bei der ÜWAG die Abteilung Energieerzeugung und –beschaffung leitet. Früher lag diese Stromspitze mittags um 12, heute brauchen die Menschen morgens nach dem Aufstehen und abends, wenn sie nach Hause kommen <strong>am</strong> meisten Strom. „Am Stromverbrauch kann man gut sehen, wie sich die Lebensweise der Deutschen verändert hat“, schmunzelt er. Um diese Stromspitzen in Zukunft noch besser ausgleichen zu können, hat die ÜWAG in Fulda ihr Kraftwerk in den vergangenen Jahren für zehn Millionen Euro modernisiert: Sie hat zwei ältere Dieselmotoren aussortiert und durch sechs kleinere Stromaggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong> ersetzt. Kern der Aggregate ist je ein 20-Zylinder-Motor der <strong>MTU</strong>-Baureihe 4000. Stolz blickt der Ingenieur von der Leitstelle hinunter auf die blauen Aggregate von <strong>MTU</strong> <strong>Onsite</strong> <strong>Energy</strong>. „Die Motoren sind wahre Ferraris“, schwärmt er. Innerhalb weniger Sekunden können sie starten und sich mit dem europäischen Stromnetz synchronisieren. Die bisherigen Motoren hätten dazu mehrere Minuten gebraucht. Regelleistung gleicht Netzschwankungen aus „In der heutigen Stromwelt muss man schnell sein“, erklärt er. Das liege nicht nur daran, dass heute immer häufiger der Bedarf nach Spitzenstrom besteht. Auch der ständig steigende Anteil von Strom aus regenerativen Energiequellen trage dazu bei. Denn anders als die konventionellen, großen Kraftwerke kann man bei diesen nicht abschätzen, wie zuverlässig sie Energie in das Netz einspeisen. Kurz gesagt: Scheint die Sonne und weht der Wind, fließt auch der Strom. Doch was ist, wenn es windstill ist und auf den Photovoltaikanlagen Schnee liegt? Dann ist die Stromfrequenz von 50 Hertz gefährdet und es droht ein Stromausfall. D<strong>am</strong>it dies nicht passiert, greifen Das ÜWAG Fulda wurde vor 100 Jahren <strong>am</strong> Rande der Innenstadt gebaut. Doch Fulda ist gewachsen, daher ist das Kraftwerk heute mitten in der Stadt. Frank Weinmann ist Diplom-Ingenieur und leitet die Abteilung Energieerzeugung und -beschaffung.