PDF Download - Laborwelt
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R E P O R T<br />
Nanobiotechnologie<br />
Fluoreszenz-freie Markierung<br />
und Detektion von DNA-Biochips<br />
durch Nanobead-Labeling<br />
J. MICHAEL KÖHLER UND WOLFGANG FRITZSCHE,<br />
INSTITUT FÜR PHYSIKALISCHE HOCHTECHNOLOGIE JENA<br />
Biochips als<br />
Informationsschnittstelle<br />
Die Datenmenge, die heute in PCs, auf CDs<br />
und auf Festplatten gespeichert wird, bewegt<br />
sich in der gleichen Größenordnung<br />
wie die Datenmenge, die komplexe Genome<br />
enthalten (ca. 10 9 - 10 10 bits). In beiden Fällen<br />
werden die einzelnen Informationselemente<br />
vorzugsweise linear abgelegt oder adressiert.<br />
Doch die Mechanismen der biologischen<br />
und die Natur der technischen Informationsspeicherung<br />
unterscheiden sich beträchtlich.<br />
Im einen Fall sind die Daten als<br />
optisch oder magnetisch auslesbare Spots<br />
auf einer Festkörperoberfläche eingeschrieben,<br />
im anderen Fall als Abfolge von Modulen<br />
in einer molekularen Kette. Die technische<br />
Lösung besitzt den Vorzug sehr hoher<br />
Lese- und Schreibgeschwindigkeiten, die<br />
biologische den Vorteil extrem kleinen<br />
Raumbedarfs und der direkten Ankopplung<br />
an synthesechemische Maschinerien. Die<br />
Herstellungs-, aber auch die Auslese- und<br />
Schreibperipherie beider Systeme unterscheidet<br />
sich drastisch. Deshalb ist die Entwicklung<br />
von Schnittstellen zwischen den<br />
digital-elektronischen, magnetischen oder<br />
optischen Speichersystemen und den biomolekularen<br />
von höchstem Interesse.<br />
Biochips dienen der schnellen Übertragung<br />
biomolekularer in digital-elektronische Information.<br />
Dazu verbinden sie eine primäre<br />
Transduktion durch eine selektive stoffliche<br />
Erkennung mit einer universellen sekundären<br />
Transduktion mit Hilfe eines hochparallel<br />
anwendbaren physikalischen Ausleseprinzips.<br />
Eine parallele Auslesung gewährleistet<br />
eine hohe Rate der Datenübertragung.<br />
Die hohe Parallelität wird durch eine Vielzahl<br />
von Oberflächenspots erreicht, von denen<br />
jeder eine bestimmte chemische Spezies<br />
trägt, so daß in der Summe aller auf einem<br />
Chip enthaltenen Spots eine oberflächengekoppelte<br />
Substanzbibliothek realisiert ist. In<br />
dieser können die einzelnen chemischen<br />
Spezies durch ihre Koordinaten eindeutig<br />
bestimmten Spots zugeordnet werden. Die<br />
primäre Transduktion besteht damit in einer<br />
ortsspezifischen chemischen Erkennung 1,2 .<br />
Dabei sind sehr große Parallelisierungsgrade<br />
erreichbar. Bei Rastermaßen von 400 µm<br />
können etwa 2.500 Spots auf einem 5 mm<br />
breiten Chip untergebracht werden. Könnte<br />
man die lithographische Auflösung der fortgeschrittensten<br />
Fertigungsverfahren der Mikroelektronik<br />
ausnutzen, so wären Spotraster<br />
bis herab zu etwa 400 nm möglich. Damit<br />
könnten 600 Millionen Spots auf einem<br />
Chip von einem Quadratzentimeter Fläche<br />
untergebracht werden.<br />
Die Geschwindigkeit der Signalgewinnung<br />
hängt zum einen vom Zeitbedarf für die spezifische<br />
molekulare Wechselwirkung und die<br />
damit verbundenen Stofftransportprozesse<br />
in der Umgebung der Chipoberfläche ab. Zum<br />
anderen ist sie Funktion der Geschwindigkeit<br />
der sekundären Transduktion, also der<br />
Ermittlung der Spots auf denen Bindeereignisse<br />
stattgefunden haben. Erstes ist im wesentlichen<br />
ein physikochemisches Problem,<br />
das von der chemischen Natur der beteiligten<br />
Moleküle, der Bindungskinetik sowie der<br />
Diffusion und Konvektion in der mobilen<br />
Abb. 1: Bindung von<br />
oberflächenfunktionalisierten<br />
Nanopartikeln an eine<br />
Chipoberfläche mit<br />
komplementärer<br />
Bindungsfunktion<br />
(schematisch)<br />
Phase abhängt. Da die molekulare Wechselwirkung<br />
an allen Spots gleichzeitig stattfinden<br />
kann, ist die Geschwindigkeit nicht vom<br />
Parallelisierungsgrad abhängig. Das zweite<br />
Problem ist im wesentlichen meßtechnischer<br />
Natur. Bei serieller Auslesung wächst der<br />
Zeitbedarf mit dem Parallelisierungsgrad.<br />
Für ein rasches Auslesen großer Arrays sind<br />
seriell arbeitende Verfahren deshalb indiskutabel.<br />
Es werden bildgebende Verfahren<br />
favorisiert, bei denen viele Spots gleichzeitig<br />
erfaßt werden können. Da heute sehr<br />
empfindliche bildgebende Detektoren kostengünstig<br />
verfügbar sind, bieten sich optische<br />
Meßtechniken für das Auslesen an. Die<br />
direkte Auslesung der Anlagerung von<br />
Molekülen auf Oberflächen ist relativ zeitintensiv<br />
und apparativ aufwendig. An einer<br />
Verbesserung solcher Verfahren wird zwar<br />
gearbeitet, eine bald in der Breite nutzbare<br />
und kostengünstige Lösung ist jedoch nicht<br />
abzusehen.<br />
Für ein hochempfindliches und hochparalleles<br />
Auslesen molekularer Bindeereignisse<br />
haben sich Markierungstechniken bewährt.<br />
Während anfangs wegen ihrer hohen Empfindlichkeit<br />
Radionuklid-Markierungen zum<br />
Einsatz kamen, werden inzwischen überwiegend<br />
Fluoreszenzfarbstoffmarkierungen<br />
eingesetzt. Diese besitzen den Vorteil einer<br />
hohen Empfindlichkeit bei arbeits- und umweltschutztechnisch<br />
einfacherer Handhabung.<br />
Gegenüber einfachen photometrischen<br />
Techniken zeichnen sie sich dadurch aus,<br />
daß durch eine räumliche, spektrale und<br />
gegebenenfalls zusätzlich noch durch eine<br />
zeitliche Entkopplung von Fluoreszenzanregung<br />
und Fluoreszenz-Emissions-Messung<br />
kleine Signale praktisch hintergrundfrei<br />
detektiert werden können.<br />
Probleme der Markierung<br />
mit Fluoreszenzfarbstoffen<br />
Die Markierung mit Fluoreszenzfarbstoffen<br />
bringt jedoch eine Reihe von Problemen mit<br />
sich. Vom Standpunkt des Arbeits- und<br />
Umweltschutzes sind Fluoreszenzfarbstoffe<br />
nicht unbedenklich. Farbstoffe etwa, die<br />
als Interkalatoren zur Messung der Konzentration<br />
doppelsträngiger Nukleinsäuren eingesetzt<br />
werden, lagern sich in die molekulare<br />
Kette des Erbgutträgers ein und verursachen<br />
Fehler bei dessen Replikation oder Transkription.<br />
Diese können zu Mutationen oder<br />
Störungen in der Proteinbiosynthese führen<br />
und Krebs auslösen oder begünstigen. Auch<br />
nicht-interkalierende Farbstoffe, die sich<br />
chemisch an DNA oder RNA koppeln lassen,<br />
können mutagen wirken.<br />
Aber auch meßtechnisch bringt die Fluoreszenzfarbstoffmarkierung<br />
Probleme mit sich.<br />
Kennziffer 12 LW 03/www.biocom.de Info <br />
4 | Nr. III/2001 |transkript LABORWELT