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Sachenrecht - Prof. Dr. Hans-Peter Benöhr - Humboldt-Universität ...

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Kapitel 11. Die Entstehung des BGB, 1873 bis 1900 16<br />

Das Recht ist fast noch mehr zersplittert als zur Zeit der Kontroverse Thibaut – Savigny um 1814.<br />

Neben dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, der Gewerbeordnung und einer zunehmenden<br />

Zahl von Einzelgesetzen des Reichs gelten in den verschiedenen Gebieten das ALR, das<br />

gemeine (d. h. das römische und das kanonische) Recht, das französische Recht, das sächsische<br />

Bürgerliche Gesetzbuch und außerdem eine Fülle von Partikularrechten.<br />

Aus politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gründen verlangen die liberalen Parteien und die Sozialdemokraten<br />

ein einheitliches Zivilgesetzbuch für das ganze Reich. Die verfassungsrechtliche<br />

Zuständigkeit des Reichs für die Schaffung eines einheitlichen bürgerlichen Rechts war in der ursprünglichen<br />

Verfassung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs nicht vorgesehen.<br />

Sie wird erst 1873 nach mehrmaligen Anträgen der nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Lasker<br />

und Miquel im Reichstag und Bundesrat erreicht. Die wesentlichen Perspektiven für die Organisation<br />

der Redaktionsarbeit und für das BGB selbst werden unter der Federführung Levin Goldschmidts,<br />

<strong>Prof</strong>essor für Handelsrecht (Berlin) und hoher Richter, im Gutachten der Vorkommission<br />

des Bundesrats von 1874 niedergelegt. Diese Kommission stellt als Prinzipien auf: „es werde das<br />

künftige Gesetzbuch / den berechtigten Wünschen der deutschen Nation,/ den Interessen aller Einzelstaaten<br />

/ den Anforderungen der Wissenschaft / und der Rechtsübung nur unter der Voraussetzung<br />

entsprechen,/ dass an den bewährten gemeinschaftlichen Instituten und Sätzen der innerhalb<br />

des Deutschen Reichs bestehenden Zivilrechtssysteme festgehalten,/ bei Divergenzen / Entscheidung<br />

in erster Linie nach Rücksicht des Bedürfnisses und der Zweckmäßigkeit,/ in zweiter Linie<br />

nach juristisch-logischer Folgerichtigkeit getroffen, / dass mit schonender Rücksicht auf das überlieferte<br />

Recht / und eigentümliche örtliche Verhältnisse / die energische und konsequente Durchführung<br />

der den Verhältnissen der Gegenwart entsprechenden Rechtsprinzipien verbunden wird;/ endlich,<br />

dass die Formulierung der aufzunehmenden Rechtssätze / sich gleichmäßig von einer gelehrten<br />

Geheimsprache wie von einer die unentbehrliche technische Bestimmtheit und Genauigkeit verwischenden<br />

sogenannten Popularisierung fernhält, / vielmehr gedrungene Kürze und /eine zwar gemeinverständliche<br />

/ aber in konsequenter Technik durchgeführte Rechtssprache / erstrebt wird“.<br />

Die erste Kommission arbeitete rund 16 Jahre lang und erbrachte die für Inhalt und System entscheidende<br />

Leistung. Ihr bedeutender Vorsitzender war Pape, Präsident des damals höchsten Gerichtes.<br />

Sie trat regelmäßig zusammen, um Prinzipienfragen, z. B. über den Eigentumsübergang<br />

(heute §§ 873 ff., 925, 929 ff.) und über die Herausgabeklage (heute § 985), zu entscheiden.<br />

Mit der Ausarbeitung des <strong>Sachenrecht</strong>s wurde Reinhold Johow, Richter am Kammergericht, beauftragt.<br />

Sein Entwurf mit 2200 Seiten Begründung ist die Basis des heutigen dritten Buchs des BGB.<br />

Eine verkürzte Zusammenfassung bringen die altbekannten Motive, Bd. 3.<br />

Der erste Entwurf wurde als sozial rückständig (Anton Menger, „Das Bürgerliche Recht und die besitzlosen<br />

Volksklassen“), als lebensfremd und als undeutsch (Otto von Gierke) heftig kritisiert. Er<br />

wurde deswegen unter Gottlieb Planck als „Generalreferent“ in der zweiten Kommission erneut beraten;<br />

die Protokolle hierzu wurden veröffentlicht. Nach Änderungen im Bundesrat wurde der Entwurf<br />

mit der Denkschrift des Reichsjustizamts an den Reichstag übermittelt. Die Verhandlungen<br />

des Reichstags und der Reichstagskommission erbrachten nochmals Modifikationen. 1896 wurde<br />

das BGB im Reichstag und Bundesrat verabschiedet. 1900 trat es in Kraft.<br />

Zu den wichtigsten Gesetzesmaterialien zum BGB gehören demnach der Entwurf und die Motive<br />

der I. Kommission, der Entwurf der II. Kommission und die Protokolle der II. Kommission, die<br />

16 Quellen und Sekundärliteratur oben im Literaturverzeichnis.

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