Hessische Wirtschaft
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Standort<br />
Wer bestellt, bezahlt?<br />
Jennifer Scheidt,<br />
Inhaberin der RE/MAX A2<br />
Immobilien, Wiesbaden<br />
Immobilienmakler werden in der Regel vom<br />
Eigentümer beauftragt. Warum also sollte<br />
dieser künftig nicht für die Leistungen bezahlen?<br />
Das Ergebnis wäre mehr Transparenz<br />
und Professionalität in der Branche. Zugleich<br />
würde deutlich werden, dass ein Makler wesentlich<br />
mehr leistet als nur die Wohnungstür<br />
aufzuschließen. Denn Fakt ist: Derzeit<br />
kann der Eigentümer oft nicht einschätzen,<br />
welche Dienstleistung der Immobilienmakler<br />
tatsächlich konkret erbringt. Mitunter beauftragt<br />
er deshalb gleich mehrere Makler,<br />
die parallel dieselbe Immobilie anbieten. Auf<br />
welche Weise der Abschluss dann zustande<br />
kommt, kann er nicht nachvollziehen.<br />
Ausgebildete und zertifizierte Immobilienmakler<br />
sollten jetzt die Chance nutzen, ihre<br />
Dienstleistung transparent zu machen und<br />
sich von den gängigen Vorurteilen abzuheben.<br />
Denn Vermieter unterschätzen oft die<br />
Anforderungen und Fallstricke, die mit einer<br />
Vermietung verbunden sind. Der professionelle<br />
Makler hingegen hat die Risiken im<br />
Blick. Die gesetzliche Neuerung wird auf dem<br />
Mietmarkt für Bewegung sorgen - für Mieter<br />
sinkt die Hemmschwelle, einen Makler zu<br />
beauftragen. Für Eigentümer, die die Vermietung<br />
selbst übernehmen wollen, wächst allerdings<br />
die Gefahr, an den falschen Mieter<br />
zu geraten. Denn sie können die Interessenten<br />
nicht im gleichen Maße überprüfen und<br />
qualifizieren wie ein Makler dies kann. Hier<br />
liegt die Chance des Maklers, dem Vermieter<br />
aufzuzeigen, dass er einen Mehrwert bieten<br />
kann, der sein Honorar wert ist.<br />
Die Branche der Immobilienvermittler ist in<br />
Aufruhr – im Oktober hat die Bundesregierung<br />
die Mietpreisbremse beschlossen und<br />
damit zusammen ein neues Prinzip der Bezahlung<br />
für Makler: Wer sie bestellt, soll<br />
sie auch bezahlen. In der ersten Jahreshälfte<br />
2015 soll die Regelung in Kraft treten.<br />
Die Makler fürchten nun, dass zahlreiche<br />
Vermieter dann auf sie verzichten und ihre<br />
Wohnungen lieber selbst vermarkten.<br />
Foto: Alexander Raths / Fotolia<br />
Johannes Engel<br />
Immobilienverband<br />
Deutschland IVD, Frankfurt<br />
Der Mieter wird von der geplanten Einführung<br />
des Bestellerprinzips nicht profitieren.<br />
Denn es handelt sich nicht wie in der Öffentlichkeit<br />
propagiert um ein echtes Bestellerprinzip<br />
nach dem Motto „Wer bestellt, bezahlt“.<br />
Schaut man sich die momentane Fassung<br />
an, so gelangt man zu dem Ergebnis,<br />
dass in der Praxis zukünftig ausschließlich<br />
der Vermieter den Makler zahlen muss. So<br />
kann der Makler einem Wohnungssuchenden<br />
nach dem derzeitigen Gesetzesentwurf<br />
keine Wohnung anbieten, die er schon in<br />
seinem Bestand hat – es müsste ein Objekt<br />
sein, das er noch niemandem sonst angeboten<br />
hat. Das kann nicht im Sinne des Verbrauchers<br />
sein. So hat der Staatsrechtslehrer<br />
Prof. Dr. Friedhelm Hufen in einem Gutachten<br />
festgestellt, dass der Gesetzesvorschlag zum<br />
Bestellerprinzip verfassungsrechtliche Defizite<br />
aufweist. Die Regelung sei ein unverhältnismäßiger<br />
Eingriff in die Berufsfreiheit.<br />
Sollte der Gesetzgeber das nicht nachbessern<br />
und ein „echtes Bestellerprinzip“ einführen,<br />
plant der Immobilienverband Deutschland<br />
eine Verfassungsbeschwerde. Der Makler<br />
als Korrektiv sowohl bei der Preisfindung als<br />
auch beim Abschluss des Mietvertrages fällt<br />
dann zukünftig weg. Es steht zu befürchten,<br />
dass Vermieter die Lage ausnutzen, indem<br />
sie sich zum Beispiel überhöhte Abstandszahlungen<br />
versprechen lassen oder dem<br />
Mieter unzulässige Vertragsklauseln aufoktroyieren.<br />
Ergebnis dürfte sein, dass sich die<br />
Gerichte auf eine erheblich steigende Zahl<br />
von Mietstreitigkeiten einstellen müssen.<br />
HESSISCHE WIRTSCHAFT | November 2014 23