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Uneigentlichkeit <strong>der</strong> Gottesbil<strong>der</strong> überhaupt 1,29). Da überrascht <strong>der</strong> Hinweis<br />
(1,29), daß es trotz allem einen Weg zu Gott gebe und daß <strong>der</strong> nicht lokalisierbare<br />
Gott nirgends an<strong>der</strong>s ist als im Menschen selbst. <strong>Von</strong> diesem Vorverständnis<br />
aus hofft <strong>der</strong> Verfasser des Buches »<strong>Von</strong> <strong>der</strong> <strong>Gnadenwahl</strong>« (1,30 f) Licht in<br />
die Probleme seines Werkes zu tragen.<br />
2. Kapitel: Vom Urstand Gottes<br />
Wie schon eingangs festgestellt, ist es die »kreatürliche Vernunft« (2,1), die<br />
dazu neigt, von ihrer bedingten Existenz auf den Unbedingten zu schließen.<br />
Dabei bedarf dieser Unbedingte nicht einmal eines Ratschlusses (2,4). Aber weil<br />
das »Nichts« zum »Etwas« dringt, weil die Selbstentfaltungstendenz das Wesen<br />
dieses fortzeugend-gebärenden Gottes ausmacht, deshalb gibt es Offenbarung.<br />
Dieser Dynamik, die in Gott und über ihn hinaus zur Darstellung strebt, begegnen<br />
wir bei Böhme auf Schritt und Tritt. Ein Ausdruck ist bisweilen <strong>der</strong> Begriff<br />
<strong>der</strong> »Qual« (Quall), <strong>der</strong> das Motiv des Quellens enthält. Ein an<strong>der</strong>er Terminus<br />
ist <strong>der</strong> <strong>der</strong> »Scienz« (2,9 und mehrfach). Gemeint ist nicht in erster Linie das<br />
darin anlautende lateinische Wort »scientia«, Weisheit, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Willensund<br />
Bewegungsimpuls des »Ziehens«, auch des Tendierens o<strong>der</strong> Strebens.<br />
Wie<strong>der</strong> ist es die dynamische Grundbedeutung, die diesem Böhmeschen Begriff<br />
innewohnt. Des halb kann <strong>der</strong> Autor (2,24) davon sprechen, daß »Scienz« als<br />
das »magnetische Ziehen« und als <strong>der</strong> »Anfang <strong>der</strong> Natur« anzusehen sei. Und<br />
die »ewige Scienz« (2,19) entspricht dann <strong>der</strong> »kräftigen Offenbarung seines<br />
Wortes«. Unnötig zu sagen, daß das göttliche Wort nicht verbal verkürzt zu<br />
denken ist. Es ist gemäß Röm. 1,16 eine »Dynamis«.<br />
Während diese »Scienz« in die »Schiedlichkeit«, das heißt in die Bezirke des<br />
Kreatürlichen hineindrängt, verharrt Jehova im Stande <strong>der</strong> »Temperatur« ist <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e, in diesem Buch häufig gebrauchte Terminus Böhmes für Harmonie und<br />
Ausgewogenheit (2,20), wie sie vor je<strong>der</strong> Aufspaltung und Differenzierung<br />
besteht. Die Stadien des großen Entfaltungsprozesses <strong>der</strong> Gottheit sind<br />
demnach: <strong>der</strong> »Urstand« des ewigen Willens, dem harmonische »Temperatur«<br />
eignet, sodann; das »Aushauchen« seiner Kraft »in eine Scienz zur Schiedlichkeit<br />
und zur Offenbarung <strong>der</strong> Kräfte«; es ist <strong>der</strong> Umschlag von <strong>der</strong> undifferenzierten<br />
Einheit des »ewigsprechenden Wortes« zur differenzierten, endlich auch<br />
wahrnehmbaren Vielheit des »ausgesprochenen Wortes«.<br />
Jetzt erst kann von dem »Mysterium Magnum« (2,22) gesprochen werden, in<br />
dem <strong>der</strong> verborgene Gott zum offenbaren Gott geworden ist. Und im Blick auf<br />
das Thema des Böhmeschen Buches; Jetzt erst zeigt sich Gott, <strong>der</strong> zuvor in sich<br />
selbst ruhte, bald als <strong>der</strong> liebende, bald als <strong>der</strong> zürnende Gott. Die Kreatürlichkeit<br />
stellt sich dar im »Spiritus Mundi«, wörtlich: Geist <strong>der</strong> Welt, konkret: im<br />
Zeichen von Sulphur, Mercurius, Sal (2,23 f). Man muß sich nur hüten, Sulphur<br />
mit Schwefel, Mercurius mit Quecksilber, Sal mit Salz gleichzusetzen. Noch<br />
haben wir es nicht mit chemischen Stoffen zu tun, son<strong>der</strong>n eher mit dem alchymistischen<br />
Urprinzip des Stofflichen überhaupt. Erst in ihm »urständen« die<br />
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