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06 REGION GENERATION<strong>plus</strong>+<br />
DIE JOBWÜSTE<br />
EIN REPORT ZUM TAG DER ARBEIT AM 1. MAI<br />
[Gp-bsc]. In der Nacht vor dem Tag der Arbeit (1. Mai) wird es in<br />
Südnie dersachsen manchen Älteren <strong>die</strong>smal schwerfallen, ein<br />
Tänzchen zu wagen: <strong>Sie</strong> bangen <strong>um</strong> ihren Job. Am eigenen Leib spüren<br />
sie: In der heutigen Jobwüste ist der Leitsatz des Beschäf -<br />
tigungspakts 50<strong>plus</strong> „Erfahrung zählt“ oft nur noch ein Wunsch -<br />
tra<strong>um</strong>. Prekäre Arbeit ist längst Alltag und auf dem Vormarsch.<br />
Die Öffentlichkeit erfährt von Firmenkrisen, Pleiten und Bruch -<br />
landungen häufig erst, wenn es fast schon zu spät ist und<br />
<strong>die</strong> Karre in den Dreck gefahren wurde. Die Plan -<br />
insolvenz der Drogeriekette Schlecker zeigt aber<br />
auch, dass Geiz nicht mehr geil, sondern eher<br />
d<strong>um</strong>m ist. Soziale Standards sind kein Zierat.<br />
Wer nur auf Profit setzt, riskiert innere Kündi -<br />
gungen. Kunden wollen mit Freude in einen<br />
Laden hinein und mit gutem Gewissen wieder<br />
hinaus gehen.<br />
Noch gibt es kleinere Läden in der Göttinger City.<br />
Aber wegen der hohen Mieten ist es riskant, ein<br />
Geschäft zu eröffnen, auch, wenn das Angebot eine<br />
Lücke schließt. Göttingen ist eine Baustelle mit vielen<br />
Zäunen, stillen Örtchen am falschen Ort und versperrten Zugängen.<br />
Auf hohe Gewinne hoffen vermutlich vor allem Ladenketten-<br />
Manager und Berufsoptimisten.<br />
Zusammenarbeit motiviert auch am Arbeitsplatz. Wenn Ältere und<br />
Jüngere kooperieren, lernen sie auch voneinander, statt <strong>sich</strong> gegen-<br />
seitig Druck zu machen und können nicht gegeneinander ausgespielt<br />
werden. Weil Belegschaften altern, sind auf <strong>die</strong> Dauer sinnvolle<br />
Lösungen unerlässlich, müssen aber oft hart erkämpft werden.<br />
Ein Nürnberger Postbetriebsrat erhielt beim Deutschen Betriebsräte -<br />
preis eine Auszeichnung. Zeitvorgaben für <strong>die</strong> Zustellung wurden<br />
nicht für altersgerecht gehalten, weil immer mehr Ältere länger<br />
arbeiten mussten, <strong>um</strong> Briefe und Pakete zuzustellen. Um <strong>die</strong> Bemes -<br />
sungswerte zu ändern, bedurfte es der Ein<strong>sich</strong>t Jüngerer, <strong>die</strong><br />
fixer waren und mit den Vorgaben zurechtkamen.<br />
Aber mit dem Vorschlag einer Ist-Zeit-Erfassung<br />
stand der Betriebsrat zunächst allein. Es musste<br />
noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden,<br />
bis mit Hilfe einer Einigungsstelle, <strong>die</strong> eine anonyme<br />
Befragung und eine Betriebsverein barung<br />
erwirkte, ein Freizeitausgleich für Mehr arbeit<br />
erreicht werden konnte.<br />
Wer für mehr Arbeitskultur kämpft, hat es schwer.<br />
Kürzlich klagten Angestellte eines Göttinger Autohauses<br />
vor dem Arbeitsgericht, weil ihr Chef, ein CDU-Sozialexperte, in<br />
mehreren Fällen keinen Tariflohn zahlte. Zudem hatte er Tochter und<br />
Schwiegersohn auf <strong>die</strong> Wahlliste für den Betriebsrat gesetzt. Daraus<br />
resultierende Interessenskonflikte in kleineren Firmen hatte der<br />
Gesetzgeber nicht bedacht. Der Chef sah keine Probleme. Eventuell<br />
muss nun das Bundesverfassungsgericht in letzter Instanz ent -<br />
scheiden.