Magazin für lovecraft'sche Literatur und Phantastik - Luzifer Verlag
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auf sie zugehe, denn in diesem Bereich gibt es auch eine ganze Reihe Leute, die sich ernsthaft mit<br />
<strong>Literatur</strong> beschäftigen. Außerdem kann man im Kreis der Bekannten viele Dinge ausprobieren,<br />
ohne gleich gegen die Wand zu fahren – sehr wertvoll für mich als anfänglich Branchenfremde.<br />
Irgendwann wollte ich etwas anderes ausprobieren, dann gefiel mir ein Text besonders gut oder er<br />
hatte indirekt etwas mit mir zu tun. Damit meine ich vor allem die Bücher von Ludwig Pullirsch,<br />
dessen Vater im 1. Weltkrieg Gebirgsjäger war. Mein Vater wiederum war 1945 als Jugendlicher<br />
in ein russisches Arbeitslager verschleppt worden. Da lag es nahe, etwas gemeinsam<br />
herauszugeben. Denn das Gefühl, nie richtig an diese Kriegsveteranen heranzukommen, hat<br />
zwischen Herrn Pullirsch <strong>und</strong> mir zu sehr vielen guten Gesprächen gefühlt, weil man das als Kind<br />
(noch) nicht verstehen kann. Übrigens hat mein Vater damals mit Oskar Pastior, über den Herta<br />
Müller ihre Atemschaukel geschrieben hat, in einem Lager gearbeitet – sie haben zusammen<br />
Baracken gebaut <strong>und</strong> nebenbei besprochen, wie man deutsche Briefe grammatisch <strong>und</strong> stilistisch<br />
korrekt schreibt (mein Vater kam wie Pastior aus dem Banat). Das ist ein Umstand, der die<br />
jüngere Vergangenheit für mich noch interessanter macht.<br />
Zurück zur SF. Ich habe festgestellt, dass dieser Markt sehr starr aufgebaut <strong>und</strong> das Interesse der<br />
Leser eher auf die bekannten Titel <strong>und</strong> <strong>Verlag</strong>e beschränkt ist. Das ist für mich auch in Ordnung,<br />
denn irgendwann hatte es sich mit meiner SF-Phase. Trotzdem war es ein guter Genreausflug,<br />
denn daraus ist letztlich die Romanserie Lit.Limbus entstanden.<br />
CL: Stichwort Lit.Limbus, für Leser, die diese Reihe noch nicht kennen: Was hat es damit auf sich<br />
<strong>und</strong> was erwartet den Interessierten?<br />
Michaela Stadelmann: Erst einmal kommt wieder eine etwas längere Vorgeschichte. Und zwar<br />
fing es an während der Leipziger Buchmesse 2010. Damals hatte ich schon mit dem Gedanken<br />
gespielt, literarisch etwas anderes auszuprobieren, weil es sehr aufwändig ist, Bücher<br />
herauszugeben. An Heftromane hatte ich immer wieder gedacht, hatte aber Skrupel, weil das<br />
Image der sogenannten Sch<strong>und</strong>romane nicht das beste ist. Ausschlaggebend dafür, trotzdem damit<br />
anzufangen, waren zwei Gespräche mit einem Einkaufsleiter einer großen Buchhandelskette,<br />
deren Name hier nichts zur Sache tut, weil das Thema Titelauswahl bei allen Ketten in<br />
Deutschland in etwa gleich gehandhabt wird, <strong>und</strong> einem Vertriebsmenschen. Beide ließen sich<br />
unabhängig voneinander über die Kriterien aus, die die Titelauswahl beeinflussen: 1. welcher<br />
<strong>Verlag</strong>, 2. Höhe des Verkaufspreises, 3. Höhe der Auflage, 4. Covergestaltung, 5. Name des<br />
Autors. Und zwar genau in dieser Reihenfolge. Da es inzwischen kaum noch sogenannte<br />
Buchagenten gibt, die durch die Buchhandlungen ziehen <strong>und</strong> die Bücher anbieten, kann man sich<br />
vorstellen, wie schwierig es für einen Kleinverlag ist, überhaupt wahrgenommen zu werden.<br />
Folglich kann man an dieser Reihenfolge auch nicht allzu viel ändern, ohne Energie, Zeit <strong>und</strong><br />
Geld hineinzustecken <strong>und</strong> darüber das Leben, das man ja auch noch hat, zu vergessen. Jedenfalls<br />
dachte ich am Ende der Messe: Wenn es wurscht ist, weil mein <strong>Verlag</strong> nicht in dieses Schema<br />
passt, kann ich mit den Autoren auch schreiben, was mir gefällt. Und da der <strong>Literatur</strong>betrieb<br />
zwischen „bierernst“ <strong>und</strong> „narzisstisch“ schwankt, lag es nahe, das Ganze ein wenig zu<br />
persiflieren <strong>und</strong> auch den Autoren zu ermöglichen, in den Spiegel zu schauen: Was stelle ich dar?<br />
Will ich das wirklich sein?<br />
Zum ersten Zyklus: Die Serie hätte ich natürlich auch schon für bekanntere Schreiberlinge<br />
konzipieren können, aber da kommt auch nicht immer unbedingt etwas Neues. Klar holpern die<br />
Texte an manchen Stellen, der Plot musste teilweise nachgebessert werden et cetera. Aber erstens<br />
ist das auch bei erfahrenen Autoren der Fall. Und zweitens habe ich in der Heftromanserie die<br />
Möglichkeit gesehen, mit den Autoren an ihrem Stil zu arbeiten. Bei einem Buch hat man<br />
aufgr<strong>und</strong> der Textfülle oft nicht die Zeit oder die Geduld – schließlich ist das Büchermachen eine<br />
aufregende Angelegenheit, da will man ganz schnell sein erstes offizielles Werk in Händen halten.