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Magazin für lovecraft'sche Literatur und Phantastik - Luzifer Verlag

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Leseprobe zu Vom Flüstern der Mollusken<br />

Prolog<br />

… <strong>und</strong> sie flüstern mir mit Myriaden von Stimmen zu <strong>und</strong> fordern mich auf, ihnen in die<br />

sternenlosen Abgründen zu folgen. Ihre Stimmen spalten sich tausenfache Echos, die an den<br />

Klippen meines Verstandes wie zerschellendes Glas<br />

wiederhallen.<br />

Sie flüstern, während sich die Brandung am Strand bricht <strong>und</strong> das äonenalte Meer den Sand<br />

hinfort leckt, Muscheln, Seesterne <strong>und</strong> tote Fische ans Land werfend.<br />

Das kalte <strong>und</strong> ferne Sternenlicht spaltet sich auf den schaumbekrönten Wellengebirgen. Und das<br />

Flüstern verstummt nicht. Es lockt mich in die Fluten.<br />

Lockt mich weiter hinein in das tosende Nass. Der Geruch von Salz kitzelt meine Schleimhäute.<br />

Heute werde ich nicht gehen. Doch vielleicht schon morgen. Es ist nur ein kleiner Schritt von dem<br />

einen in den anderen Zustand. Den ewigen Zustand. Teil eines uralten Molochs zu werden, der<br />

Geburtsstätte allen Lebens war <strong>und</strong> noch heute ist. Ich weiß, ich werde dem Flüstern folgen. Wenn<br />

ich heute, dann morgen, oder sonst irgendwann. Ich weiß …<br />

1. Die Ankunft<br />

UND CECILIA STARB OHNE EIN WORT AUF IHREN LIPPEN. DIE<br />

WINDSCHUTZSCHEIBE ZERPLATZTE EINFACH UND DER MOTOR DRÄNGTE SICH IN<br />

DEN FAHRERRAUM. EIN REGEN AUS GLAS ERGOSS SICH ÜBER UNS.<br />

CECILIAS GESICHT WAR IN BLUT GETAUCHT UND ES DURCHNÄSSTE IHRE<br />

KLEIDUNG. ICH KONNTE ES RIECHEN. DAS KRÄNGEN VERBIEGENDEN METALLS<br />

GELLTE IN MEINEN OHREN, WIE DER SCHREI EINES STERBENDEN GESCHÖPFES.<br />

WÄRE NUR DER NEBEL NICHT GEWESEN …<br />

Als der Abend beginnt, fallen die fahlen Schatten der Erinnerung über mein Gemüt. Ich sitze<br />

genau wie damals hinter dem Steuer meines Autos. Und meine Seele schreit der heran<br />

kriechenden Dämmerung entgegen.<br />

Nichts wird sich jemals ändern. Nicht gestern. Nicht morgen. Vergangenheit <strong>und</strong> Zukunft sind ein<br />

einziges Gleis. Manchmal weiß man nicht, wo man sich befindet <strong>und</strong> in welche Richtung man<br />

fährt. Die einsamen Dünen gleiten draußen vorbei. Das Gras wiegt sich im Wind; einem Wind,<br />

der den Geruch von Salz <strong>und</strong> Fisch durch das offene Fenster heranträgt. Der Horizont verfärbt<br />

sich hinter den Dünen violettblau.<br />

Vereinzelte Hütten <strong>und</strong> Holzhäuser mit Reet gedeckten Dächern ducken sich in die Dünen.<br />

Wie verlassen sie wirken. Keine Menschenseele ist zu sehen. Auf der anderen Seite der Straße<br />

erstreckt sich begrüntes Land bis zu den Ufern des Fjordes, wo vereinzelte Boote an ihren<br />

Anlegestellen vor sich hin dümpeln. Weit voraus erheben sich die Silhouetten einer kleinen<br />

Ortschaft. Ich bin fast am Ziel. Einer der unzähligen Endstationen meines Lebens. Der Name des<br />

Ortes tut nichts zur Sache. Er interessiert keinen Menschen.<br />

Ich fahre die Straße immer geradeaus, bis zu der kleinen Abzweigung, in die ich einbiege.<br />

Zwischen einem eingezäunten Zeltplatz <strong>und</strong> einem Lebensmittelgeschäft in einem großen roten<br />

Backsteinhaus komme ich zum Stehen. Ich steige aus <strong>und</strong> zünde mir eine Zigarette an. Ein Kühler<br />

Wind, der vom Meer herbei zieht, lässt mich frösteln. Ein alter Mann auf einen Fahrrad kommt<br />

vorbei <strong>und</strong> nicht mir wortlos zu. Ich schaue dem blauen Dunst hinterher, der vom Wind davon<br />

getrieben wird. Ferne Stimmen dringen vom Zeltplatz an meine Ohren. Schräg gegenüber<br />

befindet sich eine kleine Gastwirtschaft. Der Wirt, der auch Besitzer des Ladens ist, schließt<br />

gerade die Tür auf. Später werde ich wohl in die Wirtschaft gehen, um ein geszapftes „Thor“ zu

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