CIV NRW - Cochlear Implant Verband Nordrhein-Westfalen e.V.
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Medizin - Technik - Rehabilitation<br />
Gestärkte Eltern durch frühe familienzentrierte Hilfe -<br />
das Münsteraner Elternprogramm zur Kommunikationsförderung<br />
bei Säuglingen und Kleinkindern mit Hörschädigung<br />
Im Dialog von Anfang an!<br />
Kommunikation beginnt bei allen Kindern bereits vor den ersten Wörtern<br />
und zwar direkt nach der Geburt. Eltern kommunizieren mit ihrem Säugling<br />
über Blickkontakt, Berührung und Nachahmung von Stimme, Mimik<br />
und Bewegung. Diese erste Kommunikation ist Grundstein für die Sprachentwicklung<br />
eines jeden Kindes.<br />
Auch für Säuglinge mit Hörschädigung sind diese frühen Dialoge mit ihren<br />
Eltern wesentlich für die Hör-Sprachentwicklung. Forschungsergebnisse<br />
zeigen, dass sich diese Kinder sprachlich besser entwickeln, wenn - neben<br />
der frühen Versorgung mit Hörgeräten - ihre Eltern möglichst direkt nach<br />
der Diagnosestellung eine familienzentrierte Unterstützung erfahren [1,2].<br />
Familienzentriert bedeutet, dass sowohl die Beziehung und Interaktion der<br />
Eltern mit ihrem Kind, als auch die aktive Beteiligung der Eltern am Förderprozess<br />
im Mittelpunkt stehen. Auch für Kinder mit Cochlea-<strong>Implant</strong>at<br />
(CI) zeigt sich, dass eine gute Qualität der Eltern-Kind-Interaktion und des<br />
sprachlichen Angebots wesentlich für eine erfolgreiche Lautsprachentwicklung<br />
ist [3,4].<br />
„Mein Kind ist hörgeschädigt!“ Früh erkannt – und dann?<br />
Diese häufig überraschende Diagnose bedeutet für die Familie eines Neugeborenen<br />
eine Herausforderung. „Wie verhalte ich mich nun gegenüber<br />
meinem Kind, wenn es mich schlecht oder auch gar nicht hören kann?“<br />
oder „Wie kann ich mein Kind beim Hören- und Sprechen-Lernen unterstützen?“<br />
Das sind Fragen, die betroffene Eltern häufig an uns richten.<br />
Das Münsteraner Elternprogramm<br />
zur Kommunikationsförderung<br />
von Säuglingen und<br />
Kleinkindern mit Hörschädigung<br />
(MEP) wurde speziell für<br />
Mütter und Väter entwickelt,<br />
die gerade von der Hörschädigung<br />
ihres Kindes erfahren<br />
haben. Es handelt sich um eine<br />
dreimonatige familienzentrierte<br />
Unterstützung möglichst direkt<br />
nach Diagnosestellung. Dabei<br />
wird die Stärkung ihrer intuitiven elterlichen Fähigkeiten als Grundlage für<br />
die natürliche Förderung der kindlichen Hör- und Lautsprachentwicklung<br />
im familiären Alltag besonders hervorgehoben. Es geht also nicht um ein<br />
Training einer neuen Kommunikationsmethode, sondern um eine Bestärkung<br />
der natürlichen Eltern-Kind-Kommunikation, die durch die Diagnose<br />
„Mein Kind hört mich schlecht/nicht.“ erfahrungsgemäß beeinträchtigt<br />
sein kann.<br />
Das MEP basiert auf einer kommunikationsorientierten<br />
und natürlich hörgerichteten Förderung in Anlehnung<br />
an den normalen Spracherwerb. Es wurde<br />
vor dem Hintergrund langjähriger Erfahrung in der<br />
Frühförderung von Kindern mit Hörschädigung und<br />
der Habilitation nach früher Cochlea-<strong>Implant</strong>ation<br />
an unserer Klinik entwickelt. Wir führen es hier seit<br />
2009 regelmäßig durch. Das Elternprogramm ist<br />
eine Kurzintervention als Ergänzung zur häuslichen<br />
Hörfrühförderung und findet entweder vor Beginn<br />
oder als Modul dieser Maßnahme statt. Für Kinder,<br />
die an unserem CICM (Cochlea <strong>Implant</strong> Centrum<br />
Münsterland des Universitätsklinikums Münster)<br />
CIs erhalten, ist das MEP ein Bestandteil des Förderkonzepts<br />
vor und/oder nach der Operation. Das MEP<br />
nimmt Elemente und Inhalte aus bewährten Elternprogrammen<br />
für hörende Kinder (z. B. mit Risiko für<br />
eine Sprachentwicklungsstörung) auf, verändert und<br />
erweitert diese, um den speziellen Bedürfnissen von<br />
Familien mit hörgeschädigten Säuglingen und Kleinkindern<br />
auf vorsprachlichem Entwicklungsniveau<br />
gerecht zu werden (zum Konzept siehe Reichmuth,<br />
Glanemann, Embacher, 2013).<br />
Ziele des Münsteraner Elternprogramms: Einerseits<br />
möchten wir Eltern möglichst schnell nach der Diagnosestellung<br />
begleiten und stärken, vor allem in der<br />
Kommunikation mit ihrem hörgeschädigten Kind.<br />
Auch geben wir Einblick in die Hör- und Sprachentwicklung<br />
hörender und hörgeschädigter Kinder und<br />
vermitteln das Hören- und Sprache-Lernen im Alltag.<br />
Andererseits ermöglichen wir den Eltern, sich früh<br />
mit anderen betroffenen Familien in vergleichbarer<br />
Lebenssituation auszutauschen. Diese Begegnungen<br />
erleben Eltern als sehr hilfreich und entlastend,<br />
und setzen den Kontakt oft nach Abschluss des<br />
Programmes in privatem Rahmen fort. Das Konzept<br />
des MEP kombiniert Eltern-Gruppenstunden mit individueller<br />
Einzelberatung. So lernen Eltern in einer<br />
kleinen Gruppe von vier bis sechs Familien kommunikative<br />
Verhaltensweisen kennen, die ihrem Kind in<br />
trocken hinter den Ohren! |Du sitzt wohl auf deinen Ohren! | Er hat es faustdick hinter den Ohren | Er hat mir das Fell über die... Ohren gezogen |<br />
8 |<strong>CIV</strong> <strong>NRW</strong> News | Ausgabe 2/2013