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Heft 4/2002 - Pro Tier

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«Julina will nicht ohne Jenny arbeiten<br />

und ist daher sehr aggressiv.»<br />

Gastspieles des Zirkus Barelli im<br />

deutschen Esslingen (Zell), in dem<br />

er den schlechten Gesundheitszustand<br />

von Jenny festhält: «… machte<br />

einen sehr geschwächten und<br />

instabilen Eindruck, bewegte sich<br />

kaum. Stark angeschwollener Unterkiefer,<br />

der während der <strong>Tier</strong>schau<br />

massiv gekühlt wurde. Zudem<br />

eine starke Verletzung (Risswunde<br />

etwa 10 cm) an der linken<br />

Schläfe …». Fragende Besucher<br />

erhielten von einer Dresseurin die<br />

Antwort, Zahnwechsel hätten zur<br />

Schwellung und Vereiterung geführt.<br />

Jenny werde bereits ärztlich<br />

betreut, sie habe Spritzen von einem<br />

Zootierarzt aus Stuttgart erhalten.<br />

Etwas anders hörte sich die<br />

Version eines weiteren Zirkusmitarbeiters<br />

an: Jenny werde eines Kreislaufkollapses<br />

wegen behandelt.<br />

Während einer Vorstellung habe sie<br />

sich dreimal gedreht und sei dann<br />

einfach zusammengebrochen und<br />

liegen geblieben. Jenny sei sehr<br />

Fotos: Frank Albrecht<br />

Unwürdiges Leben:<br />

Mit Fussketten gefesselt<br />

krank und habe aufgrund eines Geschlechtstumors<br />

öfter solche Kreislaufschwächen.<br />

Sie werde nun von<br />

einem <strong>Tier</strong>arzt aus Berlin mittels<br />

Akupunktur behandelt, was zu besagter<br />

Anschwellung und Endzündung<br />

geführt habe. Laut <strong>Tier</strong>arzt sei<br />

dies aber normal.<br />

Langeweile<br />

und Hilflosigkeit<br />

Ausser «Baby» durfte in Esslingen<br />

keiner der Elefanten auftreten. Julina,<br />

Sharon und Lubni waren den<br />

ganzen Tag angekettet – bis auf eine<br />

5-Minuten-Dusche. Sie hatten keine<br />

zusätzliche Bewegung (Auslauf/<br />

Paddock), wie es die neue deutsche<br />

Zirkusleitlinie verlangt. Sharon und<br />

Julina waren jeweils an drei Beinen<br />

angekettet, teils ohne die geforderten<br />

Schutzpolster. Auch hierfür<br />

zwei verschiedene Begründungen:<br />

Julina und Sharon hätten die<br />

Schwächung von Jenny erkannt<br />

und seien ihr gegenüber sehr aggressiv<br />

(Rangkämpfe). Daher hätten<br />

sie auch keinen Zugang in den Aussenauslauf,<br />

das Gefahrenpotenzial<br />

sei zu hoch. Aggressiv? Zum Zeitpunkt<br />

des Besuchs von Frank Albrecht<br />

waren Julina und Sharon<br />

Jenny gegenüber sehr fürsorglich.<br />

Sie tasteten immer wieder behutsam<br />

ihren Unterkiefer ab. Es machte<br />

eher den Eindruck, sie seien hilflos<br />

und besorgt. Vielleicht wollten<br />

sie Jenny durch ihr Verhalten einfach<br />

nur beschützen. Das passt<br />

auch besser zur zweiten Version:<br />

In Ketten<br />

tot zusammengesackt<br />

Die leidende Jenny wurde in ihrem<br />

extrem schlechten Krankheitszustand<br />

noch mindestens einen Monat<br />

von Ort zu Ort gekarrt. Anstatt<br />

ihr Ruhe zu gönnen, um wieder gesund<br />

zu werden, wurde sie weiterhin<br />

dem Transportstress ausgesetzt.<br />

Obwohl dies nicht zulässig ist:<br />

«Es ist verboten, kranke oder verletzte<br />

<strong>Tier</strong>e zu befördern oder befördern<br />

zu lassen …» (deutsche Verordnung<br />

zum Schutz von <strong>Tier</strong>en<br />

beim Transport/1999). Am 10. September<br />

<strong>2002</strong> hatte Jenny keinen<br />

Lebenswillen mehr: Sie brach zusammen<br />

und starb. Zu sehr hatten<br />

die Schmerzen, verursacht durch<br />

die wochenlange Entzündung ihres<br />

Unterkiefers, an den Kräften der<br />

etwa 30-jährigen Elefantin gezehrt.<br />

Schluss mit dem Zirkus<br />

um Wildtiere<br />

Die beiden Beispiele sind leider keine<br />

Einzelfälle. Deutlich zeigen sie<br />

einmal mehr die Absurdität, Wildtiere<br />

für Unterhaltungszwecke zu<br />

halten. Darum fordert die Schweizerische<br />

Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz/<br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> die rasche Abschaffung der<br />

Wildtierhaltung in Zirkussen. Denn<br />

unter solchen Umständen können<br />

Wildtiere keinesfalls artgerecht gehalten<br />

werden. Die viel zu engen<br />

Platzverhältnisse und der dauernde<br />

Umzug von einer Stadt zur anderen<br />

bedeuten Dauerstress. Und das Lernenmüssen<br />

von Kunststücken ist<br />

schlicht eine Demütigung der Kreatur.<br />

<strong>Tier</strong>freunde sollten dieses Leid<br />

nicht unterstützen – und alle Zirkusvorstellungen<br />

mit Wildtieren boykottieren.<br />

■<br />

Weitere Informationen zur <strong>Pro</strong>blematik<br />

der Elefantenhaltung in<br />

Zoos und Zirkussen finden Sie<br />

unter http://www.elefanten-schutzeuropa.de/index.htm<br />

8 <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/02

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