Welt Auge - Volker Steinbacher
Welt Auge - Volker Steinbacher
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Rußland<br />
Moskau<br />
Ein Mosaikstein in der Geschichte der Kunst<br />
oder ein Meilenstein zwischen Krieg und<br />
Frieden<br />
Auf die monumentale Skulptur des Industriearbeiters<br />
und der Kolchosebäuerin von<br />
Vera Muchina, bin ich zum ersten Mal im<br />
Rahmen einer Ausstellung (Art and Power)<br />
im November 1995 in London aufmerksam<br />
geworden. Sofort faszinierte mich die Symbolkraft<br />
dieser Skulptur, obwohl nur auf Bildern<br />
und Skizzen zu sehen, sowie die Diskussion,<br />
die diese im Rahmen der <strong>Welt</strong>ausstellung<br />
1937 in Paris ausgelöst hat. Unweit<br />
vom Eiffelturm auf dem Gelände der <strong>Welt</strong>ausstellung<br />
standen sich die beiden damaligen<br />
Machtzentren Sowjetunion – mit<br />
Muchinas Skulptur - und Hitlers Deutschland<br />
– mit einem starren Adler – gegenüber. Im<br />
spanischen Pavillon (mit sowjetischer Unterstützung<br />
gebaut) wurde Picassos „Guernica“<br />
gezeigt, das zeitgeschichtliche Symbol<br />
gegen den Kriegsterror.<br />
Die heilige, baskische Stadt Guernica wurde<br />
im April 1937 unter deutschem Oberbefehl<br />
völlig zerstört.<br />
Ein Jahr später besuchte ich zum ersten Mal<br />
Moskau. Neben all den attraktiven Sehenswürdigkeiten,<br />
die die Stadt ansonsten zu<br />
bieten hat, wollte ich die Skulptur von Wera<br />
Muchina als allererstes nun endlich auch im<br />
Original sehen. Sie steht heute direkt vor<br />
dem Allrussischen Ausstellungszentrum,<br />
integriert in den Moskauer Alltag. Ich war<br />
von der Symbolik, der Kraft und Dynamik<br />
sowie der Größe dieser Skulptur überwältigt.<br />
Aber nicht nur die Skulptur überwältigte<br />
mich, sondern das gesamte Gelände, das<br />
1939 zur Landwirtschaftsausstellung gegründet und 20 Jahre später auf Veranlassung von Nikita<br />
Chruschtschow in einen riesigen Park umgestaltet wurde, der die nationalen Errungenschaften in<br />
Wirtschaft, Wissenschaft und Technik zeigte. Nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion 1991<br />
wurden die Pavillons privatisiert. Das Gelände ist heute immer noch beliebtes Ausflugsziel der<br />
Moskowiter (jung und alt), aber auch der farbenprächtig gekleideten Menschen der ehemaligen<br />
Sowjetrepubliken.<br />
Jedes Mal, wenn ich in Moskau bin verbringe ich möglichst einen ganzen Tag mit dem Betrachten der<br />
Skulptur Muchinas und dem Treiben der Menschen auf dem Gelände.<br />
Der Stein wurde mit Hilfe meines Moskauer Fahrers Andrej direkt auf den Sockel unterhalb der Skulptur<br />
geworfen. Der Sockel wird derzeit restauriert. Meine Hoffnung ist, dass das „<strong>Auge</strong>“ als Sockelstück<br />
mit einbetoniert wird.<br />
siehe Paris, siehe Gernika-Lumo, siehe Madrid<br />
Zafer Toker, Frankfurt/Main und Andrej Evstratov, Moskau<br />
2003