Welt Auge - Volker Steinbacher
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Vereinigte Staaten von Amerika<br />
New York City<br />
Mein Stein blickt zwischen den Beinen von George<br />
Washington, respektive seinem Standbild an der Federal<br />
Hall (wo der erste Präsident seinerzeit – also 1789 -<br />
vereidigt wurde) hindurch direkt auf die New York Stock<br />
Exchance – im internationalen Finanz-Jetset auch flott<br />
NYSE genannt. Hier strömen sie die „Masters of the<br />
Universe“, wie Tom Wolfe in seinem New-York-Roman<br />
„Fegefeuer der Eitelkeiten“ der Egomanie des Wallstreet-<br />
Personals huldigte. Immerhin werden hier im Epizentrum<br />
des Shareholder-Value täglich rund 1,5 Milliarden Aktien<br />
im Wert von mehr als 46 Milliarden Dollar bewegt. Ein<br />
kleiner Beitrag zu den rund 7,4 Millionen Dollar pro Stunde<br />
und ca. 177 Millionen Dollar pro Tag, die der Militäreinsatz<br />
im Irak die USA kostet. Bedeutende Aufgaben<br />
werden hier also erfüllt, was man den eher unauffälligen<br />
Herren hier allerdings kaum ansieht. So verhuscht wie sie<br />
vorbeieilen, fast schon auffallend in ihrem Bemühen, unauffällig<br />
zu sein. Vielleicht liegt es an<br />
den wenig heimeligen Beton-Barrieren<br />
auf der Straße, den Männern mit den<br />
schusssicheren Westen und Helmen,<br />
ausgestattet mit Maschinengewehren,<br />
die in der Wallstreet wie sonst nirgends<br />
in New York Bushs Vorstellungen von<br />
Terrorschutz zelebrieren und nach Kräften<br />
den Eindruck erwecken, dass Geld<br />
zu „machen“ mindestens so gefährlich<br />
zu sein scheint wie gar keines zu besitzen.<br />
Mitleid braucht man trotzdem nicht<br />
haben. Ausgenommen mit George<br />
Washington. Wenn der Stein mal kurz<br />
nach oben blicken könnte, dann sähe er<br />
nämlich – nichts – jedenfalls nichts von<br />
dem, worum es in der Bush-Regierung<br />
doch angeblich ständig geht: Der ganzen<br />
<strong>Welt</strong> seine Eier zu zeigen. Möglichst<br />
hardboiled. Ob man die nun sehen<br />
will oder nicht. Also:<br />
Keine primären amerikanischen<br />
Geschlechtsmerkmale in der Wallstreet.<br />
Ausgenommen die vielen Flaggen, die<br />
hier an der Börse im Wind wehen. Was<br />
hier möglicherweise auf dasselbe heraus<br />
kommt.<br />
Constanze Kleis, Frankfurt/Main<br />
2004