Hanno Richter - Boku
Hanno Richter - Boku
Hanno Richter - Boku
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ze mit engerem Lumen. Die Schwellen in verschiedenen Pflanzenarten werden aber von<br />
genetisch fixierten Details des Zellwandbaues abhängen, so dass auch englumige Ele-<br />
mente, etwa Tracheiden, schon bei verhältnismäßig geringen Spannungen in der Was-<br />
sersäule kavitieren können. Die Schwellenwerte sind standortsabhängig und haben sich<br />
offenbar unter evolutionärem Druck entwickelt.<br />
Es sind bei der Diskussion über die Bedeutung von Embolien noch sehr viele<br />
interessante Probleme offen, und es werden ständig mehr. So wissen wir nicht, welcher<br />
Prozentsatz an Gefäßen während eines natürlichen Austrocknungszyklus am Standort<br />
durch Embolien ausfällt, und vor allem nicht, wie einmal trockengefallene Gefäße wieder<br />
befüllt werden können. Wir haben nämlich ebenso wie Sebastiano SALLEO und seine<br />
Mitarbeiter Ergebnisse, die ganz eindeutig zeigen, dass die Leitfähigkeit durch eine<br />
Druckluftbehandlung sinkt, dass aber danach, wenn die behandelten Zweige am Baum<br />
bleiben, über kürzere oder längere Zeit der Wasserdurchsatz wieder steigt. Auch der<br />
Wassergehalt des Holzes nimmt wieder zu. Besonders rasch scheint dieser Reparatur-<br />
oder Wiederbefüllungsmechanismus bei Nadelhölzern zu funktionieren; wir haben aber<br />
auch an einer Liane, Tetrastigma voinierianum (Vitaceae) im Glashaus ähnliche Beo-<br />
bachtungen gemacht. Eine ganz besonders elegante Untersuchung zu diesem Thema<br />
haben Zwieniecki und Holbrook Ende 1998 publiziert: Sie führten an Fraxinus america-<br />
na, Acer rubrum und Picea rubens vergleichende Messungen des Embolie-Grades am<br />
Nachmittag und am folgenden Morgen durch. Während der Nacht sinkt der prozentuelle<br />
Leitfähigkeits-Verlust in den beiden Laubbäumen von 45 - 70% auf 10 - 40% ab; in der<br />
Fichte waren diese Unterschiede weniger ausgeprägt. Parallel dazu wurden Doppelfär-<br />
bungen mit zwei Farbstoffen in situ durchgeführt: Am Morgen wurde ein roter, am Abend<br />
ein blauer Farbstoff angeboten. Viele Gefäße zeigten eine Mischfarbe (sie führten also<br />
am Nachmittag und am Morgen Wasser), daneben blieben andere stets ungefärbt. Ein<br />
Teil wurde aber nur von dem am Morgen gebotenen Farbstoff gefärbt, nicht vom am<br />
Nachmittag vorher gebotenen; sie waren offenbar über Nacht wieder befüllt worden.<br />
Es gibt also die Wiederbefüllung embolierter Leitelemente. Freilich fehlt noch ein<br />
Mechanismus: Die Tracheen und Tracheiden, die Wasserdampf oder Luft unter einem<br />
positiven Druck enthalten, nehmen Wasser auf, das in den noch gefüllten Leitelementen<br />
unter Spannung, also einem negativen Druck steht. Wie ist das möglich? Rein physikali-<br />
32