Hanno Richter - Boku
Hanno Richter - Boku
Hanno Richter - Boku
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
durch diese Spaltöffnungen nicht mehr als höchstens 2% derjenigen einer Wasserfläche<br />
von der Größe der Balttfläche betragen kann. Diese logische Annahme ist leider grund-<br />
falsch: Durch ihr winziges Porenareal können die Blätter bis zu 70% der Wassermenge<br />
abgeben, die eine gleich große freie Wasserfläche an die Umgebungsluft verliert!<br />
Der Grund dafür liegt nicht in irgendwelchen geheimnisvollen Lebenskräften der<br />
Pflanzen, er ist rein physikalisch. Schon im 19. Jahrhundert wurde durch Josef<br />
STEFAN, den Lehrer Ludwig BOLTZMANNs, festgestellt, dass viele kleine, relativ weit<br />
voneinander entfernte Poren bei gleicher Gesamtfläche weit mehr Wasser durchtreten<br />
lassen als eine geschlossene Fläche. Den Wassermolekülen, die aus einer isolierten<br />
Spalte oder Pore austreten, steht eine Halbkugel um die Pore für die Diffusion zur Ver-<br />
fügung, da in allen Richtungen ein Konzentrationsgefälle herrscht. Denen, die aus einem<br />
gleich großen Areal der freien Wasserfläche austreten, tut sich hingegen nur eine Röhre<br />
senkrecht über der Oberfläche auf. In der Querrichtung herrscht ja kein Konzentrations-<br />
unterschied: Hier schwirren in gleicher Dichte jene Wassermoleküle herum, die aus den<br />
Nachbarbezirken der Oberfläche ausgetreten sind. Es scheint, dass auch die Evolution<br />
des Blattbaus von diesem Effekt beeinflusst wurde. In der Regel liegen nämlich die<br />
Spaltöffnungen mindestens um den zehnfachen Durchmesser der ganz geöffneten Spal-<br />
te voneinander entfernt. Daher überlappen sich ihre Dampfhauben nicht.<br />
Sie werden jetzt vielleicht befremdet fragen, worin denn eigentlich der Vorteil<br />
einer Pflanze liegen soll, die auf diese Weise ihre Wasserabgabe maximiert; meist ist ja<br />
die Einschränkung der Wasserabgabe erwünscht und sinnvoll. Für die CO2-Aufnahme,<br />
die eigentlich erstrebte Konsequenz der Stomataregulation, gilt aber spiegelbildlich das<br />
Gleiche: Die einzelne Spaltöffnung, deren Betrieb ja Energie verbraucht, kann durch ihre<br />
isolierte Lage mehr CO2 "einfangen", als das dichte Gruppen von Poren könnten.<br />
Wir haben den Stomatawiderstand als "regelbar" bezeichnet; die Mechanismen<br />
der Öffnung sind Ihnen wahrscheinlich bekannt. Wir haben sozusagen einen Motor, der<br />
in Änderungen des Turgors besteht. Kaliumionen werden durch aktiven Transport in die<br />
Schließzellen gepumpt oder aus ihnen in die Nebenzellen befördert. Und dann brauchen<br />
wir Schalter, die den Motor anwerfen und in die eine oder die andere Richting laufen<br />
lassen. Diese Schalter sind an zwei "Regelkreise" gekoppelt:<br />
1) Der CO2-Regelkreis spricht auf die Konzentration des Kohlendioxids in den Interzellu-<br />
46